Es zeichnete sich ab: Schon während des Wahlkampfes im Jahr 2022 hatte Jair Bolsonaro seine Anhängerinnen und Anhänger aufgestachelt, sprach vorsorglich von Wahlbetrug. Und als er dann den Kampf um die Präsidentschaft gegen Herausforderer Lula knapp verlor, weigerte er sich die Niederlage öffentlich einzugestehen.
Die Folge: Die aufgeheizte Stimmung blieb in den Wochen nach der Wahl bestehen. Und Anfang Januar, eine Woche nach Ende der offiziellen Amtszeit Bolsonaros, eskalierte die Situation: Anhänger des «brasilianischen Trumps» stürmten das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasilia, «eroberten» gar das Dach von Lulas Amtssitz und sorgten damit für eine südamerikanische Version des Washingtoner Kapitol-Sturms. Der neue Präsident Lula war zu jenem Zeitpunkt nicht vor Ort.
In der Folge kursierten rasch Berichte, wonach Bolsonaro im Hintergrund von den Tumulten profitieren wollte – und womöglich gar bei der Organisation seine Finger im Spiel hatte. Und diese hielten sich hartnäckig. Bis heute ermittelt die brasilianische Polizei gegen das ehemalige Staatsoberhaupt. Nun werden mehr Details bekannt, worum sich diese Ermittlungen genau drehen.
So versuchen die Ermittler aktuell zu beweisen, dass Bolsonaro sehr wohl einen Putsch organisieren wollte, um an der Macht zu bleiben, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Eine Schlüsselfigur bei den Plänen, die Bolsonaro selbst immer bestritten hatte: der ehemalige Verteidigungsminister und Stabschef sowie designierte Vizepräsident Bolsonaros, Walter Braga Netto.
Netto soll nach Ansicht der Ermittler federführend gewesen sein bei der Planung eines Militärputsches. Er soll demzufolge die Reise und Unterbringung einer Guerilla-Einheit nach Brasilia organisiert haben, um dort den Putsch zu initiieren. Auch Bolsonaro-Anhänger hätten demnach bezahlt werden sollen, damit sie in die Hauptstadt reisen, dort campieren und eine Annullation des Wahlergebnisses fordern können. Reuters beruft sich bei der Publikation dieser Informationen auf mehrere anonyme Quellen.
Netto sollte angeblich, als General und ehemaliger Verteidigungsminister, dafür sorgen, dass Kommandeure von Armee und Marine sich dem Putsch anschliessen, um so die Macht im Land wieder zu übernehmen. Diese Theorie kursierte bereits kurz nach den Ereignissen vom Januar 2023, bewiesen werden konnte sie allerdings nicht.
Um die Militärs zu überzeugen, habe Netto zwei Wochen nach der Wahlniederlage Bolsonaros ein Treffen bei sich zu Hause veranstaltet, um den Offizieren einen Plan für den Putsch vorzulegen. Dieser bestand darin, spezialisierte Truppen nach Brasilia zu schicken, die Gewalt und Chaos provozieren sollten, um den Kriegszustand auszurufen und damit das Wahlergebnis ausser Kraft zu setzen. Laut den Quellen haben die Ermittler Kopien eines entsprechenden, bereits vorbereiteten, Dekrets gefunden.
Dass der vermeintliche Putschversuch im Januar-Chaos letzten Endes scheiterte, lag daran, dass sich der Grossteil der Armee- und Marineoffiziere geweigert hätten, sich der Verschwörung anzuschliessen. Bolsonaro hatte nach dem Sturm des Regierungsviertels zuerst geschwiegen. Erst spät hat er die gewaltsame Erstürmung des Regierungsviertels verurteilt – womöglich also dann, als sich abzeichnete, dass seine Verschwörungspläne keinen Erfolg haben.
Der Ex-Präsident wurde bisher erst für seine unbelegten Vorwürfe der Wahlfälschung verurteilt. Im Juni 2023 wurde er für acht Jahre von sämtlichen politischen Ämtern ausgeschlossen. Sollten ihm die Ermittler nachweisen können, tatsächlich einen Pusch geplant zu haben, dürfte er eine weit drastischere Strafe bekommen. Jüngst nährte ein Besuch Bolsonaros auf der ungarischen Botschaft in Brasilien die Gerüchte, wonach ihm die Behörden auf der Spur sind – er soll sich durch den Botschaftsbesuch einer Verhaftung entzogen haben.
Ich hoffe die Brasilianischen Gesetze greifen besser als die in den USA.