Biden schraubt US-Zölle für E-Autos aus China auf 100 % 😱 – so reagieren China und die EU
Was ist passiert?
US-Präsident Joe Biden versperrt Elektroautos aus China den Weg in die USA mit Sonderzöllen von 100 Prozent. Bislang wurden chinesische Autos mit 25 Prozent besteuert. Zudem verhängt die US-Regierung neue oder stark erhöhte Zölle unter anderem für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel wie Kanülen und Schutzmasken.
Warum erhöhen die USA die Zölle für China-Produkte?
China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, hiess es bei der Ankündigung der US-Regierung am Dienstag. Die Massnahmen seien zugleich auf einige strategisch wichtige Bereiche beschränkt.
Biden strebe ein stabiles Verhältnis zu China an, versicherte die Direktorin des Nationalen Wirtschaftsrats des Weissen Hauses, Lael Brainard, vor Journalisten. Sie wollte nicht über mögliche Vergeltungsmassnahmen aus Peking spekulieren. Der US-Regierung zufolge sind Einfuhren aus China im Volumen von 18 Milliarden Dollar von den neuen Massnahmen betroffen.
Für chinesische Elektroautos galten in den USA bereits Zölle von 25 Prozent, die sie – anders als in Europa – von dem Markt fernhielten. Chinesische Hersteller bekämen unfaire Subventionen und könnten dadurch mit billigen Fahrzeugen den Wettbewerb verzerren, sagte Bidens Wirtschaftsberaterin Brainard. Die chinesischen Elektroauto-Exporte seien 2023 um 70 Prozent gestiegen - und das gefährde die Investitionen in anderen Ländern, argumentiert die US-Regierung. «Der Präsident wird das hier nicht zulassen», sagte Brainard.
Wer profitiert davon?
Insbesondere der unter Druck stehenden US-Elektroauto-Hersteller Tesla. Tesla-Chef Elon Musk warnte bereits Anfang des Jahres vor der Übermacht chinesischer Hersteller: «Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören.»
Weitere Profiteure sind alle Autohersteller, die in den USA bereits eigene Werke haben, die sie zu E-Autofabriken umbauen können: nebst GM und Ford auch europäische Hersteller wie VW.
Wer verliert?
In erster Linie die aufstrebenden chinesische E-Auto- und Akku-Hersteller wie BYD und CATL, die auf den lukrativen US-Markt verzichten müssen, sofern sie nicht weitere eigene Fabriken in den USA bauen. Die Zölle sollen also auch erreichen, dass zusätzliche (chinesische) E-Auto- und Akkufabriken in den USA entstehen.
Zumindest theoretisch gehören auch die US-Konsumenten zu den Verlierern, da sie nicht von günstigeren chinesischen E-Autos profitieren können, was letztlich die Mobilitätswende und somit die Reduktion der CO₂-Emissionen in den USA verlangsamen könnte. In der Praxis hatten aber bereits die bisherigen US-Zölle den Markteintritt chinesischer E-Autobauer grösstenteils verhindert.
Der geringere Druck durch günstige chinesische Rivalen könnte generell den Wandel der US-Autobranche hin zur E-Mobilität verzögern.
Warum kommt die Entscheidung jetzt?
In den USA steht in diesem Jahr die Präsidentschaftswahl an und patriotische Entscheidungen helfen erfahrungsgemäss dem amtierenden Präsidenten.
Biden habe in seiner Heimatstadt Scranton im Bundesstaat Pennsylvania gesehen, was passiere, wenn die Produktion in andere Länder abwandere, sagte die Handelsbeauftragte. Deshalb wolle er für fairen Wettbewerb sorgen. Biden, der sich im November zur Wiederwahl stellen will, machte in seiner Amtszeit Dutzende Milliarden für Investitionen unter anderem in die Chipbranche, Infrastruktur und Fertigung locker. Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Importe aus China mit Zöllen belegt.
Welche weiteren Sonderzölle führen die USA ein?
- Solarzellen: Die Zölle steigen in diesem Jahr von 25 auf 50 Prozent. Die chinesischen Produktionskapazitäten in dem Bereich seien auf dem Weg, doppelt so hoch wie die kurzfristig erwartete globale Nachfrage zu sein, warnte Brainard. Auch dies gehe auf unfaire Praktiken zurück. In jedem Produktionsschritt kontrolliere China mehr als 70 Prozent der globalen Kapazität - und das gefährde die Versorgungssicherheit. In Deutschland schloss unter anderem die Schweizer Solar-Firma Meyer Burger ihren Produktionsstandort mit Verweis auf den Preisdruck aus Fernost.
- Batterien: Bei Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos sollen die Zölle in diesem Jahr von 7,5 auf 25 Prozent steigen. Bei solchen Batterien für andere Technik wird die Erhöhung bis 2026 aufgeschoben. Zudem gibt es Zölle von 25 Prozent für einige Elektronik-Bauteile wie Magnete.
- Halbleiter-Chips: Die Zölle sollen bis zum Jahr 2025 von 25 auf 50 Prozent steigen. Aus China kommen in die USA zwar nicht die modernsten Chips - aber Halbleiter-Technik aus älteren Produktionsprozessen, die etwa in Autos oder Hausgeräten zum Einsatz kommt. Biden nimmt zugleich 39 Milliarden Dollar in die Hand, um neue Chip-Fabriken in den USA zu subventionieren. Das wird auch als Frage der nationalen Sicherheit gesehen.
- Hafenkräne: Für die grossen Maschinen, die Schiffe be- und entladen, werden neue Zölle von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung will wieder mehr Hafenkräne im eigenen Land bauen. Im vergangenen Jahr gab es auch Warnungen, die in China gebaute Technik könne die Gefahr von Spionage oder Sabotage bergen.
- Medizinprodukte: Für Spritzen und Nadeln wird neu ein Zoll von 50 Prozent eingeführt. Für einige Schutzmasken steigen die Zölle von bislang maximal 7,5 Prozent auf 25 Prozent. Bei medizinischen Handschuhen wird die Erhöhung von 7,5 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2026 aufgeschoben.
- Stahl und Aluminium: Für einige Metallprodukte steigen die Zölle von 7,6 auf 25 Prozent. Brainard verwies unter anderem darauf, dass die chinesische Stahlindustrie auf Produktionsprozesse mit höherem CO2-Ausstoss setze, während amerikanische Hersteller in klimafreundlichere Technologien investierten.
Wie reagiert China?
Nach der Ankündigung höherer Sonderzölle hat China den USA ein Wahlkampfmanöver vorgeworfen. «Die neu angekündigte Zollerhöhung ist vor allem eine symbolische Geste, mit der die Regierung Biden versucht, inmitten des immer härter werdenden Wahlkampfs um die Präsidentschaftskandidatur gegenüber China hart aufzutreten», schrieb die amtliche chinesische Staatsagentur Xinhua am Dienstag nach Bekanntgabe der Zölle durch die US-Regierung.
Die aktuellen Zölle, die erstmals vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump 2018 eingeführt und nun von der Biden-Administration angepasst wurden, hätten chinesische Fahrzeuge bereits effektiv vom US-Automarkt ferngehalten.
Der chinesische Staatssender CCTV sprach von einem «Missbrauch handelsprotektionistischer Massnahmen durch die USA». Er werde die Modernisierung der US-Autoindustrie ernsthaft behindern. Auch für die Verbraucher seien negative Auswirkungen zu erwarten. Zudem würden die weltweiten Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel untergraben.
Was unternimmt die EU?
Die EU-Kommission hat zurückhaltend auf neue US-Sonderzölle gegen Elektroautos aus China reagiert. Die Behörde nehme die Entscheidung der Amerikaner zur Kenntnis und prüfe, welche Auswirkungen diese auf die EU haben könnte, sagte ein Sprecher der Kommission am Dienstag in Brüssel.
Die EU untersucht derzeit selbst, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Eine Entscheidung, ob die EU ebenfalls neue Strafzölle erhebt, steht noch aus.
Die EU erhebt schon jetzt Einfuhrzölle auf chinesische E-Autos, was die Preise für China-Autos bei uns verteuert und mit ein Grund ist, warum chinesische Marken bislang in Europa nur bedingt erfolgreich sind.
Anfang vergangener Woche zeigte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Dreiertreffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris entschlossen. «Wir werden unsere Firmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen, wir werden nie zögern das zu tun, wenn das nötig ist», sagte die deutsche Spitzenpolitikerin.
Insbesondere deutsche Autokonzerne hatten sich kritisch zu EU-Strafzöllen gegen China geäussert. Anders als etwa französische Autobauer haben VW, BMW und Mercedes in China eine starke Position. Sie befürchten daher Vergeltungsmassnahmen, die ihr wichtiges China-Geschäft gefährden würde.
(oli/sda/awp/dpa)