Die Künstliche Intelligenz ist auch auf Social Media allgegenwärtig.bilder: adobe stock
Pro und Contra
KI-Flut auf Social Media: «Meine Hirnzellen sterben» – «Eine Scheinwelt ist es sowieso»
50 Prozent des Internets soll bereits aus KI-generiertem Inhalt bestehen. Mehrere deutsche Medien stellen nun die These auf, dass die Leute Instagram, Tiktok und Co. den Rücken kehren werden. Die vielen Beiträge, welche mit Künstlicher Intelligenz erstellt wurden, würden die Leute abschrecken, so die Theorie.
Führt die KI-Flut tatsächlich dazu, dass wir Social Media den Rücken kehren? Unsere Autorin Nina Stiefel und unser Autor Corsin Manser haben dazu gänzlich andere Meinungen.
Corsin meint: KI belebt Social Media
Cristiano Ronaldo sitzt am Steuer eines Busses. Er lenkt das Gefährt wie ein Irrer. «Let's go», schreit er. Und: «Siiiiiu». Die Passagiere erstarren vor Angst, CR7 freut sich tierisch.
Swipe.
Niederländische Migranten in Ägypten. Sie beschweren sich, dass es im Dorfladen keine Schokostreusel gibt. «HAGELSLAAAG!» Nebenan schimpft der Hauswart, dass ein Niederländer an die Hauswand uriniert hat.
Swipe.
Trump, Selenskyj und Putin tragen Reggae-Kleider und spielen «Three little birds» von Bob Marley. Friedrich Merz und Kim Jong-un hören gebannt zu.
Swipe.
Ronaldo wirft Messi ein Matcha-Becher-To-Go ins Gesicht. «Siuuuu.»
Noch nie hat mich Instagram besser unterhalten als in den vergangen zwei Wochen. Bis vor Kurzem habe ich selten Reels an Freunde geschickt. Seit mein Feed voll ist mit KI-generierten Clips mache ich das ständig. Fake-Ronaldo, Reggae-Trump und schwer integrierbare Hagelsag-Holländer treffen meinen Humor.
Ich bin damit nicht alleine. Die obengenannten Videos wurden Tausende Male geteilt, diejenigen mit Ronaldo haben über eine halbe Million Shares.
Gehe ich auf Instagram oder TikTok will ich mich mit seichten Inhalten berieseln lassen. Informieren tue ich mich auf anderen Kanälen. Deshalb stören mich lustige KI-Clips auf Social Media überhaupt nicht.
Da nerven mich Influencer-Dads, die ihre Morgenroutine präsentieren, viel mehr. Mit der Realität hat das auch nichts zu tun. Kein! Vater! Steht! Um! 3 Uhr! Auf! Und! Startet! Den! Tag! Mit! Meditation! Und nein: Den 10-Prozent-Rabatt-Code fürs Zähne-Bleaching will ich auch nicht.
Eine gefährliche Scheinwelt sind Instagram und Tiktok sowieso schon lange. Ob ich jetzt Fake-Influencer oder KI-Clips zu sehen bekommen, macht für mich keinen grossen Unterschied.
All jene, die jetzt hoffen, dass wegen der KI-Videos Social Media ausstirbt, sind Zweckoptimisten. Die Psychologen bei Meta, Bytedance und Co. wissen genau, was sie machen. Würden die KI-Videos nicht funktionieren, würden sich auch nicht im Feed auftauchen.
Cristiano Ronaldo sitzt am Steuer eines Busses. Er lenkt das Gefährt wie ein Irrer. «Let's go», schreit er. Und: «Siiiiiu». Die Passagiere erstarren vor Angst, CR7 freut sich tierisch.
Swipe.
Niederländische Migranten in Ägypten. Sie beschweren sich, dass es im Dorfladen keine Schokostreusel gibt. «HAGELSLAAAG!» Nebenan schimpft der Hauswart, dass ein Niederländer an die Hauswand uriniert hat.
Swipe.
Trump, Selenskyj und Putin tragen Reggae-Kleider und spielen «Three little birds» von Bob Marley. Friedrich Merz und Kim Jong-un hören gebannt zu.
Swipe.
Ronaldo wirft Messi ein Matcha-Becher-To-Go ins Gesicht. «Siuuuu.»
Noch nie hat mich Instagram besser unterhalten als in den vergangen zwei Wochen. Bis vor Kurzem habe ich selten Reels an Freunde geschickt. Seit mein Feed voll ist mit KI-generierten Clips mache ich das ständig. Fake-Ronaldo, Reggae-Trump und schwer integrierbare Hagelsag-Holländer treffen meinen Humor.
Ich bin damit nicht alleine. Die obengenannten Videos wurden Tausende Male geteilt, diejenigen mit Ronaldo haben über eine halbe Million Shares.
Gehe ich auf Instagram oder TikTok will ich mich mit seichten Inhalten berieseln lassen. Informieren tue ich mich auf anderen Kanälen. Deshalb stören mich lustige KI-Clips auf Social Media überhaupt nicht.
Da nerven mich Influencer-Dads, die ihre Morgenroutine präsentieren, viel mehr. Mit der Realität hat das auch nichts zu tun. Kein! Vater! Steht! Um! 3 Uhr! Auf! Und! Startet! Den! Tag! Mit! Meditation! Und nein: Den 10-Prozent-Rabatt-Code fürs Zähne-Bleaching will ich auch nicht.
Eine gefährliche Scheinwelt sind Instagram und Tiktok sowieso schon lange. Ob ich jetzt Fake-Influencer oder KI-Clips zu sehen bekommen, macht für mich keinen grossen Unterschied.
All jene, die jetzt hoffen, dass wegen der KI-Videos Social Media ausstirbt, sind Zweckoptimisten. Die Psychologen bei Meta, Bytedance und Co. wissen genau, was sie machen. Würden die KI-Videos nicht funktionieren, würden sich auch nicht im Feed auftauchen.
Nina meint: KI tötet Social Media
KI-generierte Inhalte sind ein schlechter, wiedergekäuter Mix aus bereits existierendem Material und ich habe es langsam satt, sie an jeder Ecke angepriesen zu sehen, als wären sie die magische Lösung all unserer Probleme. Ich habe vieles an generativer KI auszusetzen, am schlimmsten finde ich aber das Schaffen von alternativen Fakten und Kunst.
Fakten sind normalerweise überprüfbar und verlangen menschliche Integrität. Werden sie jedoch künstlich erzeugt, ist diese Verlässlichkeit nicht mehr gegeben. Die KI folgt ihrer Programmierung: Fehlerhafte Vorgaben führen zu fehlerhaften Ergebnissen. Irgendwann können wir also nichts mehr glauben, was wir nicht selbst gesehen haben. KI entfremdet uns von der Realität.
Bei harmlosen Katzenvideos mag das noch lustig sein (obwohl ich auch hier den Nutzen wirklich nicht sehe), aber sobald wir uns nicht mehr sicher sein können, ob ein Video beispielsweise einen tatsächlichen Beweis für Kriegsverbrechen liefert oder KI-generierte Propaganda ist, wird es unglaublich problematisch.
Der künstlerische Aspekt ist etwas weniger existenziell, jedoch trotzdem extrem frustrierend. KI-generierte künstlerische Inhalte – ob Animationen, hyperrealistische Bilder oder Musik – haben die Tendenz, absolut seelenlos zu sein. Kunst erhält ihre Bedeutung durch den schöpferischen Prozess zwischen Künstler und Werk. Kunst ist im Kern emotional, KI ist es nicht. Per Definition kann KI daher keine wahre Kunst schaffen, sondern nur eine kalte Annäherung daran.
Sobald ich merke, dass etwas KI-generiert ist, verliert es für mich jede Magie und hinterlässt ein Gefühl von Unbehagen und Leere. Mein Instagram-Feed wird zunehmend von generierten «künstlerischen» Inhalten überflutet, und ich muss sagen: Da löscht es mir ab.
Also nein, generative KI ist nicht lustig oder unterhaltsam, sondern ein zunehmendes Problem für faktenbasiertes Wissen sowie sinnloser Müll, der in unseren Social-Media-Feeds Überhand gewinnt.
Seit Jahren versuche ich, meine Social-Media-Zeit zu reduzieren (ja, ja, unglaublich Gen Z von mir, ich weiss) – wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die KI mich schlussendlich dazu treiben würde. Nicht, weil ich mich aktiv dazu entscheide, sondern weil ich es leid bin, konstant mit irgendwelchen schlechten, realitätsfremden Videos bespielt zu werden, bei denen ich das Gefühl habe, meinen Hirnzellen beim Sterben zusehen zu können. Da lege ich mein Handy lieber weg und mache einen Spaziergang.
KI-generierte Inhalte sind ein schlechter, wiedergekäuter Mix aus bereits existierendem Material und ich habe es langsam satt, sie an jeder Ecke angepriesen zu sehen, als wären sie die magische Lösung all unserer Probleme. Ich habe vieles an generativer KI auszusetzen, am schlimmsten finde ich aber das Schaffen von alternativen Fakten und Kunst.
Fakten sind normalerweise überprüfbar und verlangen menschliche Integrität. Werden sie jedoch künstlich erzeugt, ist diese Verlässlichkeit nicht mehr gegeben. Die KI folgt ihrer Programmierung: Fehlerhafte Vorgaben führen zu fehlerhaften Ergebnissen. Irgendwann können wir also nichts mehr glauben, was wir nicht selbst gesehen haben. KI entfremdet uns von der Realität.
Bei harmlosen Katzenvideos mag das noch lustig sein (obwohl ich auch hier den Nutzen wirklich nicht sehe), aber sobald wir uns nicht mehr sicher sein können, ob ein Video beispielsweise einen tatsächlichen Beweis für Kriegsverbrechen liefert oder KI-generierte Propaganda ist, wird es unglaublich problematisch.
Der künstlerische Aspekt ist etwas weniger existenziell, jedoch trotzdem extrem frustrierend. KI-generierte künstlerische Inhalte – ob Animationen, hyperrealistische Bilder oder Musik – haben die Tendenz, absolut seelenlos zu sein. Kunst erhält ihre Bedeutung durch den schöpferischen Prozess zwischen Künstler und Werk. Kunst ist im Kern emotional, KI ist es nicht. Per Definition kann KI daher keine wahre Kunst schaffen, sondern nur eine kalte Annäherung daran.
Sobald ich merke, dass etwas KI-generiert ist, verliert es für mich jede Magie und hinterlässt ein Gefühl von Unbehagen und Leere. Mein Instagram-Feed wird zunehmend von generierten «künstlerischen» Inhalten überflutet, und ich muss sagen: Da löscht es mir ab.
Also nein, generative KI ist nicht lustig oder unterhaltsam, sondern ein zunehmendes Problem für faktenbasiertes Wissen sowie sinnloser Müll, der in unseren Social-Media-Feeds Überhand gewinnt.
Seit Jahren versuche ich, meine Social-Media-Zeit zu reduzieren (ja, ja, unglaublich Gen Z von mir, ich weiss) – wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die KI mich schlussendlich dazu treiben würde. Nicht, weil ich mich aktiv dazu entscheide, sondern weil ich es leid bin, konstant mit irgendwelchen schlechten, realitätsfremden Videos bespielt zu werden, bei denen ich das Gefühl habe, meinen Hirnzellen beim Sterben zusehen zu können. Da lege ich mein Handy lieber weg und mache einen Spaziergang.
