Warum Donald Trump nicht debattieren will
Seit dem legendären Duell zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon gehören TV-Debatten vor den Wahlen zur amerikanischen Politik wie Ice Cream zu Apple Pie. Am 23. August will Fox News den Reigen der republikanischen Kandidaten in den Vorwahlen starten. Einer wird dabei jedoch wahrscheinlich fehlen: Donald Trump.
Für den Murdoch-Sender ist dies ein herber Schlag. Eine TV-Debatte der Kandidaten der Grand Old Party (GOP) ohne Trump ist wie ein Auftritt der Rolling Stones ohne Mick Jagger. Doch der Ex-Präsident hat bereits angekündigt, dass er nicht auf der Bühne stehen wird; und für einmal hat er zum Leidwesen von Fox News gute Gründe:
- Für die meisten Kandidaten sind die TV-Debatten ein wichtiges Instrument, sich einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Das gilt etwa für Doug Burgun, den Gouverneur aus dem Bundesstaat North Dakota. Ausserhalb seiner engeren Heimat kennt ihn wirklich keiner. Oder für Asa Hutchinson, Ex-Gouverneur aus Arkansas, oder Vivek Ramaswamy, einen Hedge-Fonds-Manager, der sich aus unerfindlichen Gründen Hoffnungen macht, im Januar 2025 ins Weisse Haus einziehen zu können. Wenn Donald Trump jedoch eines nicht nötig hat, dann «name recognition». Jede und jeder und auch deren Hund und Katze kennen ihn.
- Ein politisches Programm muss Trump ebenfalls nicht vorlegen, zumal er gar keines hat. Bei den letzten Wahlen hat die GOP gar auf ein Wahlprogramm verzichtet, zu erratisch hatte der Ex-Präsident in seiner ersten Amtsperiode agiert. Die Trump-Anhänger interessieren sich zu keinem Deut für politische Inhalte. Für sie ist ihr Idol primär ein Entertainer, der etwas Unterhaltung in ihren langweiligen Alltag bringt.
- Der inzwischen 77-jährige Trump muss befürchten, dass er neben Ron DeSantis, seinem wichtigsten Herausforderer, im wahrsten Sinn des Wortes alt aussieht. Der Gouverneur aus Florida ist erst 44 Jahre alt. Auch Chris Christie könnte dem Ex-Präsidenten gefährlich werden. Der ehemalige Gouverneur aus New Jersey ist nicht nur der einzige Kandidat, der Trump offen angreift. Er ist auch ein gewiefter Debattierer und hat auch 2016 den damals aufstrebenden Marco Rubio vor laufenden Kameras in dessen Einzelteile zerlegt.
- Trump weiss, dass Fox News ihn weit nötiger hat als umgekehrt. Und er ist sauer auf den Murdoch-Sender, weil dieser seiner Meinung nach DeSantis viel zu viel Sendezeit einräumt. «Sorry Fox News, so funktioniert das Leben nicht», schrieb der Ex-Präsident auf seiner Plattform Truth Social.
- Das wohl gewichtigste Argument sind jedoch die Resultate der Meinungsumfragen. Trump liegt derzeit in der Gunst der republikanischen Wähler so weit voraus, dass er schlicht nicht auf Debatten angewiesen ist.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Trump die Kandidaten-Debatte schwänzen würde. Weil ihn 2016 Megyn Kelly, damals eine Starmoderatorin bei Fox News, bei der ersten Debatte in Rage gebracht hatte, blieb er der zweiten fern. Erst als die Bosse von Fox News bei ihm zu Kreuze gekrochen waren, machte er wieder mit. Auch diesmal wird er alles unternehmen, um den Murdoch-Sender seinem Willen gefügig zu machen.
So sehr sich Trump in Sachen TV-Debatten ziert, so sehr geht er bei seinen Rallys wieder in die Vollen. An diesen Wahlveranstaltungen hat er nichts zu befürchten. 50’000 seiner Fans sind am vergangenen Wochenende nach Pickens, einem 3000-Seelen-Kaff im Bundesstaat South Carolina, gepilgert, um sich einmal mehr 90 lange Minuten lang anzuhören, wie der Ex-Präsident die Demokraten, Joe Biden, den Sonderermittler Jack Smith, das FBI und den Deep State beschimpfte.
Ähnliche Pöbeleien sondert Trump regelmässig auch auf seiner sozialen Plattform ab. Wenig Freude daran dürften seine Anwälte haben, denn alles, was der Ex-Präsident öffentlich äussert, kann vor Gericht gegen ihn verwendet werden. Und juristisch gesehen sieht Trumps Lage bereits jetzt miserabel, ja geradezu hoffnungslos aus.
Die Anklage von Jack Smith gegen ihn ist nach Ansicht der Experten so überzeugend, dass der Ex-Präsident vor Gericht chancenlos zu sein scheint. Selbst sein ehemaliger Justizminister William Barr erklärt, sollte nur die Hälfte der Anklagepunkte zutreffen, dann sei Trump «toast», will heissen: erledigt. Dazu kommt, dass der Sonderermittler wahrscheinlich demnächst mit einer zweiten Anklage wegen Aufruhrs am 6. Januar 2021 nachlegen wird.
Nur der Einzug ins Weisse Haus kann voraussichtlich verhindern, dass Trump seinen Lebensabend in einem orangen Gefängnisanzug verbringen muss. Daher setzt der Ex-Präsident alles auf die Karte Politik, und daher könnte er letztlich – allen Dementis zum Trotz – zu den Vorwahl-Debatten erscheinen.
