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Sahra Wagenknecht schmeisst parteiinterne Kritiker aus dem BSW

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Der Streit im Bündnis Sahra Wagenknecht eskaliert.Bild: keystone

BSW: Sahra Wagenknecht schmeisst parteiinterne Kritiker raus

Sie setzen sich intern beim BSW für Demokratie und Transparenz ein, kritisierten, dass der Parteivorstand zu viel Macht habe. Nun sollen die «BSW-Rebellen» aus Hamburg offenbar aus der Partei ausgeschlossen werden.
09.01.2025, 13:43
Carsten Janz / t-online
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t-online

Drastischer Schritt beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Den sogenannten «BSW-Rebellen» aus Hamburg, Dejan Lazić und Norbert Weber, wurden mit sofortiger Wirkung alle Mitgliederrechte im BSW entzogen, zugleich wurde ein Parteiausschlussverfahren gegen sie eingeleitet. Das geht aus einem Brief des Parteivorstandes um Sahra Wagenknecht an die beiden hervor.

Lazić und Weber hatten sich zuletzt öffentlich über eine «Vetternwirtschaft» und eine Zweiklassengesellschaft innerhalb des BSW beschwert. Auch haben sie die zögerliche Aufnahmepraxis kritisiert, dann ohne Absprache einen eigenen Bezirksverband und einen eigenen Landesverband gegründet. Zuletzt hatten sie die Gründung des zweiten Hamburger Landesverbandes kritisiert, weil es Fehler im Ablauf des Parteitages gab.

Nun wurde es der Bundespartei offenbar zu viel. Der Bundesvorstand hat entschieden, ein Ausschlussverfahren gegen die Mitglieder einzuleiten. Ausserdem haben sie schon jetzt alle Rechte als Mitglieder verloren. Die beiden Politiker aus Hamburger wollen sich nun gerichtlich gegen den Ausschluss wehren.

«Eskalierendes Verhalten»

Dass die beiden die Partei verlassen sollen, hat der Parteivorstand bereits am 2. Januar beschlossen. In dem Schreiben des Parteivorstandes an die beiden heisst es, dass eine Eilbedürftigkeit bestehe, da aufgrund des «immer weiter eskalierenden Verhaltens damit zu rechnen ist, dass sie das Parteileben, Parteiversammlungen und die bevorstehenden Wahlkämpfe erheblich stören werden». Einen Antrag auf den Parteiausschluss hat der Bundesvorstand um Sahra Wagenknecht am 6. Januar am Landesschiedsgericht gestellt.

Keine Mitgliedsrechte mehr

Doch damit nicht genug: Zusätzlich hat der Parteivorstand beschlossen, Lazić und Weber «ab sofort bis zur Entscheidung des Schiedsgerichtes von der Ausübung ihrer Rechte als Mitglied auszuschliessen». Dies beträfe sämtliche Mitgliedsrechte, wie das «Recht an Parteitagen teilzunehmen und diesbezüglich Anträge zu stellen». Damit können sie weder am BSW-Landesparteitag in Hamburg kommenden Samstag, noch am Bundesparteitag in Bonn am Sonntag mitwirken. Die Teilnahme an einer Aufstellungsversammlung am Samstag in Hamburg, bei dem die Landesliste neu gewählt wird, kann ihnen offenbar aber nicht untersagt werden, so schreibt es der Bundesvorstand.

21.12.2024, Hamburg: Norbert Weber (l) und Dejan Lazic nehmen an der Gr�ndungsversammlung vom BSW Hamburg im B�rgersaal Wandsbek teil. Foto: Georg Wendt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Georg We ...
Norbert Weber (l) und Dejan Lazic.Bild: DPA

Die beiden Mitglieder aus Hamburg waren dem Bundesvorstand schon länger ein Dorn im Auge. Der Jurist Dejan Lazić, der bislang nie in einer Partei aktiv war, und der Betriebswirt und ehemalige Bankenvorstand Norbert Weber, der schon für die Linken in Hamburg wirkte, hatten sich innerparteilich für mehr Demokratie eingesetzt. Sie kritisierten, dass nur Mitglieder in das BSW aufgenommen würden, die auch der Meinung des Vorstandes seien. Andere würden hingehalten und vertröstet. Tatsächlich warten sehr viele Unterstützer schon seit mehr als einem Jahr auf die Aufnahme in das BSW. Der Vorwurf einer «Kaderpartei» kam auch aus anderen Bundesländern.

In Thüringen wurden zum Beispiel nach einem internen Streit kurzerhand mehr als 20 Wagenknecht-treue Mitglieder aufgenommen. Der Streit konnte nur geschlichtet werden, weil der Vorstand in Berlin ein Gegenangebot machte und dem Landesverband die eigene Aufnahme von einigen Mitgliedern gestattete.

Weber und Lazić gingen im Dezember an die Öffentlichkeit. Damals wurde berichtet, dass die beiden mit weiteren Mitgliedern ohne Absprache mit dem Bundesverband einen Landes- und Bezirksverband in Hamburg gegründet hatten. Sogar einen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl wählten sie in diesem Zuge, den sie mittlerweile auch dem Landeswahlleiter gemeldet haben.

Problem für die Bundespartei

Das wiederum könnte für die Bundespartei noch zu einem Problem werden. Denn: Nach Rücksprache mit dem BSW-Bundesvorstand wurde nach der Aktion der Rebellen ein zweiter Landesverband des BSW in Hamburg gegründet – der jetzt in Konkurrenz mit dem Verband von Lazić und Weber steht. Die Folge: Möglicherweise werden beide Listen nicht zur Bundestagswahl zugelassen.

Gleiches gilt auch für die im März stattfindende Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft. Hier droht sogar, dass die Wahl im Zweifel wiederholt werden muss, wenn Lazić und Weber gegen das Ergebnis vor Gericht gehen – was sie schon angekündigt haben.

Ausschlaggebend für den nun erfolgten Ausschlussplan jedoch ist wohl, dass Lazić und Weber gegen den Parteitag des BSW in Hamburg, der durch die Bundespartei abgesegnet war, Einspruch eingelegt haben. Sie bemängelten, dass das Präsidium des Parteitages mit dem Bundesvorstandsmitglied Amid Rabieh besetzt war.

Denn: Rabieh hat keinen Wohnsitz in Hamburg und ist laut BSW-Wahlordnung deshalb dazu nicht berechtigt, Teil des Parteitagspräsidium zu sein. Die Partei entschied deshalb, am kommenden Wochenende einen zweiten Parteitag abzuhalten, auf dem der Landesvorstand gewählt wird, dieses Mal satzungskonform. Vielleicht jedoch ist das schon zu spät und die gewählte Landesliste für die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft rechtswidrig.

Weber und Lazić wollen den Ausschluss und auch den Entzug der Mitgliederrechte nicht akzeptieren und werden im Zweifel gerichtlich dagegen vorgehen. «Offenbar soll die zentralistische und autoritäre Parteistruktur um jeden Preis und ohne Widerspruch durchgesetzt werden», sagte Lazić am Donnerstag. «Die Neuwahl des illegalen Landesvorstandes in Hamburg erfolgt am Samstag nun hinter verschlossenen Türen und ohne Gegenstimmen.» Zum Ausschluss vom Bundesparteitag sagte er: «Kritikern wird ein Maulkorb verpasst. Das passt nicht zu einer Friedenspartei.»

Norbert Weber wird ebenfalls deutlich: «Die Parteiführung hält demokratische Regeln für lästig.» Auf dem Bundesparteitag am Sonntag solle Sahra Wagenknecht als Kanzlerkandidatin gefeiert werden. «Mitgliederrechte stören dabei», so Weber.

Die Bundespartei hat auf Anfrage den Vorgang selbst bestätigt und kündigte eine ausführlichere Antwort für einen späteren Zeitpunkt an.

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69 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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November Alfa Foxtrot Oscar
09.01.2025 13:50registriert September 2024
Hat jemand etwas anderes erwartet? Die Wagnerknecht muss ihrem Idol im Kreml nacheifern. Es ist immer wieder interessant zu sehen, dass die Putinfans, die laut Meinungsfreiheit für sich fordern, mit anderen Meinungen am meisten Mühe haben.
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Lowend
09.01.2025 14:07registriert Februar 2014
Kritiker oder Oppositionelle hatten's in autoritären und diktatorischen Systemen schon immer schwer.
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So oder so
09.01.2025 13:55registriert Januar 2020
So Läuft das in einer Putin Partei, sollen froh sein das nicht schlimmeres Passiert.
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