Und plötzlich geht alles sehr schnell: Nachdem monatelang hitzig über das 5G-Netz diskutiert wurde, legten Sunrise und Swisscom Mitte April den Schalter um und bescherten der Schweiz das erste kommerziell verfügbare 5G-Netz Europas.
Dumm nur, dass beim Start keine 5G-fähigen Smartphones verfügbar waren. Dieses Detail interessierte beim Schwanzvergleich – wer hat das erste, schnellste und grösste 5G-Netz – offenbar nicht.
Nun geht das prestigeträchtige Rennen um 5G in die zweite Runde: Schneller als gedacht tauchten letzte Woche in den Shops von Sunrise und Swisscom zeitgleich die ersten 5G-Handys auf. Swisscom kooperiert mit dem chinesischen Smartphone-Riesen Oppo, während bei Sunrise die ebenfalls chinesische Marke Xiaomi zum Handkuss kommt. Oppo und Xiaomi mögen bei uns (noch) wenig bekannt sein, zählen jedoch nach Samsung, Huawei und Apple zu den Top 5 der weltweit grössten Smartphone-Hersteller.
Sunrise hat uns das erste 5G-Smartphone der Schweiz, das Mi Mix 3 von Xiaomi, für einen Speed-Test zur Verfügung gestellt. Ein erster Test zeigt, dass das 5G-Netz der Nummer 2 im Markt selbst in Zürich und der Agglomeration erst sporadisch vorhanden ist (bei Swisscom dürfte es kaum besser aussehen). Wo 5G verfügbar ist, etwa beim Bahnhof Hardbrücke in Zürich, gehen die Speed-Werte allerdings durch die Decke, wie das folgende Video zeigt.
Bei unseren knapp 100 Testläufen an mehreren Standorten in Zürich, Oerlikon sowie in der S-Bahn nach Bülach fand das Handy nur ganz selten ein 5G-Signal. Im 5G-Netz erreicht das Mi Mix 3 maximale Downloadraten von 300 bis über 600 Mbit pro Sekunde. Beim Upload ist in aller Regel bei fünf bis 50 Mbit/s. Schluss. Ist das Smartphone mit dem 4G-Netz verbunden, sinkt die Geschwindigkeit auf unter 100 Mbit/s, teils gar unter 10 Mbit/s.
Die höchsten 5G-Geschwindigkeiten werden erwartungsgemäss im Freien erreicht. Im Zug, Tram oder in Innenräumen zeigte das Handy zwar teils auch 5G an, der Download kam aber nie über 100 Mbit/s hinaus. Solche Geschwindigkeiten sind problemlos auch im 4G-Netz möglich. Die Mobilfunkanbieter dürften das 5G-Signal mit zusätzlichen Sendeanlagen relativ rasch in Gebäude bringen, eine weitaus grössere Herausforderung stellen aber Züge dar. Hier müssen die SBB ihr Wagenmaterial mit 5G-Signalverstärkern und speziell beschichteten Fenstern erst noch 5G tauglich machen – und das könnte dauern.
Die absolute Top-Geschwindigkeit von über 1100 Mbit/s haben wir übrigens – und auch das überrascht wenig – in einem Sunrise Shop in Opfikon bei Zürich gemessen. Hier das Beweisfoto.
Theoretisch wären mit dem 5G-Netz von Sunrise und Swisscom Geschwindigkeiten bis knapp 2 Gbit/s (2000 Mbit/s) möglich. Im Alltag, so scheint es aufgrund unserer Versuche, sind aktuell Downloads bis 500 Mbit/s realistisch. Auch mit diesen Raten kann ein Album auf Spotify oder eine Netflix-Episode innert Sekunden heruntergeladen werden. Um Videos in hoher Qualität zu streamen, reichen bereits fünf bis 40 Mbit/s.
Wohl weit wichtiger als für Private ist das 5G-Netz für die Wirtschaft, da es für mehrere Zukunftstechnologien relevant werden dürfte.
Sunrise und Swisscom haben je eine Webseite aufgeschaltet, die zeigt, in welchen Orten 5G verfügbar ist. Gemeinden werden aufgeführt, sobald 80 Prozent der Einwohner ein 5G-Netz haben. Sunrise sagt, man versorge aktuell 173 Gemeinden mit 5G. Bei beiden Mobilfunkanbietern wird das Netz laufend ausgebaut, Ende Jahr sollen 90 Prozent der Bevölkerung 5G-Empfang haben. Wie schnell der Ausbau des 5G-Netzes wirklich voranschreiten kann, ist jedoch unklar: In den vergangenen Wochen haben die Kantone Waadt, Genf und Jura den Bau neuer Antennen sistiert.
Auf der Website des Bundesamtes für Kommunikation sind alle Mobilfunkantennen auf einer interaktiven Karte markiert: Jene, die 5G übertragen, aber auch 3G- und 4G-Antennen.
Die ersten 5G-Smartphones, die bereits in den Läden stehen, kommen von den chinesischen Smartphone-Riesen Oppo und Xiaomi. Huawei, LG und Samsung folgen.
Den ersten 5G-Handys ist gemein, dass sie sehr gross, sehr schnell und sehr teuer sind. Die Displays erreichen teils Diagonalen von über 7 Zoll. Dies verdeutlicht, dass sich die Geräte an Poweruser richten, die ihr Smartphone produktiv nutzen, oft spielen oder via 5G gestreamte Filme und Serien auf einem grossen Handy-Display konsumieren möchten.
Unsere ersten Eindrücke des Smartphones haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.
Der ausführliche Testbericht zum Huawei Mate 20 (ohne 5G) findet sich hier.
Weitere 5G-Smartphones:
Aktuell eher nicht. Davon abgesehen, dass die meisten Nutzer derzeit wohl kaum 5G-Speed im Alltag brauchen, ist das 5G-Netz bei Sunrise und Swisscom nur sporadisch und bei Salt überhaupt nicht verfügbar. Kommt hinzu, dass das Angebot an 5G-fähigen Smartphones nett gesagt überschaubar ist und die ersten Modelle noch sehr teuer sind (siehe Punkt 3).
In einem Jahr wird dies allerdings ganz anders aussehen: Sunrise und Swisscom wollen bereits bis Ende 2019 rund 90 Prozent der Bevölkerung mit 5G erreichen und bis in zwölf Monaten wird es auch günstigere 5G-Handys geben. Spätestens dann sollte man ein 5G-fähiges Gerät in Erwägung ziehen, da man in zwei, drei Jahren vielleicht doch froh ist, das neuere und stabilere 5G-Netz nutzen zu können.
Bei 5G geht es eben nicht nur um mehr Tempo, es ist auch weniger anfällig auf Störungen, bietet schnellere Reaktionszeiten und höhere Kapazitäten. Das heisst, weit mehr Menschen als heute können an einem Ort gleichzeitig das Mobilfunk-Netz nutzen. Der Hauptnutzen von 5G ist also nicht, dass man mit 1000 Mbit/s surfen kann, sondern dass die grössere Bandbreite auf viel mehr Nutzer und Geräte verteilt werden kann.
Schon heute lohnenswert kann 5G auch für all jene sein, die zu Hause keinen schnellen Glasfaser-Anschluss haben. In ländlichen Gebieten könnte ein 5G-Router eine sinnvolle Alternative zu einem langsamen Internet-Anschluss darstellen.
Ein 5G-fähiges Smartphone sowie ein Mobilfunk-Abo, das 5G unterstützt. Neuere Handy-Abos unterstützen in der Regel automatisch 5G, sobald das neue Netz verfügbar ist. Bei älteren und besonders günstigen Abos (z.B. M-Budget-Abo) wird die Geschwindigkeit teils gedrosselt, wie es schon bisher beim 4G-Netz der Fall ist.
Swisscoms aktuelle inOne-Abos unterstützen das 5G-Netz. Wer die maximale Geschwindigkeit will, muss sich aber eine Premium-Speed-Option für 10 Franken pro Monat dazu erwerben. Wer mehrere Geräte mit voller 5G-Leistung versorgen will, zahlt zusätzlich zum Abo 20 Franken pro Monat. Ob sich dies lohnt, sollte man sich gut überlegen, zumal die Bandbreite auch im 5G-Netz immer auf alle Nutzer in Reichweite einer Funkzelle verteilt wird.
Bei Sunrise profitieren Kunden ab dem Abo Freedom Swiss mit unlimitiertem Datenvolumen vom 5G-Netz. Wer die maximale Geschwindigkeit will, muss sich wie bei Swisscom eine Speed-Option für 10 Franken pro Monat dazu erwerben.
Private Nutzer profitieren von ultraschnellen Downloads, mehr Bandbreite, selbst wenn sich viele Menschen an einem Ort aufhalten und schnelleren Reaktionszeiten, was etwa flüssigere Video-Chats und Online-Spiele erlaubt. Ein zentraler Vorteil von 5G ist also die grössere Kapazität der Handyantennen, wodurch viel mehr Menschen als heute gleichzeitig auf das Netz zugreifen können. Dies ist insbesondere in Stosszeiten oder bei grossen Menschenmassen wie bei einem Fussballspiel wichtig.
5G ist zudem effizienter als ältere Mobilfunk-Standards, wodurch der Energieverbrauch gesenkt wird. Dieser Faktor wird immer wichtiger, da längst nicht mehr nur Handys, sondern Milliarden Maschinen, Geräte, Container, Autos etc. via 5G (untereinander) kommunizieren.
Der zentrale Vorteil des 5G-Netzes ist, dass es sich intelligent an den jeweiligen Erfordernissen der Geräte bzw. Anwendungen im Netz ausrichten kann, wie diese Grafik erläutert.
Ein Netflix-Stream in sehr hoher Bildqualität verlangt zum Beispiel eine schnelle Datenübertragung, bei der Steuerung von Drohnen, Robotern in Fabriken oder der Vernetzung selbstfahrender Fahrzeuge werden hingegen nur kleine Datenmengen übertragen, die aber mit möglichst geringer zeitlicher Verzögerung ankommen müssen.
In einer Fertigungshalle wiederum kann 5G besonders viele Dinge und Maschinen gleichzeitig verbinden und in der Warenlogistik ist eine stromsparende Anbindung sehr vieler Elemente (z.B. Container) an das 5G-Netz zentral.
Nein. Das 5G-Netz nutzt vorerst nur Frequenzen, die im Bereich der bisherigen Mobilfunk-, TV- und WLAN-Frequenzen liegen. 5G wird also in den selben Spektren betrieben wie die Vorgängertechnologien 2G bis 4G. Die eigentlich kritisierten, viel höheren Frequenzen stehen in der Schweiz für den Mobilfunk der fünften Generation in den nächsten Jahren gar nicht zur Verfügung. Mit 5G ist die Gefahrenlage für Mensch, Tier und Umwelt somit vergleichbar wie mit den alten Netzen, die teils seit drei Jahrzehnten bestehen.
Insgesamt hat sich die durchschnittliche Strahlenbelastung in den letzten Jahren trotz stark steigendem Datenverkehr nicht signifikant erhöht. Dies liegt daran, dass moderne Smartphones und neue Mobilfunknetze die Frequenzen effizienter nutzen. Das heisst, 5G kann mit der gleichen Anzahl Frequenzen und mit der gleichen Strahlenintensität mehr Daten übertragen als alte Netze.
Zwar werden 5G-Netze künftig auch bei uns höhere Frequenzen nutzen, die noch schnellere Geschwindigkeiten erlauben. Aber auch diese Strahlen können, so der aktuelle Stand der Wissenschaft, keine krebsverursachenden Mutationen auslösen. Dies im Unterschied zu weit ernergiereicheren UV- oder Gamma-Strahlen.
Laut Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) ist bislang nur ein für den Menschen schädlicher Effekt von Mobilfunkstrahlung zweifelsfrei nachgewiesen: Die Erwärmung des Körpergewebes. Dies betrifft die Strahlung des Handys, wenn es direkt am Körper gehalten wird. Zwar strahlen moderne Smartphones weit weniger als alte 2G-Handys, aber sie werden auch viel häufiger und länger benutzt. Besonders viele Strahlen bekommen Pendler in vollbesetzten Zügen ab, da viele Handys auf kleinem Raum aktiv sind und sich ständig in neuen Funkzellen anmelden. Zudem ist der Empfang im öffentlicher Verkehr oft schlecht, was die Strahlenbelastung weiter erhöht. Bei gutem Empfang hingegen reduzieren Smartphones ihre Sendeleistung.
Wichtig: Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko gibt es keine. Die Weltgesundheitsbehörde WHO bezeichnet hochfrequente Mobilfunkstrahlen dennoch als «möglicherweise krebserregend». Dies, weil sich die krebserregende Wirkung zwar nicht beweisen, aber auch noch nicht völlig ausschliessen lässt. Theoretisch könnten Menschen erst nach 50 oder mehr Jahren erkranken.
Stand heute gilt: Schädliche Wirkungen des Mobilfunks auf Menschen konnten in Tausenden von Studien nie nachgewiesen werden. Bestünde ein klarer Zusammenhang, hätte die Krebsrate in den letzten Jahren steigen müssen. Dies sei nicht geschehen, schreiben Martin Röösli und seine Kollegen vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut in einer neuen, von der «NZZ am Sonntag» zitierten Studie.
Es ist lächerlich, dass man per Festnetz, nicht mehr als 40/10 mbit/s bekommen kann in URI über die Swisscom