Rio de Janeiro steht dieser Tage ganz im Zeichen des Karnevals. Das sieht dann etwa so ...
... so ...
... oder so aus.
Sieben Millionen Besucher soll das Spektakel in die Küstenmetropole gezogen haben. Darunter Hunderttausende Touristen aus aller Welt.
Auffallend beim diesjährigen Karneval waren die vielen politischen Botschaften, mit denen die Formationen der Samabschulen auftraten. Ein deutlicher Kommentar zu Brasiliens neuem rechtsradikalen Präsidenten Jair Bolsonaro.
Mit einer Ode an die Toleranz machte die Gruppe Salgueiro von sich Reden: In einem Land, dessen neuer Präsident als Rassist und als expliziter Gegner von Homosexuellen sowie liberalen Lebensentwürfen generell gilt, grüsste ein schwarzer Papst im Papamobil die über 70'000 Zuschauer im Sambodrom.
Tänzer trugen Regenbogen-Fahnen mit sich oder Spruchbänder mit rot durchgestrichenen Aufschriften wie «Korruption» oder «Straflosigkeit».
Die Gruppe Grande Rio spielte auf die Falschnachrichten an, die im brasilianischen Präsidentschaftswahlkampf das Internet überschwemmten. Ein Wagen nahm mit in klebrigen Netzen gefangenen Fischen und Schildkröten zur Verschmutzung der Meere Stellung, ein weiterer liess einen verrückt gewordenen Einstein mit grünen Haaren und im Astronautenanzug durch das Karnevals-Universum schweben.
Auf Social Media kursierten derweil Videos, auf denen regelrechte Protestzüge gegen den Präsidenten zu sehen waren.
Die Karneval-Feiern in Brasilien mutieren gerade zu Grossprotesten gegen Präsident Bolsonaro. Hier: São Paulo. Die Parole: #EiBolsonaroVaiTomarNoCu (nett ausgedrückt: «Verp*** dich») pic.twitter.com/NItCqqURsB
— Fabian Eberhard (@FabianEberhard) 4. März 2019
Kein Wunder, dass dies Bolsonaro nicht unkommentiert liess. Der brasilianische Präsident ist für die aktive Bewirtschaftung seiner Social-Media-Kanäle bestens bekannt.
Der 63-Jährige versuchte mit einem Videoausschnitt, den Karneval zu diskreditieren. Dazu wählte er einen besonders fragwürdigen Clip aus. Darin ist zu sehen, wie ein Feiernder auf dem Dach einer Bushaltestelle einer Person über den Kopf uriniert. Man bezeichnet dies auch als «Golden Shower».
Bolsonaro schreibt dazu:
Den friedlichen und farbigen Teil des Karnevals liess er freilich unkommentiert.
Não me sinto confortável em mostrar, mas temos que expor a verdade para a população ter conhecimento e sempre tomar suas prioridades. É isto que tem virado muitos blocos de rua no carnaval brasileiro. Comentem e tirem suas conslusões: pic.twitter.com/u0qbPu9sie
— Jair M. Bolsonaro (@jairbolsonaro) 5. März 2019
Woher Bolsonaro das Video hat, ist bislang unklar. Die Regierung wollte dazu noch keine Stellung nehmen. In Brasilien ist der Clip jedenfalls das grosse Gesprächsthema der Stunde. Viele sehen darin einen weiteren Angriff des Präsidenten auf die LGBTQ-Community.
Mit Sprüchen wie «ich bin stolz, homphob zu sein» oder «ich hätte es lieber, dass mein Sohn bei einem Autounfall sterben würde, als dass er schwul wäre» machte Bolsonaro bereits in Vergangenheit auf sich aufmerksam.
Bis dato haben sich über drei Millionen Menschen das Video auf Bolsonaros Twitter-Feed angeschaut. 38'000 Personen haben einen Kommentar da gelassen. Dabei wurde das eine oder andere Mal ein Begriff erwähnt, den der brasilianische Präsident bisher offenbar nicht kannte. Am Mittwochmorgen fragte er die Twitter-Gemeinde: «Was ist eine Golden Shower?»
O que é golden shower?
— Jair M. Bolsonaro (@jairbolsonaro) 6. März 2019
(cma/sda)