Das Mittelalter lebt – zumindest als Schauplatz für Computer- und Videospiele. Ganz egal, ob in Kampfsimulationen wie «For Honor» und «Mount & Blade» oder in Aufbauspielen wie «Manor Lords». Als das Rollenspiel «Kingdom Come Deliverance» im Frühjahr 2018 erschien, spaltete es jedoch die Gemüter: Viele liebten den Detailreichtum und die anspruchsvolle Charakterprogression, Kritiker jedoch bemängelten die mangelnde Einsteigerfreundlichkeit.
Sechs Jahre später kündigt der tschechische Entwickler Warhorse den Nachfolger des preisgekrönten «Kingdom Come Deliverance» an. Mit einem 250 Mann starken Team arbeitet das Studio fieberhaft an der Fertigstellung des ambitionierten Projekts. Die Zeit drängt, denn «Kingdom Come Deliverance 2» soll noch 2024 für PC, PlayStation 5 und Xbox Series S/X erscheinen und das Mittelalter erneut zum Leben erwecken.
«Kingdom Come Deliverance 2» entführt Spieler ins Böhmen des 15. Jahrhunderts. Die Hauptrolle übernimmt der junge Heinrich. Im ersten Teil wurde dessen Heimatdorf durch einen plötzlichen Angriff zerstört und seine Familie dabei ermordet. Seitdem dürstet Heinrich nach Rache. An Heinrichs Seite kämpft sein treue Sidekick und Knappe Sir Hans. Das Ziel: Sigismund, König von Ungarn.
Das Mittelalter-Rollenspiel präsentiert seine Geschichte in umfangreichen Zwischensequenzen. Wurden im Vorgänger noch drei Stunden verarbeitet, sind es diesmal ganze fünf Stunden Videomaterial. Alles im zweiten «Kingdom Come Deliverance» ist grösser: Die Spielwelt erstreckt sich über zwei Karten und ist doppelt so gross wie noch im Vorgänger.
Eine besondere Herausforderung für das Entwickler-Team von Warhorse bestand darin, das Mittelalter authentisch und zugleich lebendig abzubilden. Spielte der erste Teil noch grösstenteils in den ländlichen Regionen Böhmens, gestaltet sich «Kingdom Come Deliverance 2» weitläufiger und abwechslungsreicher. Neben weiten Wäldern und Ländereien erkunden Spieler diesmal auch grosse Städte wie die Minenmetropole Kuttenberg. Warhorse möchte auf Basis moderner Technik das Mittelalter von seiner schönsten Seite abbilden und mit dem Klischee des «dunklen Zeitalters» aufräumen. In den bisherigen Demo-Passagen zeigte man u. a. breite Strassen, auf denen die Bewohner Kuttenbergs flanierten oder auch malerische Lichtungen in dichten Wäldern. Untermalt wird das Geschehen durch einen orchestralen Soundtrack aus der Feder von Komponist Jan Valta.
Im Zentrum des Interesses steht aber weiterhin Hauptcharakter Heinrich, den man aus der Ego-Perspektive steuert. Trotz der Geschehnisse im Vorgänger wird man den einstigen Bauernjungen stark nach den eigenen Wünschen formen können. Die Entwickler sprachen etwa davon, dass man Heinrich in einen charmanten Ritter verwandeln könnte, der sich aus brenzligen Situation herausdiskutieren kann. Genauso gut kann man Heinrich aber auch zum wütenden Racheengel machen, der das Gesetz in die eigenen Hände nimmt.
Alle Aktionen haben in «Kingdom Come Deliverance 2» Bedeutung und Konsequenz. Das Spiel zählt nämlich mit und bildet auf Basis der gesammelten Daten eine Art Reputations-Level für Heinrich. Das bedeutet auch: Wer stiehlt und mordet, wird nicht nur von friedfertigen Bewohnern gefürchtet, sondern bekommt es womöglich auch mit den hiesigen Ordnungshütern zu tun.
In puncto Kampfsystem setzt Warhorse auf eine Weiterentwicklung des Vorgängers. Man schwingt also weiterhin aus der Ego-Perspektive das Schwert, muss blocken, parieren und gezielt zuschlagen. Die Entwickler betonen, dass jeder Kampf in «Kingdom Come Deliverance 2» ein Kampf ums Überleben ist. Selbst geübte Spieler müssen sich daher in Acht nehmen und bei Duellen Sorgfalt und Konzentration walten lassen. Gerade grosse Schlachten fallen auch entsprechend bedrohlich aus und sahen in der ersten Gameplay-Präsentation bereits sehr beeindruckend aus.
Das Waffenarsenal wurde im Vergleich zum Vorgänger dezent erweitert. Beispielsweise findet man nun eine Armbrust, die man sogar vom Pferd aus abfeuern kann. Ebenfalls neu dabei sind die ersten primitiven Schusswaffen, mit denen man Gegner auf kurze Distanz umnieten kann. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich diese neuen Utensilien in das Kampfgeschehen einfügen.
Fest steht schon jetzt, dass Entwickler Warhorse den Vorgänger mit «Kingdom Come Deliverance 2» in den Schatten stellen möchte. Ob dies gelingt und ob ein Katastrophenstart wie beim ersten Teil ausbleibt, das wird sich beim Erscheinen des Spiels Ende 2024 zeigen müssen.