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Scholz-Deepfake verkündet AfD-Verbot: Regierung reagiert empört

Scholz-Deepfake verkündet AfD-Verbot – deutsche Regierung reagiert empört

27.11.2023, 18:02
Rebecca Sawicki / watson.de
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Dramatische Musik. Im Hintergrund ist das Reichstagsgebäude zu sehen. Im Vordergrund Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Eine Rede an die Nation, wie sie Merkel während der Corona-Pandemie gehalten hat. Könnte man meinen. Im Video sagt Scholz: «Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich wende mich heute an Sie, weil unser Land einer schweren Bedrohung ausgesetzt ist. Eine Bedrohung, von der wir dachten, dass sie Vergangenheit ist.» Oder eher, der vermeintliche Scholz.

Scholz-Deepfake verkündet AfD-Verbot

Video: watson/x/politicalbeauty

Die Bedrohung, von der Video-Scholz hier spricht: die AfD. Er kommt auf die Ausschreitungen in Chemnitz zu sprechen, bei der Tausende Rechte und Rechtsextreme in die sächsische Stadt gefahren sind, dort kam es zu Hetzjagden. «Ein brutaler Mob terrorisierte eine Stadt und machte Jagd auf anders Aussehende», sagt der Video-Scholz. Spätestens hier dürfte den Zuschauenden aufgefallen sein: Dass wirklich der Kanzler in diesem Video spricht, ist unwahrscheinlich. Und auch sein Sprecher hat sich mittlerweile dazu geäussert.

Künstler-Kollektiv will für AfD-Verbot werben

Anschliessend kommt Video-Scholz zum Höhepunkt seiner Rede: «Angeführt wurde diese brutale Meute von den Vertretern einer Partei, die im Deutschen Bundestag sitzt.» Es gehe nun darum, zu verhindern, dass Deutschland wieder in eine Entwicklung wie 1933 rutscht – und Rechtsextreme das Land übernehmen. «Das werde ich mir nicht länger bieten lassen», schliesst das Video. Initiiert wurde dieser Deepfake vom Künstler- und Aktivisten-Kollektiv Zentrum für politische Schönheit.

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Der echte Olaf Scholz: Die deutsche Regierung hat keine Freude am Deepfake-Video.Bild: keystone

Das Zentrum für politische Schönheit will mit diesem Video für ein AfD-Verbotsverfahren werben. «BREAKING: Scholz verbietet die AfD! Gänsehautmoment. Alles zur Initiative der Bundesregierung: http://afd-verbot.de», schreibt das Kollektiv zur Veröffentlichung des Videos. Der Link führt zu einer Homepage, die den Websites der deutschen Bundesregierung verwirrend ähnlich sieht.

«Das Kabinett wird zum Todestag von Walter Lübcke, am 2. Juni 2024, beim Bundesverfassungsgericht das Verbot der Partei 'Alternative für Deutschland' beantragen», steht da und die Bevölkerung wird aufgerufen, mitzuhelfen. Und zwar, indem Informationen gemeldet werden. Mit einem Klick auf den Informationen-Melde-Button landen Besucher allerdings auf einer Fundraising-Seite.

epa10997706 A person photographs an installation representing a prison set up in front of the chancellery in Berlin, Germany, 27 November 2023. The German art-activist group 'Centre for Political ...
Die AfD ist in Deutschland umstritten. Bild: keystone

Regierungssprecher reagiert empört

Viele der Rezipient:innen enttarnen den Deepfake des Kollektivs offensichtlich schnell. Manchen X-Nutzern geht diese Aktion aber offenbar einen Schritt zu weit. «Bitte Fakes nicht hoffähig machen. Danke», kommentiert einer unter dem Video-Post. Ein anderer Account schreibt: «Ist eine vollkommen überflüssige Aktion. Solche Fake-Videos zu erstellen sollte geächtet sein, statt es Normalität werden zu lassen. Es gibt genügend, die das Thema Deepfake nicht verstehen.»

Ein nächster fürchtet sogar, dem russischen Machthaber Wladimir Putin damit in die Hände zu spielen. Er schreibt: «In 3..2..1.. ist das in russischen Medien als Beweis der fehlenden Demokratie in Deutschland etc. Muss man in Zeiten von Desinformation bei sowas wirklich mithelfen?» Auch Olaf Scholz selbst ist offensichtlich nicht begeistert von seiner Fake-Rede an die Nation.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit schreibt auf X, früher Twitter: «Hier auf X und in anderen sozialen Medien kursiert ein Deepfake-Video von @bundeskanzler Olaf Scholz zu einem Parteiverbot. Das Video ist nicht echt. Solche Deepfakes sind kein Spass. Sie schüren Verunsicherung und sind manipulativ.»

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80 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
27.11.2023 18:23registriert Oktober 2019
Dank solchem Mist, könnten noch schwierige Zeiten auf uns zukommen.
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Lowend
27.11.2023 19:40registriert Februar 2014
Ich sage es wieder und wieder; die ganzen neuen Technologien brauchen irgendetwas, wie ein sichtbares Wasserzeichen und jeder Missbrauch muss streng geahndet werden, sonst können wir das gegenseitige Vertrauen komplett begaben.
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Jacob Crossfield
27.11.2023 19:35registriert Dezember 2014
Man merkt sofort, dass es nicht Scholz sein kann. Hat er sich jemals zu einem Thema so klar geäußert? Auch wenn ich jeden Satz unterschreiben könnte, Deep Fakes gehören geregelt, bitte die gleichen Maßstäbe wie die Üble Nachrede.
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