Die Welt gerät zunehmend aus den Fugen. Die Flüchtlingsströme und Terrorakte der Islamisten zeugen von einer kapitalen politischen und wirtschaftlichen Krise – Ausgang mehr als ungewiss.
Einzig christliche Fundamentalisten katholischer und freikirchlicher Bewegungen verspüren ein apokalyptisches Fieber. Für sie brennt die Welt so schön, wie es die Bibel für die Endzeit vorausgesagt hat. Sie sehnen sich danach, dass der Planet wegen der Ungläubigen bald in Schutt und Asche zerfällt und sie erlöst werden.
Was treibt christliche Fundamentalisten und Verschwörungstheoretiker an, die Apokalypse herbeizusehnen?
Fromme Christen hoffen, in der Gnadenzeit zu leben, in der sich die biblischen Prophezeiungen erfüllen. Sie nehmen Signale wahr, wie sie die Bibel für die Endzeit vorhersagt. Und sie erhoffen sich die Wiederkunft von Jesus.
Nichts im Leben ist so sicher wie das Ende der Zeit. Für uns Menschen wie auch für die Erde, die in vier Milliarden Jahren abdankt. Die individuelle Apokalypse beginnt mit der Geburt.
Das Bewusstsein von der Endlichkeit begleitet uns wie ein Schatten. Dramatische Bilder lösen Ängste aus und faszinieren uns gleichzeitig. Lebend in den Abgrund zu schauen, bewirkt ein wohliges Gruseln.
Wir fühlen uns selten so lebendig, wie wenn wir mit dem Grauen konfrontiert sind. Vor allem, wenn wir selbst verschont bleiben. Was uns abstösst, zieht uns magisch an.
In der Johannes-Offenbarung lässt der zürnende Gott apokalyptische Reiter auftreten, die sich als Rächer gebärden. Einer wird ermächtigt, der Erde den Frieden zu nehmen, damit die Menschen sich gegenseitig abschlachten.
Einem weiteren göttlichen Reiter, der den Tod symbolisiert und der die Hölle hinter sich herzieht, wird die Macht gegeben, über ein Viertel der Erde zu zerstören. Seuchen grassieren, das Meer brennt, Katastrophen peinigen die Menschen. Diese möchten sterben, doch der Tod flieht von ihnen.
Kurz: Sie können den Qualen nicht entkommen. Die Homepage der erzkatholischen Bewegung kath-zwd.ch, die sich auch «Zeugen der Wahrheit» nennt, fragt, ob wir die Generation sind, die Zeugen der Apokalypse werden.
Wörtlich:
Für die Bibelforscher sind die apokalyptischen Horrorszenarien eine Reaktion auf die Christenverfolgung durch die Römer. Die Urchristen ersehnten sich die Rache Gottes und ihre Erlösung herbei.
Der Widerspruch ist eklatant, das Desaster perfekt. Einerseits ist da der barmherzige Gott, von den Gläubigen als «lieben Vater» bezeichnet, der uns Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Anderseits der furiose Despot, der die Abergläubigen und Abtrünnigen mit unvorstellbaren Qualen bestraft.
Hat Gott zwei Gesichter, ist er schizophren? Kennt er die grundlegenden moralischen und ethischen Werte nicht, die er selbst postuliert hat, nämlich: Liebet eure Feinde?
Ausserdem: Gott hätte doch voraussehen können, dass die Bibel für spätere, gebildete Generationen voller Widersprüche und unglaubwürdig ist. Warum hat er die nicht antizipieren können?
Es gibt eigentlich nur eine plausible Antwort: Die Bibel ist ein religionshistorisches Buch, das die Ängste und Sehnsüchte ihrer unzähligen Autoren wiedergibt. Also eine Schrift, die vor 2000 und mehr Jahren von Menschen geschrieben wurde. Sie handelt zwar von Gott, doch er hat nichts mit ihr zu tun.