Polens Grenzschutz hat den Sicherheitskräften in Belarus vorgeworfen, die an der gemeinsamen Grenze feststeckenden Migranten auf einen Durchbruch der Sperranlage vorzubereiten. Bei dem Grenzort Kuznica seien in dem Lager auf der belarussischen Seite viele Zelte verschwunden, schrieben die Grenzer am Sonntag auf Twitter. «Die Ausländer bekommen Instruktionen, Werkzeuge und Tränengas von den belarussischen Sicherheitsorganen.»
Das Verteidigungsministerium teilte mit, die Flüchtlinge hätten Äste aus dem Wald zusammengetragen. Zudem seien viele belarussische Medien präsent. Die polnische Polizei warnte die Migranten per Lautsprecherdurchsagen auf Englisch: «Wenn Sie die Anweisungen nicht befolgen, wird Gewalt angewendet.»
Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, da Polen in der Grenzregion den Ausnahmezustand verhängt hat. Journalisten und Helfer dürfen nicht hinein. Das gilt auch für das Grenzgebiet auf belarussischer Seite. An Polens Grenze zu Belarus harren auf der belarussischen Seite seit mehreren Tagen Tausende Migranten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in provisorischen Camps im Wald aus. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko wird beschuldigt, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Aussengrenze zu bringen.
Oppositionelle belarussische Telegram-Kanäle veröffentlichten am Sonntagnachmittag Videos, auf denen grössere Migrantengruppen zu sehen sein sollen, die sich der polnischen Grenze nähern. «Es werden immer mehr Migranten», hiess es etwa beim Medium Nexta.
Die Europäische Union wirft Lukaschenko vor, in organisierter Form Menschen aus Krisenregionen wie Syrien oder dem Irak an die EU-Aussengrenze zu bringen. Vermutet wird, dass der 67-Jährige sich damit für Sanktionen der EU rächen will.
Lettland hat am Wochenende eine zuvor unangekündigte Militärübung im Südosten des EU-Landes an der Grenze zu Belarus begonnen. Daran sollen etwa 3 000 Soldaten der regulären Streitkräfte und Freiwilligenarmee des baltischen EU- und Nato-Landes teilnehmen, sagte Verteidigungsminister Artis Pabriks am Sonntag im lettischen Fernsehen.
Mit dem bis zum 12. Dezember laufenden Manöver soll nach Angaben einer Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Riga die gross angelegte Zusammenarbeit von verschiedenen Militäreinheiten und Kommandostrukturen sowie Logistik und Mobilität trainiert werden. Die Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) – darunter Russland und Belarus – seien über die Übung informiert, sagte sie der Agentur Leta.
Die Lage an der östlichen EU-Aussengrenze hat sich seit vergangener Woche dramatisch verschlechtert. Weiterhin harren auf der belarussischen Seite an der Grenze zu Polen Tausende Migranten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in provisorischen Camps im Wald aus. In den vergangenen Tagen haben Gruppen immer wieder versucht, die Sperranlage zu durchbrechen und illegal die Grenze zu überqueren. (sda/dpa)