Anonymous.Kollektiv: Die bekannte Facebook-Hetzseite ist offline
Flüchtlingshetze, rechtspopulistische Slogans und abenteuerliche Verschwörungstheorien: Auf einer vermeintlichen Anonymous-Seite wurde während Jahren eine Weltsicht verbreitet, die so gar nichts mit den Idealen des Hacker-Kollektivs zu tun hat.
Fast zwei Million Likes und Fans hatte die deutsche Facebook-Seite Anonymous.Kollektiv – Tausende davon aus der Schweiz. Gut möglich, dass ein Grossteil von ihnen gar nicht wusste, dass es sich bei der besagten Seite nicht um eine «normale» Anonymous-Gruppe handelt, sondern um eine von rechtspopulistischen Kreisen vereinnahmte Seite. Damit war Anonymous.Kollektiv eine der grössten Hass-Seiten im Internet, doch nun ist sie nicht mehr abrufbar. Ob Facebook oder die Betreiber selbst dahinter stecken, ist bislang unbekannt.
Werbung für Hartgummi-Munition
Anonymous.Kollektiv behauptete von sich, so etwas wie der deutsche Ableger des Hacker-Kollektivs zu sein, war aber eigentlich nur eine fremdenfeindliche Hetzseite: Die nun gelöschte Facebook-Seite warb etwa für einen Online-Shop, der Pistolen und Gewehre für Hartgummi-Munition verkaufte und zu Gewalt gegen Flüchtlinge aufrief.
Hingegen hat das international agierende Hacker-Kollektiv Anonymous mit Fremdenhass und Pegida gar nichts am Hut: Internet-Aktivisten hatten zuletzt Webseiten des «IS» lahmgelegt. Davor standen Geheimdienste und Scientology auf der Abschussliste der Hacker.
Bild: Getty Images North America
Wichtig zu wissen: Anonymous ist keine geschützte Bezeichnung, jeder kann sich auf Facebook oder Twitter einen entsprechenden Account einrichten, das Anonymous-Logo mit der Guy-Fawkes-Maske platzieren und sich als Teil des heterogenen Pulks geben.
Genau das haben sich die Betreiber der Seite Anonymous.Kollektiv zunutze gemacht. Die Facebook-Seite verbreitete seit mehreren Jahren Informationen aus dem rechtspopulistischen Spektrum – alles unter dem Deckmantel des klingenden Namens. Die Medienpräsenz von Anonymous – etwa nach den Cyberattacken gegen den «IS» – half Anonymous.Kollektiv, eigene Hass-Botschaften zu verbreiteten.
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde die Seite bekannt, als sie Facebook-User im vergangenen Jahr dazu aufrief, die Kommentarspalten von verschiedenen deutschen Medien mit russlandfreundlicher Propaganda zu überschwemmen.
Die deutschen Anonymous-Aktivisten distanzierten sich anschliessend im Netz entschieden von ihrer vermeintlichen Schwester-Seite. Diese habe nichts mit den Zielen und Idealen der Bewegung zu tun und ziehe alles «in den Dreck, wofür Anonymous eigentlich steht: Meinungsfreiheit, keine Zensur, Privatsphäre.»
YouTube/Jb Bj
Wer hinter der angeblichen Anonymous-Seite steht, ist nicht bekannt. Ein Link verwies auf einen Account beim Social-Media-Netzwerk VK (ehemals VK Kontakte) aus Russland.
Andere Quellen lassen vermuten, dass ein ehemaliger Admin seine Mitstreiter rausgeworfen und die Seite dann von einer «echten» Anonymous-Seite in ein Tummelfeld für Flüchtlingshetze, Russlandtrolle und Geschichtsrevisionisten verwandelt hat. Laut Anonymous-Insider soll der Administrator zusätzlich Inhaber eines Unternehmens sein, das Likes gegen Geld verkauft. Dies könnte die fast zwei Millionen Fans der Seite zumindest teilweise erklären.
Die schlechte Nachricht: Kurz nachdem die Facebook-Seite vom Netz ging, tauchte eine neue «Anonymous»-Seite in ähnlicher Aufmachung auf. Die Hetzerei geht also weiter.
Authentische Anonymous-News findet man auf Anonymous News Germany(AnonNewsDE)
Auf Twitter sind zum Beispiel die Profile Group Anon und Ghost Sec Group gute Quellen für Informationen
(oli/wst)