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Selenskyj: Krieg könnte 2025 vorbei sein

German Chancellor Olaf Scholz arrives for the cabinet meeting at the chancellery in Berlin, Germany, Wednesday, Sept. 18, 2024. (AP Photo/Markus Schreiber)
Olaf Scholz ist bei einigen Aspekten der Ukraine-Unterstützung weiterhin zaghaft. Bild: keystone

Selenskyj: Krieg könnte 2025 vorbei sein +++ Scholz will Waffen-Regeln nicht lockern

Olaf Scholz (SPD) hat bekräftigt, dass er die Regeln für den Einsatz deutscher Waffen in der Ukraine nicht weiter lockern will. Wolodymyr Selenskyj spricht über ein mögliches Kriegsende. Die aktuellen Entwicklungen rund um die Ukraine
24.09.2024, 05:4224.09.2024, 08:20
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Selenskyj spricht über Kriegsende

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass der Krieg in seinem Land gegen den Angreifer Russland im kommenden Jahr beendet werden kann. «Entschlossenes Handeln jetzt kann ein faires Ende der russischen Aggression gegen die Ukraine im nächsten Jahr beschleunigen», schrieb Selenskyj auf der Plattform X nach einem Treffen mit einer überparteilichen Delegation des US-Kongresses.

«Unser Siegesplan wird dazu beitragen, Russland praktisch zum Frieden zu zwingen.»

Selenskyj will sein Vorhaben rund um den UN-Gipfel in New York in Gesprächen und möglicherweise auch öffentlichen Reden vorstellen. Damit will er sich zusätzliche politische und militärische Unterstützung der Verbündeten sichern. Einem Bericht der britischen «The Times» zufolge enthält der Plan die Forderung nach westlichen Sicherheitsgarantien ähnlich denen einer Nato-Mitgliedschaft. Zudem sollen nicht näher genannte Waffen und weitere Finanzhilfen angefordert werden.

Selenskyj soll heute an der Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine-Frage teilnehmen und am Mittwoch voraussichtlich in der UN-Generalversammlung sprechen. US-Präsident Joe Biden wird ihn zudem im Weissen Haus empfangen.

Selenskyj sagte nach dem Treffen mit der Delegation des US-Kongresses:

«Jetzt, am Ende des Jahres, haben wir eine echte Chance, die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und den Vereinigten Staaten zu stärken.»

Er sei dem US-Kongress, beiden Parteien und Kammern, für ihr unerschütterliches Engagement dankbar.

Scholz mit Machtwort bezüglich Waffenreichweite

Die deutsche Bundesregierung hat derweil mit Blick auf die militärische Unterstützung der Ukraine «ein paar Entscheidungen» getroffen, «die für mich sehr klar sind», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Dazu gehöre auch, dass Deutschland Reichweitenbeschränkungen nicht aufheben werde.

«Das ist mit meiner persönlichen Haltung nicht vereinbar. (...) Wir werden das nicht machen. Und dafür haben wir gute Gründe.»

Selenskyj bittet die Verbündeten immer wieder um weitreichende Waffen, um russische Logistik und Militärflugplätze der Luftwaffe weit hinter der Frontlinie auch auf russischem Territorium angreifen zu können. Die weitreichendste von Deutschland gelieferte Waffe ist der Raketenwerfer Mars II, der Ziele in 84 Kilometern Entfernung treffen kann. Für ein begrenztes Gebiet rund um Charkiw hat die deutsche Regierung den Einsatz dieser Waffe oder auch der Panzerhaubitze 2000 mit einer Reichweite von 56 Kilometern auch gegen Ziele auf russischem Boden erlaubt.

Scholz befürchtet «grosse Eskalationsgefahr»

Die Lieferung weitreichender Präzisionswaffen an die Ukraine hat Scholz auch für die Zukunft und unabhängig von Entscheidungen der Bündnispartner ausgeschlossen. Erst kürzlich bekräftigte er sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von der Ukraine bis nach Moskau (etwa 500 Kilometer) mit der Begründung, dass das «eine grosse Eskalationsgefahr» mit sich bringen würde.

Die Nato-Partner USA, Grossbritannien und Frankreich haben Marschflugkörper mit Reichweiten bis zu 300 Kilometern geliefert. Derzeit läuft eine Diskussion darüber, ob der Einsatz dieser Waffen gegen Ziele auf russischem Territorium grundsätzlich erlaubt werden soll. Es wird erwartet, dass Selenskyj diese Woche bei seinem Besuch in Washington mit US-Präsident Joe Biden darüber sprechen wird.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat erklärt, dass er den Einsatz weitreichender westlicher Präzisionswaffen gegen Ziele tief auf russischem Territorium als Kriegsbeteiligung der Nato werten würde.

Selenskyj bedankt sich bei Deutschland

Der ukrainische Präsident stellte das Treffen mit Scholz trotz der Abfuhr bei den Raketen positiv dar. Er danke Deutschland für die Hilfe, schrieb er auf seinem Telegramkanal. Dabei nannte er vor allem Berlins Beitrag zur Friedenskonferenz in der Schweiz, der nach dem Wunsch Selenskyjs noch in diesem Herbst eine zweite folgen soll. Auf Scholz' Absage zu den Raketenlieferungen ging er nicht explizit ein, mahnte nur allgemein dazu, Einigkeit zu demonstrieren. «Zusammen haben wir Tausende Leben gerettet und können ganz Europa sicher mehr Stärke und Sicherheit geben», schrieb er nach dem Treffen.

Kiew nennt Lage im Osten der Ukraine angespannt

Trotz des deutschen Nein setzt Kiew weiter auf die Freigabe der Waffen durch andere Partner. Mit diesen Waffen will die Ukraine vor allem russische Flugzeuge noch am Boden bekämpfen, ehe sie Verteidigungsstellungen, aber auch Städte in der Ukraine bombardieren.

So steht das ukrainische Militär nach eigenen Angaben im Osten des Landes weiter unter Druck. «Die Lage im Raum Pokrowsk und Kurachowe bleibt angespannt», teilte der Generalstab in Kiew in seinem abendlichen Lagebericht mit. Von den insgesamt 125 russischen Angriffen entlang der Front seien mehr als 50 in diesem Abschnitt geführt worden. «Die Hauptanstrengungen hat der Feind Richtung Pokrowsk unternommen», präzisierte die ukrainische Militärführung.

Während den Ukrainern selbst von unabhängigen Beobachtern bescheinigt wird, den Vormarsch der Russen auf das strategisch wichtige Pokrowsk abgebremst zu haben, bleibt die Lage vor dem weiter südlich gelegenen Kurachowe gefährlich für die Verteidiger. Durch Vorstösse russischer Truppen nahe der Bergarbeiterstadt Hirnyk droht dort mehreren Einheiten die Einkesselung.

Eine ähnliche Umgehung der Verteidigungsstellungen deutet sich auch noch weiter südlich nahe der Stadt Wuhledar an, die die Russen in der Vergangenheit vergeblich durch frontale Sturmangriffe einzunehmen suchten.

Russische Angriffe aus der Luft

Am Abend und in der Nacht startete Russland zudem weitere Angriffe auf das ukrainische Hinterland. Luftalarm gab es in mehreren ukrainischen Regionen. Im südukrainischen Gebiet Saporischschja wurde nach Behördenangaben ein Objekt der kritischen Infrastruktur getroffen. Zudem sei ein Geschoss in einem Wohnhaus eingeschlagen, eine Person sei ums Leben gekommen, zwei weitere seien verletzt worden, schrieb der Militärgouverneur von Saporischschja, Iwan Fjodorow. (sda/dpa/con)

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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Celtic Swiss
24.09.2024 06:46registriert Juni 2024
Aber, aber, Herr Scholz. Kann man den mehr eskalieren als der Kriegsverbrecher im Kreml dies tat und tut? Krieg? Massenmord? Kindesentführungen, Staudamm zerstören, Drohen mit Atomwaffen!!! Aber nein, das ist doch keine Eskalation, der Massenmörder Putin ist doch nur unverstanden…!
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schille
24.09.2024 08:57registriert Februar 2014
Es wäre doch sinnvoller wenn der Westen mal rote Linien setzen würde:
Stopp der Angriffe auf zivile Ziele und auf Energieinfrastruktur ansonsten erhält die Ukraine die Freigabe für die Langstreckenwaffen!
Würde mich interessieren wie sich der Kreml dann hier entscheiden würde?
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YvesM
24.09.2024 07:59registriert Januar 2016
Scholz lässt sich von Putin einschüchtern. Putin kann eskalieren, wann immer er will. Bis jetzt hat der Westen mehrere Rote Linien Putins gerissen und nichts ist passiert. Putin weiss genau, dass eine weitere Eskallation gerade mit A-Waffen das Ende Russlands bedeutet.
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