Kaum Sauerstoff, Ärzte und Krankenhauspersonal am Limit, überlastete Krematorien. Kein Land weltweit erlebt derzeit eine so dramatische Corona-Krise wie Indien. Die zweite Welle hat das südasiatische Land mit seinen 1.3 Milliarden Einwohnern stark getroffen.
Besonders in der Hauptstadt Delhi sind Krankenhausbetten und Medikamente Mangelware. Familien warten mit ihren an Covid-19 erkrankten Angehörigen vor den Kliniken oft vergeblich, viele Menschen sterben, bevor sie ein Arzt überhaupt behandeln kann.
Auch die Daten zeichnen ein verheerendes Bild. Seit Tagen werden täglich mehr als 300'000 Neuinfektionen registriert, Tausende sterben im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Seit Pandemiebeginn gibt es nun insgesamt mehr als 200'000 Corona-Tote im Land, wie aus den Zahlen des indischen Gesundheitsministeriums vom Mittwoch hervorgeht.
Experten befürchten, dass die tatsächliche Zahl der Toten deutlich höher sein dürfte. Krankenhäuser weisen Angehörige teils an, selbst Sauerstoff für ihre Kranken zu organisieren. Einige noch gesunde Menschen sichern sich eigene Vorräte – falls es sie auch noch trifft.
Der britische Thronfolger Prinz Charles rief zu mehr internationaler Hilfe für Indien auf. «Zusammen werden wir diesen Kampf gewinnen», schrieb Charles am Mittwoch in einer öffentlichen Nachricht an die Menschen in Indien. Er sei tief traurig über die tragischen Bilder aus dem Land. Die Betroffenen in Indien seien in seinen Gedanken und
Als Grund für die besonders verheerende zweite Welle führen Experten oft die grosse Sorglosigkeit im Hinblick auf Corona-Regeln im Land an. Auch die Virusmutante B.1'617 steht im Verdacht, eine Rolle zu spielen.
Der deutsche Virologe Christian Drosten zeigte sich angesichts der bisherigen Erkenntnisse über die indische Corona-Variante jedoch weiter relativ gelassen. Die Variante sei zwar etwas verbreitungsfähiger und robuster gegen die Immunität, sagte der Wissenschaftler von der Charité in Berlin im Podcast «Coronavirus-Update» (NDR-Info) vom Dienstagabend. Das sei auch im Vergleich mit anderen Varianten «nichts, was einen wirklich gross beunruhigt».
Zudem haben in Indien bislang weniger als zehn Prozent der Menschen mindestens eine Impfdosis erhalten – und das obwohl Indien eigentlich als «Apotheke der Welt» bekannt ist und massenhaft Impfstoffe herstellt.
Ab Mai sollen sich in Indien alle ab 18 Jahren impfen lassen dürfen. Allerdings gibt es weiterhin Engpässe, immerhin braucht es für die grosse Bevölkerung mit mehr als 1.3 Milliarden Menschen auch viel Impfstoff. In Indien mit der zweithöchsten Bevölkerung weltweit wurden insgesamt rund 17.6 Millionen Corona-Fälle registriert. (sda/dpa)