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Nichts ist so sicher im Leben wie der Tod. Viele Menschen bugsierten ihn fast das ganze Leben lang erfolgreich aus dem Bewusstsein, doch der Tod ist zäher als alle Verdrängungskünste von uns Menschen. Er holt uns irgendwann ein, ausnahmslos alle.

Vielleicht ist die plausibelste Antwort ganz einfach: Vielleicht müssen wir Menschen schlicht unsere Funktion als winzig kleiner Teil der Natur erfüllen.Bild: Shutterstock
Das erlebten schon unsere Ahnen in grauer Vorzeit, als ihre Grosseltern das Zeitliche segneten und nie mehr zurückkamen. Da der menschliche Geist erfinderisch ist, suchte er schon früh einen Ausweg. Es musste doch für dieses existenzielle Problem eine Lösung geben.
Das Zauberwort hiess Religion, die Lösung bekam den bedeutungsschwangeren Namen «Gott». Dieser musste für alles herhalten, was die Menschen nicht erklären konnten. Nicht nur für das Ende, sondern schon für den Anfang. Und für alle unerklärbaren Phänomene.
Die Genesis beschrieb bereits im Alten Testament den Ursprung des Lebens. Der allmächtige Gott schuf demnach die Erde und alles, was dazugehörte. Licht, Land, Wasser, Pflanzen und am sechsten Tag Landtiere und Menschen. Am siebten Tag musste sich der erschöpfte Gott verständlicherweise von den Strapazen erholen.
Gratis gibt es Hoffnung und Trost nicht
Damals waren die Propheten und Geistlichen die vermeintlich kompetenten Autoritäten, die den verunsicherten Leuten die Welt erklärten. Den grössten Coup landeten sie, als sie ihnen eine elegante Lösung für das Unvermeidliche boten: ein wunderschönes Leben nach dem Tod im Paradies, frei von Leid und Ängsten. Gratis waren aber Hoffnung und Trost nicht zu haben. Das ewige Leben gab es nur für jene, die an den richtigen Gott glaubten und fleissig zu ihm beteten. Und natürlich den geforderten Obolus entrichteten.
Jahrhunderte später bekamen aber die Welterklärer und Gott-Versteher unliebsame Konkurrenz. Philosophen und vor allem Naturwissenschaftler gewannen Erkenntnisse, die nicht so recht mit den religiösen Erklärungen in Einklang gebracht werden konnten. Es taten sich sogar existenzielle Widersprüche auf.
Wer glaubt, dass der Sinn im Übersinnlichen liegt, verpasst die Chance, ihn dort zu suchen, wo er am ehesten zu finden ist: in uns und in der Existenz an sich.
Das Ende, das keines war
Womit wir wieder bei der Genesis angelangt wären. Als Darwin und andere Naturwissenschaftler die Evolutionstheorie entwickelten und mit unzähligen Beispielen glaubhaft untermauerten, begann die Überzeugung, Gott habe den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen, arg zu bröckeln. Denn nun wurde klar, dass wir uns aus dem genetischen Material der Primaten entwickelt haben.
Diese Erkenntnis hätte eigentlich das Ende der christlichen Religionen sein müssen. Da sich diese aber zu einem weltlichen Machtfaktor entwickelt hatten, waren die Geistlichen nicht bereit, ihre Privilegien abzugeben und Asche auf ihr Haupt zu streuen. Sie verteufelten die Evolutionstheorie auf ähnliche Weise, wie sie die Erkenntnis leugneten, die Erde sei eine Kugel und kreise um die Sonne. Oder sie sei höchstens 10‘000 Jahre alt.
Die Genesis gaukelt uns nicht nur bezüglich der Entstehung der Menschen – Adam aus Lehm und Eva aus seiner Rippe – etwas vor, auch bezüglich des Todes gerät die These ins Wanken. Wenn unser Ursprung im Tierreich zu suchen ist, müssten auch die Elefanten, Giraffen, Schimpansen und letztlich alle Lebewesen eine Seele haben und bei göttlichem Wohlgefallen ins Paradies eingehen. Doch davon steht nicht einmal im Neuen Testament etwas.
Es ist das grosse Gehirn – mehr nicht
Kann es also sein, dass wir, die Krone der Schöpfung, im Nichts verschwinden? Ja, kann es. Vergessen wir nicht, dass wir uns von den Primaten fast nur dadurch unterscheiden, dass unser Hirn einen gigantischen Entwicklungsschub gemacht und uns ungeahnte Fähigkeiten beschert hat. Diese erlaubten uns, über den Sinn des Lebens nachzudenken und uns des Todes bewusst zu werden.
Diese Errungenschaften zeichnen uns zwar aus, doch sie generierten neue Probleme. Zum Beispiel: Wir wollen nicht sterben, den Tod nicht akzeptieren. Nach dem irdischen Ende soll der Zyklus wieder von vorn beginnen. Egal, wie und wo. Es kann doch nicht sein, dass auf einen Schlag alles vorbei ist. Das ergibt doch gar keinen Sinn. Wozu soll dann das irdische Leben gut sein, wenn am Ende alles vergeht?
Ist am Ende alles ohne Sinn?
Ja, was ist der Sinn des Lebens, wenn nach dem Tod alles vorbei sein soll?
Vielleicht ist die plausibelste Antwort ganz einfach. Vielleicht müssen wir Menschen schlicht unsere Funktion als winzig kleiner Teil der Natur erfüllen. Vielleicht ist einfach das Leben an sich der Sinn. Vielleicht gibt es keinen übersinnlichen Sinn, kein Leben danach.
Wer glaubt, dass der Sinn im Übersinnlichen liegt, verpasst die Chance, ihn dort zu suchen, wo er am ehesten zu finden ist: in uns und in der Existenz an sich.
Diese Variante scheint mir plausibler als der Glaube an ein Leben nach dem Tod. Dieses spendet zwar Hoffnung und Trost, doch bei der Frage aller Fragen mit einer Lebenslüge zu leben, ist eine schlechte Option. Sie schränkt unser Bewusstsein erheblich ein.
Vielleicht sind wir nur ein kleiner Teil der Natur, die streng nach dem ewig gleichen Prinzip funktioniert: Gezeugt und geboren werden, kurzes Intermezzo auf dem blauen Planeten, Weitergabe des Lebens, Alterungsprozess und unwiderruflicher Abgang. Halt bloss ein Staubkorn in den unendlichen Weiten des Kosmos. Zweifellos eine Kränkung, doch die Natur richtet sich nicht nach unseren Wünschen.

Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig:
Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem
Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.
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