Musk vergleicht die EU mit Nazi-Deutschland – weshalb Trumps Leute das lieben
Amerikas Rechte jubelt. Die neue Sicherheitsstrategie von Donald Trump, in der das Weisse Haus die «reale und immer deutlichere Gefahr eines zivilisatorischen Verschwindens» in Europa an die Wand malt, trifft den Nerv vieler Anhängerinnen und Anhänger des Präsidenten.
Den geschmacklosen Höhepunkt lieferte am Wochenende der Unternehmer Elon Musk: Auf seiner Plattform X teilte der reichste Mann der Welt ein Bild mit einer flatternden EU-Fahne, unter der die Hakenkreuzflagge der deutschen Nationalsozialisten zum Vorschein kommt. Eine Kommentatorin schrieb dazu: «Das Vierte Reich.» Und Musk antwortete: «So ziemlich». In einer weiteren Stellungnahme forderte er deshalb auch die Abschaffung der Europäischen Union.
Nun ist Musk in dieser Angelegenheit befangen. Die EU-Kommission verknurrte seinen Internetdienst am Freitag zu einer Busse von 120 Millionen Euro, weil X gegen das europäische Gesetz über digitale Dienste verstossen habe. Schon vor dieser Entscheidung hatte der Unternehmer deshalb gegen den europäischen Zentralstaat gewettert und immer wieder von einem europäischen Zensurregime gewarnt. Auch mischte sich der gebürtige Südafrikaner in die Innenpolitik von europäischen Staaten ein, in dem er zum Beispiel einen Wahlaufruf zugunsten der Alternative für Deutschland (AfD) abgab.
Und obwohl Musk zwischenzeitlich mit Präsident Trump gebrochen hatte, und gar mit der Gründung einer neuen Rechtspartei drohte, solidarisierten sich hochrangige Vertreter des amerikanischen Kabinetts umgehend mit ihm. So sagte Aussenminister Marco Rubio, die EU-Strafe stelle nicht nur «einen Angriff» auf sämtliche amerikanische Technologie-Plattformen dar, sondern sei auch eine Attacke «ausländischer Regierungen auf das amerikanische Volk» — also eine Art versteckte Kriegserklärung Brüssels.
Trump sagt, die EU «bescheisse» die USA
Ähnliche Töne schlug Christopher Landau an, die Nummer zwei im Aussenministerium. Er deutete an, dass eine Mitgliedschaft im Verteidigungsbündnis Nato mit einer Partizipation in der Europäischen Union bald unvereinbar sein könnte. (23 Staaten sind gleichzeitig Mitglieder in der EU und der Nato.)
Landau rief die Verbündeten der USA auf dem alten Kontinent deshalb dazu auf, sich zu entscheiden:
Im Positionspapier «National Security Strategy of the United States of America», das in der Nacht auf Freitag vom Weissen Haus ohne grosse Vorankündigung publiziert wurde, sind solche Extrem-Positionen nun verbrieft. Im Kapitel zu Europa ist nachzulesen, dass die Bürokratie in Brüssel und die Einwanderungspolitik der europäischen Staaten den gesamten Kontinent geschwächt hätten.
So werde nicht nur das Recht auf freie Meinungsäusserung eingeschränkt; auch die politische Opposition werde angeblich unterdrückt. «Sollten sich die gegenwärtigen Trends fortsetzen, wird der Kontinent in 20 Jahren oder weniger nicht mehr wiedererkennbar sein», heisst es in dem Strategiepapier.
Das sind erstaunliche Aussagen der Regierung eines Landes, das sich vor fast 250 Jahren von einem Königreich in Europa lossagte. Sie passen aber zu den Ansichten, die der amerikanische Präsident und seine Verbündeten schon lange hegen. In Erinnerung geblieben ist die Brandrede gegen die EU, die Vizepräsident JD Vance zu Jahresbeginn an der Münchner Sicherheitskonferenz hielt. Und die Aussage von Trump, dass die Europäische Union nur deshalb ins Leben gerufen worden sei, «um die Vereinigten Staaten zu bescheissen».
Welche Folgen hat das Strategiepapier?
Die Europäer werden sich damit trösten, dass Strategiedokumente der Regierung Trump meist das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Der Präsident lässt sich nicht von Vordenkern beeinflussen, sondern von seinem Bauchgefühl. Auch sieht Trump in der Aussenpolitik eigentlich vor allem ein Instrument, sich zu bereichern.
Wenn er Gefallen an europäischen Spitzenpolitikern findet, dann können die ihn auch mit Argumenten überzeugen — so verlief im Juni die Visite des deutschen Kanzlers Friedrich Merz in Washington sehr harmonisch, obwohl Trump immer wieder gegen das Heimatland seiner Vorfahren stichelt.
Aber hinter den Kulissen tobt bereits ein Machtkampf um das Erbe von Trump, der bei der nächsten Präsidentenwahl nicht mehr offiziell kandidieren kann. Und die Aussagen von Vance und Rubio, der nicht nur als Aussenminister, sondern auch als Sicherheitsberater dient, deuten darauf hin, dass potenzielle Trump-Nachfolger einen extremen Anti-EU-Kurs steuern werden. Die nächste Generation der «Make America Great Again»-Aushängeschilder wird das neue Strategiepapier ernst nehmen. (aargauerzeitung.ch)
