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Das sind die dümmsten und gefährlichsten Fehler bei «Survival Squad»

«Survival Squad»: Fabio Schäfer (r.) und Otto Karasch.
Fabio (vorne) und Otto gehen in Kanadas Wildnis bis an ihre Leistungsgrenze.Screenshot: YouTube
Review

«Survival Squad» ist genial, wenn nur diese dummen Fehler nicht wären

Die YouTube-Serie «Survival Squad» begeistert ein Millionenpublikum mit wunderschönen Aufnahmen aus Kanadas rauer Wildnis. Doch das Outdoor-Verhalten der beiden «Helden» wirft Fragen auf.
05.12.2023, 05:4218.12.2023, 15:56
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Die deutschen Influencer Otto Karasch und Fabio Schäfer haben es geschafft: Ihr grosses YouTube-Abenteuer in der Wildnis Kanadas ist zurzeit in aller Munde.

Tatsächlich haben sie mit «Survival Squad» einen echten Überraschungserfolg gelandet. Die bisher veröffentlichten Folgen vermochten ein Millionenpublikum zu begeistern.

Das Projekt bietet alles, was «7 vs. Wild» früher mal war. Es ist ein ungeschliffener Diamant im YouTube-Universum, umgesetzt von zwei leidenschaftlichen Machern, die trotz nervigem Product Placement ihre Authentizität bewahren.

Obacht: Der Artikel enthält Spoiler!

Wo ist das Problem?

«Survival Squad» bietet beste Unterhaltung und faszinierende Einblicke in die raue Natur der Nordwest-Territorien.

Szene aus «Survival Squad» (2023).
Die beiden Abenteurer haben einen Quadrocopter für Luftaufnahmen mitgeschleppt.Screenshot: YouTube

Wer das Format bisher nicht kennen sollte: Reinschauen lohnt sich echt, nur schon wegen der Naturaufnahmen. Die Serie bietet aber auch spannende Augenblicke. Wobei hier nicht die völlig überrissenen Cliffhanger am Ende der Folgen und die grenzwertigen Clickbait-Titel gemeint sind.

Leider vermögen die beiden Abenteurer, denen wir die genialen Videos zu verdanken haben, mit ihrem Verhalten in der freien Natur nicht zu überzeugen. Im Gegenteil: Otto und Fabio fallen mit haarsträubenden Fehlern auf.

Wichtig: Otto und Fabio sind keine Survival-Experten und sollten auch nicht als solche bezeichnet werden.

Sicher ist: Die beiden Unterhaltungsprofis werden von Teilen des Publikums als Helden verehrt und haben eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion. Wenn sie vor laufender Kamera etwas Gefährliches oder Dummes tun, kann dies für ahnungslose Nachmacher böse Konsequenzen haben.

Im Folgenden gehen wir auf die schlimmsten Fehler ein und schauen an, wie man sich richtig verhalten würde.

Der Bären-Vorfall

Wir beginnen mit dem Elefanten im Raum, respektive mit dem Grizzly, der die Abenteurer angeblich angreifen wollte. Bereits in Folge 3 kommt es zu dem spektakulären Zwischenfall. Als Fabio und Otto ein breites Flussbett durchqueren wollen, nähert sich ihnen der Prädator von der anderen Seite.

Warnschuss bei Survival Squad, weil sich ein Bär nähert.
Wegen der Weitwinkel-Aufnahme (GoPro-Kamera mit HyperView-Funktion) kaum zu erkennen: Da nähert sich ein Grizzly.Screenshot: YouTube

Dann geht plötzlich alles sehr schnell: Weil der durch das Flussbett trabende Bär nicht auf Zurufe reagiert, feuert Otto mit seinem Gewehr einen «Warnschuss» ab. Der Screenshot oben zeigt genau den Moment, bevor geschossen wird. Mitten im roten Kreis befindet sich derweil das Tier.

Der «Bärenangriff» im Video:

In einem Reaktionen-Video räumt Otto später ein, dass der angebliche Bärenangriff «sehr wild geschnitten» sei. Und dann erzählt er von einem Karibu, das sich im Flussbett aufgehalten habe. Und diesem Beutetier, das sie zuerst nicht gesehen hätten, sei der Bär wahrscheinlich nachgerannt.

Zu Ottos «Warnschuss» ist zu konstatieren:

  • Er schiesst unvermittelt, ohne Vorwarnung, sodass Fabio davon überrascht wird.
  • Der Lauf zeigt bei der Schussabgabe Richtung Bär.
  • Es wurden keine weiteren, klärenden Video-Aufnahmen zum Vorfall selbst veröffentlicht.

Ein User kommentierte:

«Erste Regel des Filmemachens: ‹Show, don't tell.› Ihr hattet doch das Videomaterial. Warum zeigt ihr es nicht einfach? Das führt jetzt schon unter manchen Leuten in eurer Community zu wildesten Spekulationen. Weil es einfach nicht verständlich ist, warum man nichts zu sehen bekommt – die Leute suchen nach Erklärungen.»

Kein Wunder, wurde anschliessend wild spekuliert. Teile des Publikums vermuteten gar, der Bär sei erschossen worden und nun gebe es eine Vertuschungsaktion.

Was wir daraus lernen:

  • «Survival Squad» hat ein Transparenzproblem.
  • Ein Warnschuss sollte – wenn immer möglich – in eine sichere Richtung abgegeben werden. In die Luft zu schiessen, ist nicht zu empfehlen. Vielmehr sollte man in einiger Entfernung in einen Erdwall oder anderen «Kugelfang» schiessen, um gefährliche Abpraller zu vermeiden.
  • Die Waffenhandhabung der beiden Abenteurer lässt auch in anderen Situationen stark zu wünschen übrig. Es scheint, als hätten sie nicht ausreichend lang und intensiv mit dem Gewehr und der Schrotflinte trainiert und sie harmonieren in Stress-Situationen nicht miteinander. In einer Szene bekundet Otto, der als «Elitesoldat» bezeichnet wird, gar sichtlich Mühe, seine Waffe korrekt zu bedienen.

Otto führt auf dem Trip ein Gewehr vom Typ Ruger M77 Mark 2 mit, im amerikanischen Jagd-Kaliber .30-06 Springfield. Und Fabio hat eine Schrotflinte (Pump-Action) im Kaliber 12/76 dabei, leider ohne Tragriemen.

PS: Der Biologe und Outdoor-YouTuber Ben Tüxen («EinMannimWald») gibt zu bedenken, dass in Kanadas Bären-Regionen auch grosse Pfeffersprays eingesetzt werden können, um allzu neugierige Tiere auf Abstand zu halten. Der Schusswaffeneinsatz sollte auf echte Attacken beschränkt sein.

Kein Flickzeug dabeihaben

Murphy's Law ...

Survival Squad.
Weil Fabios aufblasbare Isomatte ein Loch hat, muss er auf dem kalten Boden schlafen. Screenshot: YouTube

Dinge gehen kaputt. Meist im dümmsten Moment. Etwa dann, wenn du am Anfang eines langen Abenteuers stehst und nicht einfach in die Zivilisation zurückkehren kannst. Weshalb Otto und Fabio kein Reparaturset (Klebeflicken) mitführen, entzieht sich der Kenntnis des hier schreibenden Redaktors. Sicher ist: Ein entsprechendes Flickzeug kann man für alles Mögliche verwenden (Isomatten, Schlauchboote, etc.). Und es wiegt nur ein paar Gramm, die sich auf jeden Fall lohnen!

Faulende Tierüberreste mitschleppen

«Don't do stupid shit!»
Survival-Motto

Fabio: Hold my bear beer!

Survival Squad, YouTube-Serie (2023).
Dieses mehrere Kilogramm schwere Karibugeweih samt Knochenmark wollte Fabio auf dem Gewaltmarsch unbedingt auch noch mitschleppen.Screenshot: YouTube

Ein Kommentator brachte es auf den Punkt:

Otto und Fabio: «Wir möchten nicht, dass ein Bär nachts ins Lager kommt.»

Auch Otto und Fabio: «Lasst uns Knochen mit Verwesungsgeruch mitnehmen.»

Ungesichert reissende Gewässer durchqueren

Survival Squad: Otto überquert einen Wildwasserfluss.
Von Stein zu Stein, mit schwerem Gepäck auf dem Rücken – ein riskantes Unterfangen.Screenshot: YouTube

Okay, hier gehen die Expertenmeinungen auseinander.

Du trägst einen schweren Rucksack (+ 30 kg) und willst einen reissenden Fluss überqueren. Wie gehst du vor?

Was Otto und Fabio zugutekommt: Sie sind zu zweit unterwegs, könnten also in einem Notfall eingreifen. Etwa dann, wenn der Partner im Fluss stürzt, mit dem Kopf auf einem Stein aufschlägt und bewusstlos wegtreibt.

Wildwasser ohne Paddel und Schwimmweste befahren

Survival Squad.
Mit diesem dicken Holzprügel versucht Fabio, sein «Packraft» zu manövrieren. Auch Otto hat lediglich ein Rundholz. Screenshot: YouTube

Kommentar eines Fans:

«Warum haben die zwei weder Paddel noch Schwimmwesten dabei? Es ertrinken jedes Jahr Menschen bei vermeidbaren Bootsunfällen. Meistens läuft es darauf hinaus, dass das Boot nicht richtig gesteuert wurde (Paddel, Ultraleicht-Version wiegt ca. 700 g) oder sich bei dummen Unfällen der Kopf gestossen wurde und man in der Tiefe einer Pfütze ertrinkt (da hilft die Weste).»

Im Wald Feuer machen

Was ist hier falsch?

Szene aus «Survival Squad».
Abgesehen von der herumliegenden Schusswaffe stört uns die Feuerstelle, die keine ist.Screenshot: YouTube

Kanada hatte dieses Jahr mit einer Serie von Waldbränden zu kämpfen. Sie begannen im März und breiteten sich ab Mai mit grossem Tempo aus, begünstigt durch Dürre, Hitze sowie Folgeeffekte des Klimawandels. Betroffen waren nahezu alle Provinzen und Regionen des riesigen Landes, wie auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von «7 vs. Wild» herausfinden mussten: Sie durften nur in einer «Bushbox» Feuer machen, einem zusammensteckbaren Stahlblech-Würfel.

Survival Squad.
Selbstgefangener und über dem «Hobo» gebratener Fisch schmeckt genial. Hier ist auch der Untergrund der Feuerstelle unproblematisch.Screenshot: YouTube

Interessanterweise haben auch Otto und Fabio einen «Hobokocher» dabei. Diesen verwenden sie zum Braten von Fischen. Um sich zu wärmen und die vielen Stechmücken zu vertreiben, machen sie hingegen auch ohne weitere Vorbereitungen auf dem Waldboden Feuer. Das ist vor allem auf dichtbewachsenen, trockenen Böden höchst fahrlässig.

Die Beratungsstelle für Brandverhütung (BFB) warnt:

«Bei einer Feuerstelle wird der Untergrund sehr stark erhitzt. Ist der Waldboden trocken, kann die Glut unbemerkt tief ins Erdreich eindringen. Solche Bodenfeuer können tagelang unterirdisch vor sich hin brennen und dann mehrere Dutzend Meter entfernt wieder zum Vorschein kommen.»
quelle: bfb-cipi.ch

Sinnvoll ist, eine sichere Feuerstelle einzurichten:

  • Pflanzenbewuchs am Boden entfernen.
  • Den Feuerbereich mit Steinen abgrenzen.
  • Äste, Gräser oder Laub sollten am besten mehrere Meter von der Feuerstelle entfernt werden.

«Gammelpilze» essen

Würdest du in einer Survival-Situation wilde Pilze essen?

Und damit zu Fabio, der hier ein paar alte Exemplare findet

Pilze sammeln bei «Survival Squad».
Screenshot: YouTube

Pilze sind genial. Aber sie lohnen sich nicht in einer Survival-Situation, wie die Risikoabwägung zeigt:

  • Essbare Waldpilze bringen wenig Kalorien und haben einen relativ tiefen Nährwert (wie Blattsalat). Darum lohnt sich kräftezehrendes Sammeln definitiv nicht.
  • Sie sind für den Magen schwer verdaulich.
  • Sie können Parasiten enthalten, selbst nach dem vermeintlich sicheren Zubereiten über dem Feuer.
  • Wenn es bei älteren Exemplaren Anzeichen des Verfalls gibt, sind alle Pilzteile (Hut und Stiel) problematisch und sollten nichts mehr gegessen werden.

Und dann ist da noch die Verwechslungsgefahr, die sich bei sehr jungen und alten Exemplaren akzentuiert.

Der Konsum von (unerkannten) giftigen Pilzen kann sich erst Tage oder Wochen später gesundheitlich bemerkbar machen. Es reicht also nicht, ein Stück eines nicht sicher bestimmbaren Exemplars zu probieren und etwas zu warten ...

Wenn du aber beim Brennholzsammeln zufällig auf frische Steinpilze, Maronenröhrlinge, Ziegenlippen etc. stossen solltest und diese einwandfrei bestimmen kannst, würde ich vermutlich zuschlagen. Sonst gilt: Lass es lieber!

«Es ist lebensgefährlich, unbekannte Pilze zu essen.»
«Ein Mann im Wald», Biologe/YouTuber

Und jetzt du!

Was hältst du von solchen Outdoor-Abenteuern? Welche praktischen Erfahrungen hast du gesammelt, welche Fehler hast du gemacht – und kannst anderen einen Tipp geben? 🙏

Schreib uns via Kommentarfunktion!

Wo gibt's «Survival Squad» zu sehen?

Bei YouTube. Neue Folgen werden jeweils mittwochs in Fabio Schäfers Kanal und samstags bei Otto Karasch veröffentlicht.

Quellen

Ben Tüxen, aka «Ein Mann im Wald», erklärt, was falsch läuft:

Das sagt Survival-Experte Joe Vogel über Pilze als Notnahrung:

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quelle: bbc
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65 Kommentare
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S1mu
03.12.2023 18:14registriert November 2021
Naja grundsätzlich sollte man als unerfahrene Person nichts was in dieser Sendung gezeigt wird nachmachen. Oder plant der Redaktor dieses Artikels gerade sein nächstes Abenteuer?
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45rpm
03.12.2023 18:00registriert August 2016
Well, es sind in erster Linie einfach YouTuber.
Einige testen Restaurants, andere Züge und die beiden halt die kanadische Wildnis.
Ich hoffe, dass deren Unbedarftheit den beiden nicht irgendwann zum Verhängnis wird.
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Pikay
03.12.2023 17:47registriert April 2019
Also meines Wissens nach ist Otto ehemaliger KSK-Soldat. Die lernen in ihrer Ausbildung ganz sicher das Überleben in der Wildnis respektive hinter feindlichen Linien. Ich habe die Show noch nie gesehen, kann also nichts zu deren Qualität oder dem Inhalt sagen.
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