Einmal abgesehen von der Sklavenfrage war George Washington ein Glücksfall für die USA. Der erste amerikanische Präsident war so integer, dass er nicht fähig gewesen sein soll, zu lügen. Er hatte keine eigenen Kinder, daher stellte sich nie die Frage nach einer Dynastie. Und er trat nach zwei Amtszeiten freiwillig zurück. Damit begründete er eine Tradition, die jahrhundertelang von all seinen Nachfolgern eingehalten und erst 1951 im 22. Zusatzartikel der Verfassung gesetzlich abgesichert wurde.
Washingtons Vorbild hat mitgeholfen, dass die amerikanische Demokratie zwar immer wieder dunkle Phasen durchlitten hat, bisher jedoch nie kollabierte. Die Warnung von Benjamin Franklin, einem anderen Gründungsvater – «Ihr habt jetzt eine Republik – wenn ihr sie erhalten könnt» – wurde eingehalten. Absolute Macht, im schlimmsten Fall gar ein König, war bis anhin der politische Albtraum der Amerikaner.
Auftritt Donald Trump. Der wiedergewählte US-Präsident will ganz offensichtlich die Dreiteilung der Macht – Exekutive, Legislative und Judikative – seinen Gunsten umbiegen und strebt einen präsidialen Absolutismus an. Er tut dabei, was selbst der letzte Bösewicht im Weissen Haus, Richard Nixon, nicht wagte, er legt Hand an die Verfassung. «Sein Trotz ist für alle ersichtlich», schreibt David French, Kolumnist in der «New York Times». «Es gibt für ihn keine Würde. Für ihn zählt einzig die Macht.»
Selbst skrupellose Herrscher brauchen Gehilfen. Das gilt auch für Trump. «Er ist auf Typen angewiesen, die nicht nur bereit sind, seine Befehle umzusetzen, sondern die sich freudig über Gesetz und Moral erheben», so French.
Gegen den geschlossenen Widerstand der Demokraten hat der Senat jetzt Russell Vought als Chef des Office of Management and Budget Director (OMB) bestätigt. Wir sprechen hier vom Nervenzentrum der Regierung. Hier werden alle Geldflüsse koordiniert, deshalb ist es von Vorteil, wenn dort die Gesetze strikte eingehalten werden.
Vought ist einer, der sich freudig über Gesetz und Moral hinwegsetzt. Er ist ein bekennender christlicher Nationalist und überzeugt, dass eine woke liberale Elite die Amerikaner seit Jahrzehnten unterdrückt, und dass deren Macht nur gebrochen werden kann, wenn man die Verfassung über Bord wirft. Die neue Rechte müsse daher «die gesetzlichen Paradigmen überwinden, die während der letzten 200 Jahre fälschlicherweise entwickelt wurden», so Vought.
Er hat Erfahrung darin, wie man das anstellt. Schon in der ersten Amtszeit war Vought im OMB tätig, er kennt die Abläufe in- und auswendig. Nach Trumps Niederlage 2020 gründete er den Thinktank Center for Renewing America, der sich bald zu einer Bastion von reaktionärem Gedankengut entwickelte. Im Auftrag der Heritage Foundation, der grössten konservativen Denkfabrik, war Vought später auch federführend für das «Project 2025», einem Plan für eine Revolution von rechts.
Trump hat sich im Wahlkampf stets von diesem Projekt distanziert, denn die dort postulierten Massnahmen stossen bei einer grossen Mehrheit auf Ablehnung. Jetzt aber macht er sich daran, es Schritt für Schritt umzusetzen. So will er die Macht des Kongresses beschränken, indem er den Impoundment Control Act annullieren will. Dieses Gesetz räumt dem Abgeordnetenhaus die Kontrolle über die Staatsausgaben ein. Es wurde wegen des Watergate-Skandals im Jahr 1974 eingeführt. «Ich glaube nicht, dass diese Gesetz verfassungsmässig ist», erklärte Vought bei seiner Anhörung im Senat. «Das sagt auch der Präsident, und ich bin gleicher Meinung.»
Vought will nicht nur dafür sorgen, dass der Präsident uneingeschränkte Macht über die Finanzen erhält, er will alle Angestellte der Verwaltung, die auch nur einen Hauch von Sympathien für liberales Gedankengut hegen, ausmerzen. Beamte sind ihm eh ein Gräuel. «Wir müssen sie traumatisieren», hat er einst erklärt. «Sie müssen morgens mit dem Gefühl aufwachen, dass sie Verbrecher sind.»
Nicht nur Beamte sind Voughts erklärte Feinde, auch alles, was nur im Entferntesten nach Sozialstaat riecht, ist ihm suspekt. Im Kampf gegen den Kongress und den Sozialstaat ist ihm jedes Mittel recht. «Unser Erfolg hängt von einer Kombination von Unverfrorenheit und Selbstverleugnung ab», schreibt er in «Project 2025». «Unverfrorenheit, wenn es darum geht, die Bürokratie zu brechen, und Selbstverleugnung im Gebrauch der Demokratie, um die Macht der Elite in Washington zu entreissen.»
Solche Worte erinnern an längst überwundene Zeiten, in denen sich Mitglieder von totalitären Parteien als Avantgarde der Gesellschaft sahen. In diesem Geist operiert auch die Hackertruppe von Elon Musk, die derzeit die Verwaltung aufmischt. Auch sie setzt sich freudig über Moral und Gesetz hinweg. Ihr erstes Opfer war die Hilfsorganisation USAID, die Musk bereits «in den Holzhäcksler geworfen hat», wie er stolz auf X verkündete.
USAID ist ein vermeintlich leichtes Opfer. Der Durchschnitts-Amerikaner kümmert sich nicht um Auslandshilfe, im Gegenteil, er findet, dieses Geld müsse im eigenen Land eingesetzt werden. «Es handelt sich bei USAID jedoch nicht um einen Kampf um politische Inhalte», stellt Susan Glasser im «New Yorker» fest. «Sie haben diese Organisation gekillt, um alle anderen in Angst und Schrecken zu versetzen.»
Tatsächlich geht die Truppe von Musk vor wie einst die Avantgarde von Hitler und Stalin. Gestandene Fachleute müssen sich von 19-jährigen Computer-Nerds verantworten und ihre Mitarbeiter auf allfällige Wokeness verpfeifen. «Welcher Arbeitskollege ist am meisten entbehrlich?», werden sie gefragt. Was hier abgeht, schildert Donald Kettl, Politologe an der University of Maryland, gegenüber dem «Economist» wie folgt: «Auf einer Skala von 1 bis 10 liegen wir bei 145. Es ist jenseits alles Denkbaren.»
Die Hackertruppe von Musk hat sich inzwischen Zugang zu den sensiblen Daten im Finanzdepartement verschafft. Damit hat sie Einblick in höchste Informationen über die Finanzströme der Regierung und vertrauliche Daten der Bürger. Wir sprechen hier von sehr jungen Spezialisten, für die das Ganze ein aufregendes Abenteuer darstellt.
Ihre politische Überzeugung verhehlen sie dabei nicht. Einer von ihnen, ein gewisser Marko Elez, musste bereits zurücktreten, weil das «Wall Street Journal» alte Facebook-Einträge von ihm aufgedeckt hat, in denen er sich rühmt. «Um es klarzustellen, ich war schon ein Rassist, bevor es cool wurde.»
Diese Sturmtruppe ist brandgefährlich. Ein namentlich nicht genannt werden wollender Republikaner, der einst ein Architekt des verunglückten Irak-Feldzuges war, erklärt gegenüber dem «New Yorker»: «Elon hat erkannt, dass die persönlichen Informationen das Rückgrat der Regierung bilden und weiss, dass man die Regierung mit einer Handvoll von Leuten übernehmen kann, wenn man Zugang zu diesen Daten hat.»
Man brauch nun wirklich keinen Uni-Abschluss um zu verstehen, dass Trump einen tiefen. tiefen Sumpf aufbaut in dem er die Demokratie versenken will.
Un die Handlanger für diesen Sumpfaufbau sind viele, viele Amis, die wohl wegschauen oder so Dumpf sind dies nicht einal zu erkennen.
Wenn dumpfe Verleugner und passive Dulder am Werk sind ist die Katastrophe nahe.
Wie kann man dies bewusst übersehen?