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Tesla-Ingenieur gesteht: Spektakuläres Autopilot-Video war inszeniert

Teslas Demo-Video für selbstfahrende Autos entsprach nicht der Realität.
Teslas Demo-Video für selbstfahrende Autos entsprach nicht der Realität. bild: tesla

Tesla-Ingenieur räumt Täuschung mit Autopilot-Video ein

Das Model X fährt von selbst, so pries Tesla 2016 sein Autopilot-System an. Doch ein Video, das die Fähigkeiten beweisen sollte, war inszeniert. Ein leitender Ingenieur gab das Täuschungsmanöver nun vor einem US-Gericht zu.
18.01.2023, 21:2718.01.2023, 23:11
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Im Oktober 2016 bewarb Tesla seine Autopilot-Funktion mit einem aufsehenerregenden Video: Es zeigte, wie ein Tesla Model X scheinbar mühelos autonom durch die Strassen Kaliforniens pilotiert. Der Tesla stoppt selbstständig an einer Ampel, hält für Fussgänger und parkt ein. Das Video beginnt mit der Botschaft: «Die Person, die auf dem Fahrersitz sitzt, ist nur aus rechtlichen Gründen dort. Er unternimmt nichts. Das Auto fährt selbst.»

Doch was Tesla vor sieben Jahren als Durchbruch beim autonomen Fahren anpries, entsprach nicht der damaligen Realität. Die vermeintlich selbstständige Fahrt wurde für das Video teils inszeniert. Dies räumte der zuständige Entwicklungschef Ashok Elluswamy in einer gerichtlichen Anhörung vom Juni 2022 ein. Das Protokoll seiner Aussage (PDF) wurde am Mittwoch von der Nachrichtenagentur Reuters publik gemacht.

Demnach verliessen sich die Telsa-Ingenieure nicht auf die während der Fahrt aufgenommenen Daten von Kameras und Sensoren. Stattdessen griff das System auf vorab aufgezeichnete 3D-Informationen der Strecke zurück. Anders gesagt: Mit der damaligen Autopilot-Software wäre das Video nicht möglich gewesen.

Tesla-Chef Elon Musk teilte das Video am 20. Oktober 2016 auf Twitter und schrieb: «Der Tesla fährt selbstständig (ganz ohne menschliches Zutun) durch städtische Strassen und über Autobahnen und findet dann einen Parkplatz.»

Das inszenierte Video ist bis heute auf Teslas Webseite abrufbar.Video: Vimeo/Tesla

Die Trickserei flog auf, weil der am Video beteiligte Tesla-Ingenieur Elluswamy in einem Prozess gegen Tesla aussagen musste. Das Model X im Video fuhr demnach nicht mit der damals von Tesla eingesetzten Autopilot-Technologie.

Musk wollte Demo-Video haben

Der Tesla-Ingenieur beschreibt in seiner Aussage detailliert, wie das Video produziert wurde. So bezeugte er etwa, das Autopilot-Team habe auf Wunsch von Musk eine «Demonstration der Fähigkeiten des Systems» entwickelt und aufgenommen. Der Tesla im Video habe sich auf einer vorher festgelegten Route bewegt und wäre nicht fähig gewesen, eine andere Strecke autonom zu fahren. Die Testfahrer hätten dennoch mehrmals eingreifen müssen. Beim Versuch, zu zeigen, dass das Model X selbstständig ohne Fahrer einparken könne, sei ein Testwagen in einen Zaun auf dem Tesla-Parkplatz gekracht. Anders als im Video gezeigt, konnte der damalige Autopilot auch nicht an Strassenampeln stoppen.

«Die Absicht des Videos bestand nicht darin, genau darzustellen, was den Kunden 2016 zur Verfügung stand. Es sollte zeigen, was möglich war, in das System einzubauen», sagte Elluswamy aus. Bei Tesla klang dies 2016 gänzlich anders.

Die «New York Times» berichtete bereits 2021 unter Berufung auf anonyme Quellen, dass Tesla das Video inszeniert hatte ohne die Entstehung offenzulegen. Nun wurden diese Vorwürfe zum ersten Mal von einem Tesla-Mitarbeiter offiziell bestätigt. Auf die Frage, ob das Video aus dem Jahr 2016 die Leistung des Tesla Autopilot-Systems zeige, das damals in einem Serienfahrzeug verfügbar war, sagte Elluswamy: «Nein, das tut es nicht.»

Seine Aussage dient als Beweismittel in einem Prozess gegen Tesla, der den tödlichen Unfall von Apple-Ingenieur Walter Huang aus dem Jahr 2018 untersucht. Huang war damals in seinem Tesla mit aktiviertem Autopilot verunglückt.

Elluswamy, Musk und Tesla reagierten laut Reuters nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Ende 2021 berichtete die «New York Times», Musk habe im Streben nach voll autonom fahrenden Autos immer wieder interne Warnungen seiner Ingenieure ignoriert und Bedenken beiseite gewischt.

Tesla sieht sich wegen seiner Fahrerassistenzsysteme in mehreren Ländern mit Gerichtsverfahren und behördlichen Untersuchungen konfrontiert.

In Kalifornien ist es Tesla seit 2022 untersagt, seine Autos als «vollkommen autonom» zu bewerben. In Deutschland scheiterte 2022 eine Klage, die es Tesla verbieten wollte, mit den Begriffen «Autopilot» und «volles Potenzial für autonomes Fahren» zu werben.

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Tesla weist Kundinnen und Kunden darauf hin, dass sie ihre Hände am Lenkrad lassen und die Kontrolle über ihr Fahrzeug behalten müssen, während sie den Autopiloten verwenden.

(oli)

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30 Kommentare
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Roro Hobbyrocker
18.01.2023 22:32registriert August 2016
Gemäss neusten Aussagen sind wir noch mindestens 30 Jahren vom vollautonomen Fahren wegen.
Momentan gibt es wenige Fahrzeuge die in der Autonomiestufe 3 sind (übrigens kein Tesla). Es gibt total 5 Stufen und mit jederer Stufe benötigt es mindestens doppelt soviel Zeit wie nach bei der vorgängigen Stufe benötigte. Es wird somit für mich vermutlich nur ein Traum bleiben.
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Sir Lancelot
18.01.2023 22:29registriert Mai 2021
Fake it till you make it.
Ist ja nicht so, dass Tesla die einzige Firma wäre, die Produkte oder Features verspricht, welche bei der Ankündigung bereits marktreif sind.
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