d-effekt
*Ironie off
Es ist die Paradedisziplin der EU-Funktionäre in Brüssel: Standardisierungen für den gemeinsamen Binnenmarkt. Hier können sie sich austoben. Hier fühlen sie sich wohl.
Mitunter treibt der Drang zur europaweiten Vereinheitlichung aber auch skurrile Blüten. Legendär ist zum Beispiel die (später abgeschaffte) Regulierung über die Gurkenkrümmung oder der (später zurückgezogene) Vorschlag für standardisierte WC-Spülungen.
Jetzt aber macht sich die EU-Kommission daran, eine Vereinheitlichung zu schaffen, die für den Konsumenten einen echten Mehrwert bringen könnte: Das Ende des Kabelsalats.
Künftig sollen Handys, Tablets und andere elektronische Geräte wie Lautsprecherboxen oder Digitalkameras nur noch via den USB-C-Standard geladen werden. Micro-USB oder auch die Apple-Lightning-Buchse, der Exot unter den Ladekabel, sollen der Vergangenheit angehören.
The European Commission has just announced it will mandate phone manufacturers and makers of devices such as tablets, cameras and hand-held gaming devices to use a unitary USB-C plug and charger.
— Alexander Fanta (@FantaAlexx) September 23, 2021
This could be a game-changer with knock-on effects for the entire world. pic.twitter.com/SPjOwMSxXp
Geht alles glatt im Gesetzgebungsprozess mit dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten könnte das Einheitskabel schon ab 2024 kommen. Neue Geräte sollen ab dann nur noch mit USB-C-Anschluss verkauft werden. Ersatzkabel für bereits gekaufte Geräte mit alternativen Anschlüssen könnten freilich weiter erhältlich bleiben.
Wenig Freude haben dürfte Apple, welches sich vor Jahren schon gegen eine Vereinheitlichung mit Verweis auf die Innovationsfreiheit gewehrt hatte. Kritiker vermuten aber, dem US-Konzern gehe es vielmehr darum, sein abgeschlossenes Geräte-Universum zu schützen.
Auf dem Weg zum Ende des Kabelsalats ist man schon einen weiten Weg gekommen: Vor rund 10 Jahren gab es noch 30 verschiedene Ladeanschlüsse. Heute sind es hauptsächlich noch drei: USB-C, Micro-USB und Apples Lightning.
Laut Berechnungen der EU-Kommission geben die europäischen Konsumenten pro Jahr rund 2.4 Milliarden Euro für Ladegeräte aus. 11'000 Tonnen an Kabel-Schrott fallen jährlich an. Dieser Berg soll durch die Standardisierung um mindestens 1000 Tonnen oder 250 Millionen ungebrauchter Ladegeräte verkleinert werden. Die Wahl ist auf USB-C gefallen, weil dieser die beste Ladeleistung aufweisen soll und bereits breit verwendet wird.
Second, this could create an incentive to further unification even for devices currently not covered in the scope, as consumer expectation will move towards making all devices USB-C-chargeable. So maybe electric shavers, flash-lights and cuckoo clocks are next.
— Alexander Fanta (@FantaAlexx) September 23, 2021
Der neue Standard dürfte sich in Zukunft auch in der Schweiz durchsetzen: Unabhängig davon, ob die Schweiz die EU-Regulierung nachvollziehen würde, scheint es kaum vorstellbar, dass Produzenten von Elektrogeräten extra für den Schweizer-Markt alternative Lösungen anbieten würden. Anders dürfte es aussehen für von ausserhalb der EU in die Schweiz importierte Geräte.
Logischerweise unberührt von den neuen Regeln bleiben Geräte, welche über eine Qi-Station kabellos («Wireless charging») geladen werden. (aargauerzeitung.ch)