Zerstörte Sanitäranlagen im Gästebereich, Bierbecherwürfe auf Polizisten und frauenfeindliche Banner.
Fans von Dynamo Dresden haben sich am Samstag während des Auswärtsspiels beim FC St.Pauli (1:1) nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Der Sachschaden der zerstörten Toiletten liegt laut einer ersten Schätzung bei 10'000 Euro. In den Bierbechern, die die Dynamo-Fans schmissen, soll teilweise Urin gewesen sein. Die Banner waren mehr als geschmacklos.
St.-Pauli-Fan Nancy Messina war am Samstag nicht im Stadion. Seit sie von Lüneburg ins Oldenburger Land gezogen ist, habe sie nicht mehr so oft die Gelegenheit, zu St.Pauli-Spielen zu gehen, sagt sie im Gespräch mit watson.
Die sexistischen Banner der Dresden-Fans hat die 36-Jährige, die seit 13 Jahren zu St.Pauli hält, erst im Nachhinein gesehen. Freunde, die am Samstag im Millerntor-Stadion waren, hätten ihr davon erzählt und Bilder geschickt – Nancy war geschockt von den Spruchbändern.
Wäre sie im Stadion gewesen, ihre Kinnlade wäre wohl auf die Betonstufen der Tribüne geknallt: «Mich hat das angewidert, das hat mir die Sprache verschlagen. Und obwohl ich nicht einmal im Stadion war, habe ich mich durch diese Sprüche aus der Ferne persönlich angegriffen gefühlt.»
Dann sei ihr ein «Blitzgedanke» gekommen, wie sie sagt. Ihre Idee: Beim St.-Pauli-Auswärtsspiel in Dresden sollten nur Frauen im Gästeblock stehen – «als Antwort auf diese sexistischen Banner und als Zeichen für alle Frauen, die gerne ins Stadion gehen».
Am Sonntag nach dem Spiel gründete Nancy sofort eine entsprechende Facebook-Gruppe, um auf ihre Idee aufmerksam zu machen: »FCSP – der DD Gästeblock für unsere Frauen! ☠️❤️🤘🏻"
«Ich kann gar nicht einschätzen, ob wir das durchsetzen können, aber es ist natürlich ein grosser Traum. Ich hoffe, dass das klappt, ich brenne dafür», meint Nancy.
Es hänge nun davon ab, inwiefern sie von den Ultras unterstützt werden, mit ihnen soll es bald ein Gespräch über die Idee geben. «Natürlich hoffen wir auch sehr auf die Unterstützung unserer Männer», sagt Nany.
Die Resonanz auf Facebook ist jedenfalls gross: Innerhalb der ersten zwei Stunden hatte die Gruppe bereits über 150 Mitglieder, am Montagmittag waren es schon mehr als 400.
Als Gründerin der Gruppe und Ideengeberin will Nancy in den kommenden Tagen eine Art Organisationsteam zusammenstellen, das die Sache vor Ort ins Rollen bringt.
Falls es mit einem reinen Frauen-Gästeblock nicht klappen sollte, werde es aber zumindest andere Aktionen geben, die auf die sexistischen Banner der Dresdner Bezug nehmen sollen. «Wir haben ganz viele kreative Köpfe im Verein. Ich denke, da wird's schon eine gute, lustige Aktion geben».
Die Einfälle in Nancys Facebook-Gruppe sind schon mal ziemlich gut: Ein Mitglied schlägt vor, dass alle – Männer und Frauen – in Dresden mit Kochschürzen bekleidet im Block stehen könnten. Jemand anderes bringt weibliche «Capos» ins Spiel. Auch der Vorschlag für ein Banner mit der Aufschrift «Ich muss heut' nicht kochen – das macht bei mir der Jochen» wurde innerhalb der Gruppe ins Spiel gebracht.
Auch die Solidarität männlicher Fans ist gross: So hat ein St.-Pauli-Anhänger in der Gruppe schon angeboten, einer Frau fürs Dresden-Spiel seine Auswärts-Dauerkarte zu sponsern.
Nancy will mit der Aktion mindestens ein Zeichen setzen: «Wir wollen zeigen, dass wir Frauen auch ein grosser Bestandteil im Fussball sind und dass solche minderbemittelten Banner nichts in Stadien zu suchen haben – wir leben im Jahr 2018!»
Deswegen will sie auch spätestens bei der Auswärtspartie in Dresden wieder mal im Stadion dabei sein. Ob dann nur Frauen oder auch Männer im Gästeblock stehen, das sei zweitrangig...
(as/sid/dpa)