International
Deutschland

Analyse der Parteiprogramme: AfD und FDP wollen Reiche entlasten

Bavaria, Germany - December 20, 2024: Party cubes for the 2025 federal election representing the CDU, SPD, B
Am 23. Februar fallen bei der vorgezogenen Bundestagswahl die politischen Würfel.Bild: www.imago-images.de

Und jetzt ratet mal, welche deutschen Parteien primär die Reichen entlasten wollen

Vor der vorgezogenen Bundestagswahl versprechen alle deutschen Parteien ihren Wählerinnen und Wählern Steuerentlastungen. Allerdings gibt es grosse Unterschiede, wer bei welcher Partei davon profitieren würde.
21.01.2025, 14:2821.01.2025, 15:54
Mehr «International»

In weniger als fünf Wochen steht in Deutschland die vorgezogene Bundestagswahl an. In Windeseile haben die grossen Parteien zuletzt ihre Wahlprogramme vorgestellt. Wirtschaftliche Stabilität, eine sinnvolle Energie- und Klimapolitik, soziale Gerechtigkeit und die Stärkung Deutschlands auf globaler Ebene sind dabei die wichtigsten Themen.

Allerdings unterscheiden sich die Ansätze und Prioritäten teils stark. So auch bei den Steuerentlastungen von Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern, wie das Mannheimer Leibniz-Institut für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einem Gutachten festgestellt hat.

Die Methode
Für den Vergleich haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem die Auswirkungen zentraler Reformvorschläge der Parteien zu Steuern, Mindestlohn und Sozialleistungen auf private Haushalte untersucht und sich dabei auf Daten des Sozio-Ökonomischen Panels (SOEP) gestützt.

Berücksichtigt wurden für die Analyse die Programme der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien sowie des BSW. Finanzielle Auswirkungen im Falle bestimmter Koalitionen haben die Forscher nicht betrachtet, auch potenzielle ökonomische Folgewirkungen – etwa Job-Verluste durch eine Mindestlohnerhöhung – wurden ausgeklammert.

Demnach würden Besserverdiener hauptsächlich von den Vorschlägen der Union (CDU/CSU), der FDP und der AfD profitieren, während SPD, Grüne, Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) besonders untere und mittlere Einkommen entlasten würden.

Mit dem Wahlprogramm der Linken würde die tiefste Bruttoeinkommensklasse (bis 10'000 Euro im Jahr) um 27 Prozent entlastet, die höchste Einkommensklasse (über 250'001 Euro) müsste dagegen 27 Prozent mehr abgeben als zuvor. Ganz anders bei der AfD: Die Geringverdienenden würden überhaupt nicht entlastet werden, während die Gutverdienenden 7,7 Prozent mehr zur Verfügung hätten. Noch besser kämen die Reichen gar bei der FDP weg.

Ein konkretes Beispiel: Ein Ehepaar mit zwei Kindern und einem Einkommen von 40'000 Euro brutto wäre finanziell besser gestellt, wenn das Wahlprogramm der Linken (plus 6150 Euro/Jahr), des BSW (plus 1010 Euro), der Grünen (plus 870 Euro) oder der SPD (plus 860 Euro) umgesetzt würden. Mit dem Programm der Union wären es immerhin noch 300 Euro mehr im Jahr.

Würden die Wahlprogramme von FDP oder AfD umgesetzt, hätte diese Familie weniger Geld zur Verfügung, so das ZEW. Bei der AfD wären es jährlich 440 Euro weniger, bei der FDP 1520 Euro weniger. Bei der FDP liegt das demnach an Reformplänen beim Bürgergeld. Bei der AfD ergebe sich das aus einer komplizierten Interaktion aus Steuererleichterungen und den Anrechnungsregeln beim Wohngeld.

Schon bei den etwas höheren Einkommen von 60'000 Euro pro Jahr ergäbe sich bei AfD und FDP ein deutliches finanzielles Plus. Richtig lukrativ wird es für diejenigen mit hohem oder einem Spitzeneinkommen: Ein Ehepaar mit zwei Kindern und einem Einkommen bekäme bei einem angenommenen Brutto-Jahreseinkommen von 180'000 Euro demnach rund 19'190 Euro, wenn das AfD-Programm umgesetzt würde.

11'990 wären es bei der FDP und 5840 Euro bei der Union. Mit dem SPD-Programm hätte diese Familie 2200 Euro mehr zur Verfügung. Bei den Grünen würde das Einkommen nur noch um 100 Euro wachsen, beim BSW bliebe es gar unverändert. Das Programm der Linken würde das Einkommen der gut verdienenden Familie um rund 800 Euro verringern. (pre)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Bundeskanzler Deutschlands
1 / 10
Die Bundeskanzler Deutschlands
Deutschlands erster Bundeskanzler nach dem Zweiten Weltkrieg: Konrad Adenauer (CDU) wird 1949 gewählt. Er verabschiedet sich 1963 nach dreifacher Wiederwahl freiwillig von seinem Amt.
quelle: keystone
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Nach Wahlerfolg in Brandenburg: Die AfD feiert (und empört) mit diesem «Abschiebesong»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
138 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Claus Thaler
21.01.2025 14:28registriert Mai 2020
Ist es bei uns besser? Oder setzt sich Herr Blocher für höhere Steuern für Reiche ein damit die tiefen Einkommen entlastet werden können?
Dasselbe bei der FDP.
Und trotzdem werden diese Parteien gewählt.
15818
Melden
Zum Kommentar
avatar
Maurmer
21.01.2025 14:23registriert Juni 2021
Hier sieht man mal wieder dasselbe Schema wie auch bei uns in CH:

Wenn das Elektorat der AfD des Lesens mächtig (oder willens wäre die Zeit dafür aufzubringen), dann würden sie nie im Leben ihr Kreuzchen dort machen. Die Rechtspopulisten machen NICHTS messbares für diejenigen, deren Stimmen sie einsammeln.

So wie auch die SVP in CH.

Was noch schlimmer ist: Wenn jemand meint, dass alle nur bekommen können, niemand das bezahlt und dennoch ein ausgeglichener Haushalt rauskommt, dann glaubt er wohl auch an das Sandmännchen, Osterhase und Samichlaus.
10820
Melden
Zum Kommentar
avatar
Chris_A
21.01.2025 15:19registriert Mai 2021
Es ist hinlänglich bekannt dass die Politik von Rechtspopulisten grösstenteils ihren Wähler schadet. Die haben es einfach noch nicht bemerkt. Ist übrigens bei uns das Selbe.
9822
Melden
Zum Kommentar
138
    Trump gibt Selenskyj Schuld für Andauern des Krieges – dieser spricht von Desinformation
    US-Präsident Donald Trump hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj praktisch die Schuld dafür gegeben, dass der russische Angriffskrieg gegen dessen Land seit drei Jahren andauert.

    US-Präsident Donald Trump zeigt sich nach einem Treffen seines Aussenministers mit Kreml-Vertretern zuversichtlich, dass schon bald ein Friedensabkommen im Ukraine-Krieg erreicht werden kann. Die Gespräche mit Russlands Unterhändlern seien «sehr gut» verlaufen, sagte der Republikaner bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen im US-Bundesstaat Florida. «Russland will etwas tun.» Zugleich gab Trump dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj praktisch die Schuld dafür, dass der von Russland im Februar 2022 gestartete Angriffskrieg weiterhin andauert.

    Zur Story