Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine wurde allgemein angenommen, dass sich die Internet-Verfügbarkeit rasch verschlechtern würde. Selbst wenn der Cyberkrieg das Netz nicht in die Knie zwingen würde, lag die Vermutung nahe, «dass die physischen Zerstörungen in vielen Landesteilen das Internet an den Rand des Zusammenbruchs bringen könnte», schreibt das deutsche Tech-Portal golem.de.
Die Realität nach zwölf Wochen Krieg sieht anders aus: Das Netz hält stand. Der angesehene Internet-Experte Emile Aben zeigte diese Woche anhand verschiedener Datenquellen auf, dass das Internet in der Ukraine beschädigt, aber weiter funktionsfähig ist. Der Blick auf das Internet-Monitoring-System IODA offenbare, dass das Netz mit Ausnahmen wie im zerstörten Mariupol gut funktioniere.
Es gibt nicht nur weniger Ausfälle als befürchtet, sie sind auch örtlich und zeitlich begrenzt. Dafür gibt es laut Aben, der als Ingenieur und Forscher bei der unabhängigen Internet-Verwaltungsorganisation RIPE Network Coordination Centre (NCC) arbeitet, mehre Gründe.
Eine Hauptursache für die Widerstandsfähigkeit des ukrainischen Internets ist laut Aben dessen dezentrale Struktur. In der Ukraine soll es über 900 Internet-Provider geben, sprich sehr viele kleine und lokale Provider, schreibt das deutsche Tech-Portal heise.de. 55 Prozent der Anbieter haben einen Marktanteil von unter 1 Prozent. Die Ukraine hat somit, anders als die Schweiz, eine extrem geringe Marktkonzentration.
Warum ist das wichtig? «Es gibt keine marktbeherrschenden Akteure. Wenn also ein einzelnes Netz ausfällt, hat dies relativ geringe Auswirkungen auf das gesamte Netz», sagt Aben. Russische Hackertruppen müssten deshalb einen enormen Aufwand betreiben, um einen Grossteil des Netzes auszuschalten. Ein Vorteil sei auch, dass sich die Netzinfrastruktur grösstenteils in ukrainischer Hand befinde, und nicht etwa russischen Firmen gehöre.
Hinzu komme, dass in der Ukraine insgesamt 19 Internetknoten für eine gute Vernetzung sorgen. An einem Internetknoten sind mehrere Provider so zusammengeschlossen, dass sie den Datenverkehr zwischen ihren jeweiligen Netzen austauschen können. Wiederum wichtig: In der Ukraine ist keiner dieser 19 «Verkehrsknotenpunkte» von herausragender Bedeutung oder dominant. Durch den Ausbau des Glasfasernetzes mit vielen Redundanzen komme es meist nur zu lokalen und nicht besonders schwerwiegenden Ausfällen.
Trotz allem ist das Internet auch in der Ukraine nicht unverwundbar. Die physische Zerstörung von Internetverbindungen und regionale Stromausfälle sind im Krieg unausweichlich. Ein Internet-Provider in Mariupol ging beispielsweise schon am 28. Februar offline. Davon waren aber nur 0,3 Prozent der Bevölkerung betroffen.
Laut Aben leisten die Ingenieure in der Ukraine unglaubliche Arbeit, um die Reparaturen unter äusserst schwierigen Bedingungen durchzuführen. «Bekannt sind dabei zahlreiche Bilder von Mitarbeitern der Provider, die in den Trümmern des Kriegs neue Leitungen legen und zerrissene Kabel wieder verbinden, um eine schnelle Versorgung herstellen zu können», schreibt golem.de. Bereits kurz nach Kriegsbeginn haben Technikerinnen und Techniker verschiedener Provider begonnen, zusammenzuarbeiten, um einander zu helfen.
Nicht nur das dezentrale Internet in der Ukraine, auch «Hingabe, Mut und Ausdauer» hielten das Land seit drei Monaten online, sagt Aben.
Und was ist mit Satelliten-Internet? Elon Musks Starlink-Internet über Weltraumsatelliten hat in den letzten Wochen Schlagzeilen gemacht. Es spielt mutmasslich eine wichtige Rolle für das ukrainische Militär, Rettungsdienste und Spitäler, die eine Starlink-Empfangsstationen erhalten haben. Betrachte man aber den gesamten Internetverkehr, habe Musks Satelliteninternet keine messbare Rolle gespielt, erklärt Aben, der auf die «Vermessung» des Internets spezialisiert ist. Ohne sogenannte Terminals (Empfangsgeräte) geht nichts. Dennoch habe er punktuelle Beispiele gesehen, in denen das Satelliteninternet in Notsituationen geholfen habe. «In Mariupol habe es beispielsweise einen eingekesselten Bereich gegeben, der nur noch per Starlink-Terminal Kontakt zur Aussenwelt aufrechterhalten konnte», zitiert t-online den Internet-Experten.
Netzwerk-Experte Tim Stronge hierzu: «Es besteht kein Zweifel, dass diese Terminals nützlich sein können, aber die Satellitenkommunikation ist ein Tropfen auf den heissen Stein im Vergleich zu Glasfasernetzen, die weitaus mehr Verkehr bewältigen können als Satelliten.»
Elon Musk Weltraumfirma SpaceX hatte zu Beginn des Kriegs mehrere tausend Terminals zum Empfang des Satelliteninternet-Dienstes Starlink in die Ukraine geschickt. Wie eine Recherche der «Washington Post» aufdeckte, allerdings massiv finanziell unterstützt durch die US-Regierung. SpaceX hatte dies zunächst verschwiegen und die Aktion als wohltätige Geste dargestellt.
Um das Internet weiterhin aufrecht zu halten, ist die Ukraine wohl auf weitere Technikspenden aus dem Ausland angewiesen. Zerstörtes Equipment muss ersetzt werden. Freiwillige der sogenannten NOG Alliance haben deshalb eine Spendenwebseite ins Leben gerufen. Ukrainische Internet-Provider können so ihren Bedarf an Komponenten melden und Provider aus dem Ausland können diese spenden. Freiwillige Helfer aus der Netzwerk-Branche übernehmen teils den Transport in die Ukraine. Besonders gefragt seien derzeit Spleissgeräte, um defekte Glasfaserkabel zu reparieren. Die NOG Alliance sammelt daher auch Spendengelder, von denen solche Geräte gekauft werden.
Ebenfalls gefragt sind Starlink-Satellitensysteme, Stromgeneratoren, Router oder Walkie-Talkies. Auch Schweizer Provider wie Init7 unterstützen ihre ukrainischen Kollegen. Man habe vor rund zwei Wochen ein Spleissgerät, um unterbrochene Glasfaserkabel zu reparieren, für die Ukraine gespendet, sagt Firmengründer Fredy Künzler.
Das Internet in der Ukraine hält sich wacker. Wie aber sähe dies in der Schweiz aus?
«Die Dominanz von Swisscom, Sunrise UPC und Salt mit aggregiert über 90 Prozent Marktanteil kann problematisch sein», sagt Init7-Chef Künzler. Das bemerke man, wenn es bei Swisscom «chlöpft», dann seien immer sehr viele Leute betroffen. Dazu komme, dass bei uns viele kleinere Provider auf Elektronik von Swisscom setzten.
Als Kundin und Kunde könne man die Ausfallsicherheit verbessern, wenn man Mobilfunk und Breitband nicht beim selben Provider buche. «Natürlich sind solche ‹Bündelverträge› bequem, aber man sollte nicht alle Eier ins selbe Körbchen legen», sagt Künzler. Er gibt zu bedenken, dass beispielsweise Marken wie M-Budget und Wingo im Swisscom-Netz laufen oder Yallo, Digitec Connect, Lebara etc. im Sunrise-Netz. Was nach Diversität aussieht, ist in Wirklichkeit mehr vom Gleichen.
Dadurch konnten viele der absolut verwerflichen und befremdlichen Schandtaten geteilt werden. Stand with Ukraine 🇺🇦
Diese Russen Orks werden ihre Strafe kriegen.
Karma 💫