In diesem Blog diskutieren die Leserinnen und Leser immer wieder die Frage, ob Gläubige die «besseren Menschen» seien als Ungläubige, also Skeptiker oder Atheisten. Für viele ist der Glaube der Hüter von Moral und Ethik. Ohne Religion wäre die Menschheit verrucht, die Erde ein Ort des Grauens, sind Fromme überzeugt.
Skeptiker halten dagegen, dass das Christentum trotz den Zehn Geboten eine Blutspur durch die Geschichte der Menschheit gezogen habe und dass auch heute noch ein beträchtlicher Teil der kriegerischen Auseinandersetzungen einen religiösen Hintergrund oder zumindest eine religiöse Implikation hätten. Wie oft wurden schon heilige Kriege im Namen Gottes geführt. Islamisten tun es heute noch.
Gläubige wiederum erklären, dass Atheisten in der Geschichte mehr Opfer produziert hätten als alle Glaubenskriege zusammen. Sie verweisen auf Mao, Stalin und andere Atheisten. Viele führen auch Hitler an, um zu zeigen, wie gefährlich und gewalttätig der Atheismus sei.
Hinter dieser Arithmetik des Grauens steckt ein grundsätzlicher Denkfehler: Glaubenskriege werden aus religiöser Gesinnung heraus geführt, Atheisten wie Stalin haben aber nie aus einer atheistischen Motivation heraus gemordet oder morden lassen.
Atheistische Diktatoren begingen ihre Gräueltaten immer aus politischen Gründen. Stalin handelte stets im Namen des Marxismus. Da er weder an religiöse Heilskonzepte noch an einen Gott glaubte, wäre es auch absurd gewesen, seine Verbrechen übersinnlich zu legitimieren.
Für Stalin war der Atheismus eine Geisteshaltung, die Legitimation für seine Verbrechen bezog er aber aus seiner ideologischen politischen Verblendung. Politische Motive trieben ihn an, keine weltanschaulichen.
Stalin, Mao und die anderen atheistischen Despoten begingen ihre Pogrome, weil sie krankhaft narzisstische Machtmenschen waren, Allmachtsphanthasien hatten, sich zu Massenmördern entwickelten und sich in der Rolle als Diktatoren gefielen. Es war ihr abgrundböses Wesen, das sie zu menschlichen Monstern machte.
Ausserdem müssen wir bei dieser wenig sinnvollen Aufrechnung der Toten Hitler ausklammern. Wir wissen bis heute nicht, ob er ein gläubiger Christ war oder nicht.
Sicher ist, dass er oft über den Glauben und das Christentum gesprochen hat. Vor seiner Machtergreifung gab er sich als frommer Christ, als Diktator äusserte er sich später oft abfällig über die christlichen Kirchen und ihre Würdenträger. Hitler wurde katholisch erzogen und hat sich nie von der katholischen Kirche losgesagt.
In «Mein Kampf» stellt Hitler die Judenverfolgung als der Wille Gottes dar. Wörtlich schrieb er: «Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.»
Hitler hat sich in seinen öffentlichen Reden nicht explizit gegen die Kirche als Institution gestellt, sondern stets ein gutes Einvernehmen gesucht. Entsprechend schwer tat sich die katholische Kirche, die Ermordung der Juden anzuprangern und ihre unrühmliche Rolle im Dritten Reich aufzuarbeiten.
Während des Zweiten Weltkriegs hat sich dann Hitler abfällig über den christlichen Glauben geäussert. Gleichzeitig war er überzeugt, dass Jesus kein Jude war, sondern ein Arier. Hitler hat zwar nicht aus religiösen Motiven die Juden ermorden lassen und den Zweiten Weltkrieg angezettelt, er hielt aber die christliche Moral und Ethik hoch. Denn er hat Jesus stets als sehr glaubwürdig empfunden.
Und noch etwas: Die Bibel eignet sich schlecht als Regelwerk für Moral und Ethik. Das Alte Testament enthält mehrere Hundert Gewaltszenen und Anweisungen zur Gewalt. Das Neue Testament ist zwar moderater, enthält aber immer noch ein gerütteltes Mass an Aggression.
Selbst die Zehn Gebote müssen hinterfragt werden. Du sollst nicht töten, klingt zwar gut. Gemeint ist aber primär, es dürfen keine Juden getötet werden. Ketzer aber schon, denn diese galten zu biblischen Zeiten nicht als gleichwertig oder schutzwürdig.
Erst die Menschenrechtscharta, die der Vatikan noch immer nicht unterzeichnet hat, verliehen allen Menschen Würde.