Handys, Staubsauger, Wasch- und Spülmaschinen: Es wird schon lange verlangt, dass die Kundschaft diese und viele andere Geräte reparieren lassen kann, wenn sie es wünscht. Nun hat es hierzu in der Europäischen Union in den letzten Wochen viel Bewegung gegeben.
Wenn sich rundherum die Welt wandelt, kann sich die Schweiz selten hinter ihren Bergen verstecken. Wie die Stiftung für Konsumentenschutz auf Anfrage sagt, hat die Schweiz schon früher neue EU-Regeln für einfachere und günstigere Reparaturen von Konsumgütern übernommen – und werde dies auch dieses Mal tun. Ein Problem gebe es dabei jedoch.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick.
Ein seit langem gefordertes «Recht auf Reparatur» habe die entscheidende Hürde genommen, wie die Nachrichtenagentur DPA kürzlich berichtete. Letzte Woche hat es im Europaparlament und den EU-Staaten einen Durchbruch gegeben, eine Einigung auf neue Vorgaben.
«Mit dieser Einigung sind wir einem Recht auf Reparatur näher gekommen», sagte René Repasi, SPD-Abgeordneter und einer der Schlüsselfiguren im EU-Parlament. «In Zukunft wird es einfacher und billiger sein, Produkte reparieren zu lassen, statt neue, teure Produkte zu kaufen. Dies ist ein grosser Erfolg.»
Das Recht auf Reparatur wird in einer Pressemitteilung des Europäischen Parlaments so umschrieben: «Eine Verpflichtung des Herstellers, gängige Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Staubsauger und sogar Smartphones zu reparieren.»
In einer früheren Pressemitteilung des EU-Parlaments wurden noch weitere Produkte aufgelistet: Wäschetrockner, Geschirrspüler, Kühlgeräte, elektronische Displays sowie Server und Datenspeicher. Nicht enthalten sind bislang etwa Möbel oder Kopfhörer.
Autos sind ausgenommen und werden es wohl bleiben, weil dort der Reparaturmarkt schon funktioniere. Ansonsten ist die Liste nicht abgeschlossen, es können weitere Produkte hinzukommen. Für all diese Produkte sollen Reparaturen attraktiver und einfacher werden – auch nachdem die gesetzliche Garantie abgelaufen ist.
Es gibt neu eine Pflicht, dass die Kundinnen und Kunden über die Reparaturpflicht des Herstellers informiert werden müssen. Diese Pflicht dürfte entscheidend sein. Die Kundschaft muss sozusagen herausgeholt werden aus dem alten Wegwerf-Trott und überhaupt auf die Idee gebracht werden, dass Entsorgung und Neuanschaffung nicht ihre einzige Option ist. Ein Recht auf Reparatur bringt nichts, wenn niemand davon Kenntnis hat.
Der Gebrauch von diesem Recht soll für die Kundschaft möglichst attraktiv gemacht werden. Dafür soll es neu die Möglichkeit geben, ein Gerät auszuleihen, während das eigene noch repariert wird. So sollen die Leute nicht allein schon darum ein neues Produkt kaufen, weil sie nicht eine oder mehr Woche auf eine Reparatur warten wollen. Weiter soll es Plattformen geben, auf denen sich lokale Reparaturwerkstätten finden lassen oder Käufer von defekten Waren.
Es soll für die Kundschaft auch klar ersichtlich sein, was sie von einer Reparatur hat, sie soll Nutzen und Kosten leicht abschätzen können. Dafür wird eine Art von Reparatur-Garantie eingeführt: Ist ein Produkt repariert, wird die gesetzliche Garantie dafür zusätzlich um ein Jahr verlängert.
Die Kundinnen und Kunden wissen also, wie lange sie ein Produkt mindestens weiterverwenden können. Das wäre der Nutzen der Reparatur. Um den Aufwand abschätzen zu können, soll es kostenlosen Online-Zugang zu den ungefähren Reparaturpreisen geben. Eine Reparatur sollte kein Abenteuer mit ungewissem Ausgang sein.
Mit den neuen Regeln sollen Reparaturen mit der Zeit deutlich günstiger werden. Darum sollen Hersteller verpflichtet werden, Informationen über Ersatzteile auf ihrer Website bereitzustellen. Diese Infos müssen auch allen Parteien im Reparatursektor – also auch kleinen Werkstätten – zu einem angemessenen Preis zur Verfügung gestellt werden.
Zudem sollen Praktiken verboten werden, durch die unabhängige Betriebe daran gehindert werden, gebrauchte oder 3D-gedruckte Ersatzteile zu verwenden.
All dies soll den Wettbewerb unter den Reparaturanbietern fördern, was die Preise senkt – so die Hoffnung.
Die Schweiz ist der EU schon früher gefolgt, als diese die Reparatur von Produkten erleichtern wollte – so etwa, als die EU eine neue Öko-Design-Verordnung einführte. Damals sollte der Zugang zu Ersatzteilen von Kühlschränken, Waschmaschinen und Geschirrspülern verbessert werden. Auf Anfrage sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, darum: «Wir erwarten daher, dass die Schweiz auch dieses Mal nachziehen muss.»
Damals zeigte sich jedoch auch, dass neue Regeln allein nicht immer ausreichen, um tatsächlich einen Wandel herbeizuführen. Ein Marktcheck des Konsumentenschutzes zeigte, dass der Kauf von Ersatzteilen noch immer kein Leichtes war.
Bei den grossen Herstellern seien Ersatzteile immerhin noch irgendwo bestellbar gewesen, aber oft nur auf Umwegen, mühsam oder via einer kostenpflichtigen Hotline. Bei vielen Importeuren oder reinen Online-Händlern hingegen war schlicht gar keine Möglichkeit auffindbar.
Wobei viele Unternehmen der Ansicht waren, dazu auch nicht verpflichtet zu sein. Laut dem Konsumentenschutz konnten selbst die Bundesämter nicht sagen, wer eigentlich durch die neuen Regeln in die Pflicht genommen werden soll. Das Fazit des Konsumentenschutzes: Es werde um Ersatzteile herum «Geheimniskrämerei» betrieben.
Nach Ansicht des Konsumentenschutzes wird es entscheidend sein, wie gut oder schlecht die Kunden über eine neue Pflicht zur Reparatur informiert werden. Stalder sagt: «Wir werden nicht viel weiter kommen, wenn auch um die neuen Regeln eine Geheimniskrämerei betrieben wird.»
Es sei darum ein wichtiger Schritt, dass die EU auch eine Pflicht einführt, über das neue Recht auf Reparatur zu informieren. Nur dann werde dieses Recht auch eingefordert.
Doch es werde auf die genaue Ausgestaltung dieser Informations-Pflicht ankommen, sagt Stalder. «Ein paar Sätze im Kleingedruckten werden nicht viel helfen; es muss schon prominent auf dem Produkt selbst ersichtlich sein.»
(aargauerzeitung.ch)
Sämtliche Verbesserungen kömmen jeweils dank der EU…