Eines vorneweg: Ich bin nicht die beste Person, die watson zum Handytest verdonnern konnte. Die meisten superkrassen Funktionen meines iPhone SE (ja, ich weiss, so two tousand and late) kenne ich selber gar nicht. Ich benutze die immer gleichen Apps, mache selten Fotos und bin jedes Mal erstaunt wie ein Boomer, wenn ich per Zufall erfahre, was die neusten Features heute können. (Waaas, dein Gesicht entsperrt deinen Bildschirm?! Waaas, ich kann die Lautstärke direkt an meinen Airpods regulieren?!)
Trotz oder vielleicht gerade wegen meiner oldschoolhaften Kenntnisse (und Interessen, seien wir ehrlich) wurde ich beauftragt, das neue Samsung-Klapphandy zu testen. Es wurde mir zum Verhängnis, dass ich regelmässig herumposaunte, wie ich mir ein Comeback der Klapphandys wünsche.
Ich hatte damals zum Beispiel das da:
Oder später das da:
Sorry, aber: Wie grossartig war das denn?
Und nun existiert es tatsächlich: das Klapphandy in der Post-Tasten-Ära – in Smartphone-Form und zu einer Zeit, in der die Gen Z wohl glaubt, Sony Ericsson sei irgendein Influencer. Schon klar, das Falthandy ist keine Weltneuheit mehr. Aber das etwas über 1100 Franken teure Galaxy Z Flip 6 (offizieller Preis) wird von Samsung gerade brutal vermarktet und man hat mir gesagt, es sei viel besser als vorherige Versionen. Mich hat das nicht beeindruckt. Ich wollte nur wissen, inwiefern das Retro-Feeling aufkommt und ob ich mich zum Kauf überzeugen lassen würde.
Wer lieber die Erfahrungen echter Experten lesen will, kann zum Beispiel hier schauen oder direkt zu Kapitel 2 springen.
Rein äusserlich gefällt mir das Smartphone sofort sehr gut. Samsung hat eine Pastellfarben-Kollektion auf den Markt gebracht, ich durfte mir für den zweiwöchigen Test dasjenige in Babyblau wünschen. In der Hand ist es zunächst unerwartet schwer, aber doch ganz angenehm. Das Frontdisplay kann auch mit nur einer Hand bedient werden. Allerdings ist es schon ziemlich dick – insbesondere, wenn man noch eine Hülle hat. Aufgeklappt ist es dann einfach unglaublich gross.
Es ist ein Problem, dem ich mich offenbar früher oder später stellen muss: Smartphones werden immer grösser, man kann sie teilweise gar nicht mehr einhändig bedienen. Ich will und brauche das aber gar nicht und bin auch deshalb beim iPhone SE stecken geblieben.
Aber was ist mit dem Retro-Klapp-Feeling? Nun, sagen wir mal: Ich hab's probiert. Aber Erwartung und Realität gehen auseinander.
Mit einer Hand lässt sich das Galaxy Flip nur mit Mühe öffnen, und wenn ja, sieht man relativ doof aus. Schliessen kann man es zwar einhändig, aber auch das dauert ein bisschen.
Und sonst? Die Umstellung von iOS auf Android bringt Schwierigkeiten mit sich, auf die jetzt hier nicht konkreter eingegangen wird. (Ich bin etwa drei Tode gestorben und habe Dutzende Schweissausbrüche durchlebt.) Ein Kollege hat das Unterfangen bereits einmal im Detail geschildert:
Neben dem Horrortrip aufgrund der Umstellung habe ich am meisten Zeit mit der Einstellung des Frontdisplays verbracht. Zumindest brauchte ich ein ganzes Weilchen, bis ich begriff, wie man dieses personalisieren kann. Die Vorteile: Die wichtigsten Dinge, wie Nachrichten lesen und beantworten oder Spotify-Musik einstellen, lassen sich auf dem kleinen Display ohne Probleme erledigen. Zudem ist fast alles personalisierbar, via Widgets oder mit dem Zusammenstellen eines Bildschirms mit Apps. Und: Es gibt wirklich schöne Designs für den Sperrbildschirm, wie zum Beispiel das hier:
Der Nachteil beim Frontdisplay ist hingegen, dass er zu Beginn nur bedingt personalisierbar ist. So sind nur wenige Widgets vorinstalliert (zum Beispiel Wetter, Termine, Wecker, Börse ...). Eines dieser Widgets erlaubt den Zugriff auf verschiedene Apps – aber auch diese sind auf eine Handvoll vorgegebener Apps wie zum Beispiel WhatsApp, Messages (Samsung), Google Messages, YouTube, Maps oder Netflix beschränkt.
Allerdings: Es gibt eine Lösung. In diesem YouTube-Video wird erklärt, wie man mittels zusätzlicher App ein Widget installieren kann, das wiederum erlaubt, alle beliebigen Apps auf den Frontdisplay zu nehmen.
Das ist einigermassen umständlich. Dafür ist das Resultat cool. So zum Beispiel sieht die watson-App aus:
Für einen Kauf hat es bisher nicht gereicht. Vor allem aber, weil ich meine Geräte gerne so lange benutze, bis das Display so verkratzt oder der Akku so schlecht ist, dass auch ich es nicht mehr aushalte. Und so weit ist mein altes, rotes iPhone SE noch nicht. Zudem empfehle ich ein Klapphandy vor allem auch denjenigen, die gerne und viele Fotos machen – vor allem Selfies. Denn diese können entweder mit dem Frontdisplay gemacht werden.
Oder so:
Dabei dient das Smartphone selbst als Stativ, was wirklich praktisch ist – besonders dann, wenn man ein Selfie mit mehreren Leuten machen will. Im «Laptop-Modus» kann man nämlich das Sujet auf der oberen Displayhälfte anzeigen, während die untere Hälfte zum Touchpad wird. Das gilt übrigens auch für viele andere Apps.
Grundsätzlich muss ich zugeben: Je länger ich das Handy benutzt habe, desto öfter habe ich mir einen Kauf überlegt. Und wenn ich bereits Android-Nutzerin wäre, wäre das Samsung Galaxy Z Flip 6 wohl mein nächstes Smartphone. Oder das neue Fairphone, aber da haben wir dann wieder das Grössenproblem. We'll see.
Offenbar gab es mit früheren Ausgaben des Samsung-Flips diverse Probleme. Kundinnen und Kunden mussten aufgrund des neuartigen Faltmechanismus Kompromisse bei anderen Dingen wie Kamera, Display und Leistung eingehen. Die meisten Expertinnen und Experten sind sich dabei einig: Die Nachteile sind beim neuen Flip-Smartphone nur noch minimal.
Das sagen, zusammengefasst, ihre Reviews:
Ich persönlich fand die Kamera super, bin aber auch keine Expertin. Hier zum Beispiel ein Foto im Nachtmodus, bei völliger Dunkelheit:
Mit Handys ist es mittlerweile fast wie mit der Mode: jedemal wenn du denkst es kann nicht mehr schlimmer kommen, kommt es schlimmer.