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Yanni Gentsch konfrontiert heimlichen Filmer – ihr Video geht viral

Video: instagram/yannigentsch

Mann filmt Joggerin von hinten – ihre Reaktion geht viral

Ein Wald, eine Joggingrunde, eine unerwünschte Handyaufnahme. Als Yanni Gentsch bemerkt, dass ein Mann sie heimlich filmt, dreht sie den Spiess um. Die Aufnahme der Konfrontation geht viral.
27.02.2025, 13:0827.02.2025, 16:50
Thomas Wey
Thomas Wey
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Es ist ein sonniger Tag im Kölner Grüngürtel. Yanni Gentsch (30) ist joggend unterwegs, als sie merkt: Da ist jemand hinter ihr. Ein Mann auf einem E-Bike. Er überholt nicht, sondern zückt sein Handy. «Er filmt mich!», realisiert Gentsch – und handelt instinktiv. Sie stellt sich dem Mann in den Weg, hält sein Fahrrad fest und fordert: «Zeigen Sie mir, dass Sie es gelöscht haben, auch aus dem Gelöscht-Ordner.»

Der Vorfall hätte damit vorbei sein können. Doch Gentsch filmt die Konfrontation und postet das Video auf Instagram. Es schlägt ein wie eine Bombe: 11,9 Millionen Aufrufe, über 500'000 Likes und eine Welle der Solidarität in den knapp 29'000 Kommentaren.

Video: instagram/yannigentsch
«Ich habe erst mal wie auf Autopilot funktioniert.»
Yanni Gentsch

In einem Interview mit dem Spiegel beschreibt Gentsch ihre Gefühle in dem Moment: «Für mich war es eine ausserkörperliche Erfahrung. Ich habe mich aus der Vogelperspektive beobachtet. Mir fehlen auch Augenblicke aus meiner Erinnerung.»

Doch nicht alle stellen sich auf ihre Seite. Kritik gibt es vor allem daran, dass sie das Video öffentlich gemacht hat. «Ich bin gefragt worden, ob ich nicht an die Familie des Mannes denken würde.» Yanni Gentsch findet diese Frage absolut unangebracht. «Der Mann hat sich dazu entschieden, so etwas zu machen, was daraus wird, muss er selbst abschätzen können.»

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Darum ist eine Anzeige nicht möglich

Gentsch geht zur Polizei – doch die Ernüchterung folgt prompt. Eine Anzeige ist nicht möglich. «Der Straftatbestand sei nur erfüllt, wenn der Mann nackte Haut gefilmt hätte, aber ich war ja angezogen.» Stattdessen nimmt die Polizei einen «Beobachtungs- und Feststellungsbericht» auf. Für Gentsch unverständlich: «Es wird zu wenig getan, um Frauen zu helfen. Die Rechtslage muss sich ändern», fordert sie.

«Sein Fehlverhalten ist nicht meine Verantwortung.»
Yanni Gentsch

Die 30-Jährige bleibt standhaft: «Ich schäme mich nicht für das, was mir passiert ist. Ich bin einfach joggen gegangen – nicht mehr und nicht weniger.» Sie betont, dass Scham oft von Männern als Werkzeug genutzt wird, um Kontrolle auszuüben. «Der Mann ist derjenige, der mich in diese Situation gebracht hat und der sich dafür schämen sollte. Sein Fehlverhalten ist nicht meine Verantwortung», erklärt Gentsch im Gespräch mit dem Spiegel. Sie hofft, mit ihrer Aktion andere Frauen zu ermutigen, sich zu wehren – jedoch nur, wenn es ihre Sicherheit nicht gefährdet. «Man sollte sich immer nur so verhalten, wie es die jeweilige Situation zulässt, und sich nicht unnötig in Gefahr bringen.»

Der beste Tipp, sagt sie: sein Unterbewusstsein trainieren. «Ich folge den richtigen Leuten, die sich mit Themen wie Sexismus, Feminismus und Patriarchat beschäftigen.» Das habe ihr in der Situation geholfen, sich zu wehren.

Zurück auf die Laufstrecke

Ist sie nach dem Vorfall wieder joggen gegangen? «Ja, das war wichtig. Es wäre aber gelogen, würde ich sagen, ich hätte vorher nicht darüber nachgedacht, mir eine lockerere Hose anzuziehen.»

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240 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hyper80
27.02.2025 13:46registriert Juni 2020
Absolut richtig reagiert. Das braucht Mut. Wieso haben heutzutage viele das Gefühl, sie können mit ihrem Handy alles erlauben und alle ungefragt filmen und fotografieren. Und noch kurz zur Umfage: Ich hätte ebenfalls reagiert und den Herren zur Rede gestellt und bin ein Mann.
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curled09
27.02.2025 13:41registriert Juni 2016
Was für eine mutige Frau, die absolut beeindruckend reagiert hat. Hut ab, ich hätte mich in ihrer Situation wohl nicht getraut. Und absolut ekelhaft, wie der Typ sich zu rechtfertigen versucht. Die Scham muss die Seite wechseln!
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ABWESEND
27.02.2025 13:37registriert September 2024
"Wie hättest du in dieser Situation reagiert?
Keine Ahnung / ich bin ein Mann."


finde die Antwortauswahl nicht so glücklich gewählt.

können denn Männer in so einer Situation als Drittperson nicht eingreifen und den Täter zur Rede stellen? und es soll auch Männer geben, die stehen auf andere Männer. kann also ein Mann nicht einen anderen Mann filmen?
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