Alles war vorbereitet für Hillary Clintons Siegesfeier, am Abend des 8. November 2016. Die Party aber fand in jenem New Yorker Hotel statt, in dem sich Donald Trump und sein Anhang einquartiert hatten. Für die Demokraten war nicht nur die Niederlage ihrer Kandidatin ein Tiefschlag, denn die Republikaner kontrollierten neben dem Weissen Haus auch beide Kammern im Kongress.
Manche US-Analysten prophezeiten der demokratischen Partei eine lange Zeit in der politischen Wildnis. Denn die Perspektiven für die Kongresswahlen 2018 waren düster. Die Demokraten müssen nicht weniger als 26 Sitze im Senat verteidigen, zehn davon in Bundesstaaten, in denen Trump gewonnen hat. Bei den Republikanern stehen nur acht Mandate auf dem Spiel.
Es galt als fast sicher, dass die Demokraten Sitze verlieren und die Republikaner ihren knappen Vorsprung in der kleinen Kammer ausbauen werden. Die Mehrheit im Repräsentantenhaus schien ohnehin unerreichbar. Trump und die Republikaner würden die US-Politik langfristig prägen, nicht zuletzt durch die Ernennung von konservativen Richtern.
Nach einem knappen Jahr unter Donald Trumps turbulenter Präsidentschaft sieht die Welt für die Demokraten wesentlich freundlicher aus. Die klaren Erfolge bei den Gouverneurswahlen in New Jersey und Virginia Anfang November waren ein erster Hoffnungsschimmer. Nun folgte der unerwartete, ja sensationelle Sieg von Doug Jones bei der Senatswahl in Alabama.
Man könnte einwenden, dass der Erfolg von Jones zu knapp ausfiel angesichts der gravierenden Vorwürfe gegen den Republikaner Roy Moore. Damit aber würde man die tiefe Spaltung der US-Gesellschaft ebenso ignorieren wie die speziellen Verhältnisse im erzkonservativen, evangelikal geprägten Alabama. Nicht umsonst behaupten spöttische Stimmen, in Alabama könne nicht einmal Jesus eine Wahl gewinnen, wenn er als Demokrat antreten würde.
Jesus hat nicht gewonnen, dafür aber Doug Jones. Damit schrumpft die Mehrheit der Republikaner im Senat auf eine Stimme. Und im Hinblick auf die Kongresswahlen im November 2018 halten es US-Medien für realistisch, dass die Demokraten nicht nur ihren Besitzstand halten, sondern den Republikanern Sitze abjagen und die Kontrolle über den Senat übernehmen können.
Als wackelig gelten die Mandate in Nevada, wo Hillary Clinton letztes Jahr gewonnen hat, und in Arizona, wo der Trump-Kritiker Jeff Flake auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Selbst ein Erfolg in Tennessee liegt drin. Dort will der von Trump zermürbte republikanische Amtsinhaber Bob Corker ebenfalls nicht mehr antreten, während die Demokraten einen populären Ex-Gouverneur nominieren dürften.
Zwei Faktoren sind es, die den Demokraten in die Hände spielen:
Wenn nicht gerade der Präsident gewählt wird, tun sich die Demokraten traditionell schwer damit, ihren Anhang zur Teilnahme an einer Wahl zu motivieren. Das gilt nicht länger. Schon in New Jersey und Virginia konnten die Demokraten eine hohe Wahlbeteiligung registrieren. In Alabama verdankt Doug Jones seinen knappen Sieg vor allem der schwarzen Wählerschaft.
Die Website Politico spricht von einem «blauen Tsunami, angetrieben durch Millennials, wütende Frauen und Angehörige von Minderheiten». Die Erfolge seien umso bemerkenswerter, als die demokratischen Kandidaten in allen drei Bundesstaaten einen mauen Wahlkampf geführt hätten. Für die hohe Motivation der Parteibasis steht deshalb eine Erklärung im Vordergrund: Es ist die Abscheu vor Donald Trumps Politik und seiner würdelosen Amtsführung.
Donald Trumps ehemaliger Chefstratege hat dem Establishment der Republikaner den Krieg erklärt. Er will alle Amtsinhaber bekämpfen, die nach seiner Meinung nicht zu 150 Prozent hinter der Politik des Präsidenten stehen. In Alabama trug Bannon dazu bei, dass sich Roy Moore in der Vorwahl der Republikaner gegen Luther Strange durchsetzte, den Kandidaten der Parteispitze.
Nun hat Bannons Strategie beim ersten Härtetest mit einer krachenden Niederlage geendet. Seine internen Gegner sparten nicht mit Schuldzuweisungen an die Adresse des Breitbart-Chefs. Tatsächlich hätte Luther Strange den Demokraten wohl besiegt. Ob Steve Bannon sich davon beeindrucken lässt, ist zweifelhaft. Er dürfte Moores Kinderschänder-Image für die Pleite verantwortlich machen.
Ob die Demokraten 2018 jubeln und vielleicht sogar die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobern können, bleibt eine offene Frage. Ein Jahr ist in der schnelllebigen Politik- und Medienwelt eine lange Zeit. Vieles hängt davon ab, ob die Republikaner die Lehren aus dem Fiasko von Alabama ziehen und mehrheitsfähige Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen werden.
Dagegen spricht die Heftigkeit der Flügelkämpfe in der Grand Old Party. Und der Furor der Parteibasis. In den vergangenen Jahren hat sie mehrfach gerade für Senatswahlen ultrarechte Kandidaten nach oben gespült, die sich am Ende als unwählbar erwiesen.
Die eigentliche Schlüsselfigur aber ist Donald Trump. Wird er sich politisch mässigen und den Kompromiss mit der Opposition suchen? Wird er nicht länger als Kampf-Twitterer mit Beleidigungen um sich werfen, sondern den staatsmännischen Auftritt praktizieren? Solche Hoffnungen wurden bislang stets enttäuscht, weshalb der Präsident die grösste Hoffnung der Demokraten bleibt.