Luke Skywalker verfällt tatsächlich der dunklen Seite. Nach dem letzten Trailer von «Star Wars 8» gehört dies zu den populärsten Theorien im Fanuniversum. Es ist nur eines von vielen möglichen Szenarien, dessen Legitimität mit den 152 Minuten des neuen «Star Wars»-Films steht oder fällt.
Zuallererst ist «Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi», wie der Film ganz genau heisst, aber vor allem eine visuelle Wucht. Und das liegt nicht daran, dass Regisseur Rian Johnson die praktisch unendlichen Ressourcen von Disney für besonders ausgeklügelte Computereffekte nutzte, sondern an seiner oft stilisierten Bildsprache. «Star Wars 8» ist wie ein dickes Fotoalbum, in welches der Besitzer nur die allerschönsten Fotos eingeklebt und diese dann noch liebevoll verziert hat.
Einige Szenen gehören schon jetzt zum Besten, was die «Star Wars»-Welt visuell hervorgebracht hat. Dies geht so weit, dass es am Schluss eine ganze Sequenz gibt, die wie ein Gemälde eines Renaissance-Künstlers wirkt. Symbolismus ist da natürlich vorprogrammiert. Nach dem Ende dieser zweieinhalb Stunden «Star Wars» muss man erst einmal die gewaltige Bilderwelt verarbeiten, die da auf einen eingewirkt hat, bevor man sich daran machen kann, die eigentliche Story zu analysieren.
Bereits im Vorfeld hatte Rian Johnson angekündigt, dass wir in Episode 8 mehr in die Gefühlswelt von Kylo Ren eintauchen werden. Dieses Versprechen hat der Regisseur vollumfänglich erfüllt. Der innerlich zerrissene Charakter, der sich durch den Mord an seinem eigenen Vater zu beweisen versucht, dass er der dunklen Seite würdig ist, erhält sehr viel Raum. Johnson beschäftigt sich ausführlich mit Kylo Ren, versucht Schicht um Schicht abzuschälen, um darunter Ben Solo zum Vorschein zu bringen, den Jungen, der sich gegen seinen Meister Luke Skywalker wandte.
Johnson erreicht das auch durch einen sehr simplen Schritt. Indem er dem dunklen Schüler seine Maske nimmt, kommt er visuell automatisch weg vom idealisierten Kylo Ren und erlaubt Adam Driver so, seinen Charakter mit mehr Mimik zu nuancieren. Wer Kylo in Episode VII als nervende Diva empfand, wird hier sicher nicht glücklich werden.
Der sehnlichst erwartete Höhepunkt des Films ist aber natürlich das Aufeinandertreffen von Rey und Luke und damit das Wiedersehen mit einem geliebten Charakter. Dieses Zusammentreffen macht einen grossen Teil im Film aus und erfüllt nur einen Zweck: die legendäre Figur des Luke Skywalker zu demontieren. Der alte Luke hat weder etwas mit seinem jüngeren Ich noch mit Ben Kenobi aus «Eine neue Hoffnung» gemein.
Als Rey ihn im Angesicht des drohenden Untergangs der Rebellion um Hilfe bittet, lehnt dieser schlicht ab. Der alte Luke ist verbittert, von Schuld zerfressen und hat Angst davor, was sein könnte. Diese Gefühlswelt wird von Mark Hamill grandios dargestellt. In jeder Minute nimmt man dem Mimen seine Rolle ab. Schauspielerisch ist Hamill damit wahrlich der Höhepunkt des Films.
Im Schatten von Hamill tummelt sich das gewohnt routinierte Cast-Ensemble mit Carrie Fisher und Oscar Isaac an dessen Spitze. Beide erhalten dieses Mal wesentlich mehr Präsenzzeit. Vor allem Isaacs Rolle als X-Wing-Pilot Poe wird umgebaut, denn einen hitzköpfigen Piloten kann niemand als Anführer gebrauchen.
Enttäuscht von Episode 8 dürften sicher Anhänger von Chewbacca sein. Der zottelige Kumpel von Han Solo dient eigentlich nur noch als spassiger Lückenfüller, der für die Geschichte nicht mehr wirklich relevant ist. Seine Rolle hätte jeder x-beliebige Charakter übernehmen können. Dafür führt man mit Rose Tico einen neuen Charakter ein, der sicher vielen ans Herz wachsen dürfte.
In seiner Gesamtheit ist «Die letzten Jedi» ein guter Film, bei dem man merkt, dass der Regisseur genauso ein «Star Wars»-Liebhaber ist wie die Fans. Viele kleine Details wie zum Beispiel neue Kreaturen, die allesamt mit Puppen animiert wurden, unterstreichen das.
Vor allem ist «Die letzten Jedi» aber auch ein Film, der mit seinen Vorgängern abschliesst. Während «Das Erwachen der Macht» noch zurückblickte und mit Nostalgie punktete, schüttelt Episode 8 diese ab. «Star Wars» ist tot, lang lebe «Star Wars», möchte man fast sagen. Das Parkett gehört nun definitiv der neuen Generation. «Lass die Vergangenheit sterben», fordert Kylo Ren in einer Szene. «Töte sie, wenn es sein muss. Die Rebellion, die Jedi, die Sith, einfach alles.» Deutlicher geht es wohl kaum.
Schweizer Kinostart: 14. Dezember 2017
Laufzeit: 152 Minuten