Der wöchentliche Aufschrei hier im Blog ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Bloggerinnen und Blogger, für die Spiritualität und Religiosität ein zentraler Lebensinhalt sind, ärgern sich oft über meine Impulstexte.
Das kann ich verstehen. Sie fühlen sich betroffen und missverstanden. Ich kann allerdings schlecht nachvollziehen, wenn manche behaupten, ich würde ihre religiösen Gefühle verletzen. Denn ich zeige lediglich Ungereimtheiten, Widersprüche und missbräuchliche Praktiken der Sekten und Glaubensgemeinschaften auf.
Ausserdem kritisiere nie eine gläubige Person wegen ihres Glaubens, sondern höchstens religiöse Führer, die radikale bis fundamentalistische Dogmen vertreten, ihre Position missbrauchen oder mit raffinierten Indoktrinationsmethoden ihre Anhänger abhängig machen. Es geht mir also um die Aufklärung von Missständen aller Art.
Was jemand glaubt und denkt, ist mir egal. Es sei denn, die Person setzt ihren Glauben ein, um andere auf versteckte oder unredliche Art zu missionieren.
Meine Kritiker monieren weiter, dass ich nur die negativen Aspekte von Sekten und radikalen Glaubensgemeinschaften thematisiere und die positiven weglasse.
Nur: Von religiösen Gruppen und Bewegungen, die sich als Hüter von Moral und Ethik ausgeben, darf man erwarten, dass sie grundsätzlich seriös sind, ihre Anhänger mit Respekt und Würde behandeln und ihnen individuelle Freiheiten selbstverständlich zugestehen.
Doch dies ist nur allzu oft nicht der Fall, nicht einmal bei der katholischen Kirche. Deshalb ist mein journalistischer Fokus auf den missbräuchlichen Aspekten. Vom Selbstverständlichen kann man ausgehen und es muss nicht speziell erwähnt werden.
Würde ich auch die positiven Seiten hervorheben, würde ich quasi Werbung für problematische Gemeinschaften machen. Ich habe nämlich mehrfach erlebt, dass mich Sekten benutzten, um ihr Image aufzupolieren. Ihr Trick: Sie rissen ein Zitat von mir aus dem Zusammenhang, um sich reinzuwachsen.
Sie schrieben beispielsweise, sogar der Sektenjäger Hugo Stamm habe sie lobend erwähnt oder ihnen einen Persilschein ausgestellt. Konkret erklärte eine Glaubensgemeinschaft, ich habe bestätigt, dass es sich bei ihr nicht um eine Sekte handle.
Den Rest meiner Aussagen verschwieg sie vornehm. Der lautete nämlich, die Gemeinschaft sei zwar keine Sekte im klassischen Sinn, weise aber deutliche Sektenmerkmale auf.
Eine Zwischenbemerkung: Der Vorwurf, ich sei ein Sektenjäger, trifft nicht zu. Ich habe nie eine Aktion gegen Sekten lanciert, sondern ausschliesslich mit journalistischen Mitteln Aufklärung betrieben.
Kommt hinzu, dass ein Blog die persönliche Meinung und Haltung des Autors wiedergibt. Wie bei einem Kommentar, einem Meinungsartikel oder einem Essay. Ein Impulstext darf provozieren, um die Diskussion anzuregen. Die vielen Kommentare bei meinem Blog zeigen, dass dies gelingt.
Wichtig dabei: Die verärgerten Gläubigen können mit Gegenargumenten und ergänzenden Informationen einen Ausgleich schaffen. Somit sind Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit gewährleistet.
Es gibt einen weiteren Grund, weshalb ich keine Bedenken habe, die positiven Aspekte von Glaubensgemeinschaften auszublenden. Die religiösen Gruppen und Bewegungen haben mit ihren Internetauftritten und ihren Posts in den sozialen Medien eine Reichweite, von der ich mit meinen aufklärerischen Texten nur träumen kann.
Ausserdem nutzen sie sämtliche Möglichkeiten, um in der Öffentlichkeit zu missionieren. Zu berücksichtigen ist auch, dass ich in der Schweiz so ziemlich der einzige Journalist bin, der regelmässig über Sekten und Glaubensgemeinschaften schreibt.
Eine kritische Stimme sollte doch eine pluralistische und aufgeklärte Gesellschaft ertragen, zumal meine Texte im PR-Gewitter der von mir kritisierten Bewegungen und Gruppen förmlich untergehen.
Ausserdem bleiben bei rund 1000 Sekten und problematischen Gemeinschaften aus dem christlichen und esoterischen Umfeld die meisten verschont.
Kommentierende sowie Bloggerinnen und Blogger, denen Spiritualität und Religiosität ein Anliegen sind, sind herzlich eingeladen, sich weiterhin am Diskurs zu beteiligen. Vorausgesetzt, sie bleiben sachlich. Was natürlich für alle gilt.