Digital
Apple

Darum schiesst Apple aus allen Rohren gegen die EU

epaselect epa07115536 Chief Executive Officer of Apple Tim Cook gives a speech during the 40th International Conference of Data Protection and Privacy Commissioners at the European Parliament in Bruss ...
Apple-CEO Tim Cook und die EU werden keine Freunde mehr.archivbild: EPA/EPA

Darum schiesst Apple aus allen Rohren gegen die EU

Mit dem Digital Markets Act will die EU die Macht der Techkonzerne begrenzen. Apple musste sein iPhone-Ökosystem für Mitbewerber öffnen. Der US-Techriese fühlt sich ungerecht behandelt und erhebt Vorwürfe.
26.09.2025, 10:1026.09.2025, 10:55

Apple hat die Europäische Union aufgefordert, ihr Wettbewerbsgesetz DMA, den Digital Markets Act, aufzuheben. Die laut Apple extreme Auslegung des Gesetzes durch die Europäische Kommission habe nicht den Wettbewerb gefördert, sondern nur neue Schwachstellen geschaffen, heisst es in einer Stellungnahme des US-Konzerns an die EU-Kommission im Zuge eines offiziellen Überprüfungsverfahrens («DMA-Review»).

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, Apple habe seit Inkrafttreten des DMA jeden einzelnen Punkt des Gesetzes angefochten, was nicht zur Darstellung des Unternehmens passe, uneingeschränkt mit der Kommission zusammenarbeiten zu wollen. Unternehmen wie Apple wollten ihre Gewinne um jeden Preis verteidigen. Das Gesetz ziele aber darauf, Konsumenten in der EU mehr Auswahl zu bieten und europäischen Unternehmen zu erlauben, fair zu konkurrieren.

Zu den zahlreichen Kritikpunkten, die Apple auf 25 Seiten ausführt, gehört etwa die erzwungene Öffnung der Art und Weise, wie Apps auf dem iPhone installiert werden können. Der DMA hatte Apple dazu gezwungen, neben dem eigenen App-Store auch alternative Marktplätze für Anwendungen zuzulassen, so wie dies bei allen anderen Betriebssystemen – inklusive macOS – üblich ist.

Alternative Stores bringen Pornografie auf das iPhone

Aus Sicht von Apple hatte das fatale Folgen: «Die Europäische Kommission hat den DMA dazu genutzt, um eine kompliziertere, weniger vertrauenswürdige Praxis zu schaffen, die unseren Nutzern völlig neue Gefahren bringt. Sie hat Betrügern und Malware Tür und Tor geöffnet und neue Kategorien von Apps auf das iPhone gebracht – wie Pornografie -, die Apple nie zugelassen hat und die Kinder neuen Risiken aussetzen.»

Apple fühlt sich unfair behandelt

Apple beschwert sich in dem Papier auch darüber, dass es in der EU unterschiedliche Regeln für unterschiedliche Unternehmen gebe. So sei Samsung im Gegensatz zu Apple nicht als sogenannter Gatekeeper eingestuft worden, obwohl der südkoreanische Konzern in Europa Marktführer bei Smartphones sei. Für die Einstufung als Gatekeeper unter dem Digital Markets Act ist aber nicht entscheidend, wie viele Handys verkauft werden, sondern die Marktmacht durch einzelne Dienste wie Apples App Store. Samsung hat zwar auch einen eigenen App-Store, auf Samsung-Geräten nutzen die User aber vorwiegend Googles offiziellen Android-App-Store, den sogenannten Play Store. Deshalb fallen Apples und Googles marktbeherrschende App-Stores unter das Wettbewerbsgesetz der EU, und nicht Samsungs relativ unbedeutender Galaxy Store.

Auf dem iPhone und iPad hatte Apple konkurrierende App-Stores jahrelang verhindert und sich ein Monopol erschaffen. Dies erlaubte Apple (und Google) gegenüber App-Entwicklern sehr hohe Provisionen von bis zu 30 Prozent auf App-Käufe durchzusetzen.

Apple jammert über «beispiellose Geldstrafe»

Ausserdem habe die EU-Kommission ihre Durchsetzungsmassnahmen fast ausschliesslich auf Apple konzentriert. Der iPhone-Konzern sei fünfmal von der Kommission ins Visier genommen worden – «mehr als alle anderen Unternehmen zusammen».

Die Kommission habe auch viel schneller Entscheidungen gegen Apple getroffen. «Die Untersuchungen anderer Gatekeeper kommen nur schleppend voran, während die Kommission ihre Kampagne zur Neugestaltung des iPhones vorantreibt.» Apple beklagte auch eine «beispiellose Geldstrafe wegen angeblicher Nichteinhaltung einer gesetzlichen Bestimmung».

Apple versuchte EU-Spielregeln auszuhebeln

Der US-Konzern war im April dieses Jahres dazu verdonnert worden, eine Strafe von 500 Millionen Euro zu zahlen. Apple hatte nach Ansicht der EU-Kommission die App-Entwickler daran gehindert, Nutzer auf alternative und möglicherweise günstigere Angebote und Zahlungsmöglichkeiten ausserhalb des App-Stores hinzuweisen.

Der Techgigant versuchte die neuen Spielregeln der EU mit allerlei Kniffs und Tricks auszuhebeln. So setzte Apple die Vorgaben der EU nur widerwillig respektive in seinem Sinne um und führte neue Gebühren für App-Entwickler ein, was in Brüssel für Unmut sorgte. Zuvor hatten Apples Lobbyisten jahrelang versucht, das neue EU-Digitalgesetz zu verhindern.

Unabhängige Beobachter hatten schon bei der Einführung des DMA spekuliert, dass das neue Gesetz Apple stark treffen könnte, weil der Konzern seine Produkte und Dienste in besonders hohem Masse abschotte.

Der EU-Kommissionssprecher verteidigte die Verfahren der Behörde: Die zuständigen Experten seien unabhängig und achteten bei ihren Entscheidungen nicht darauf, ob es sich um ein amerikanisches, asiatisches oder europäisches Unternehmen handle.

EU ermittelt auch gegen europäische Tech-Konzerne

Die EU hat andere Unternehmen wie Google und Meta zuletzt ebenfalls wiederholt mit hohen Strafen belegt. Auch gegen Microsoft laufen Untersuchungen. Der Konzern kam bislang relativ glimpflich davon, weil er sich anscheinend kooperativer zeigt. Microsoft hat etwa zugestimmt, die weitverbreitete Büro-Kommunikationssoftware Teams von Office zu entkoppeln, um eine jahrelange Kartelluntersuchung zu verhindern.

Neben amerikanischen und chinesischen Techriesen nimmt die EU-Kommission mit Booking.com auch eine Firma mit Sitz in den Niederlanden ins Visier. Am Donnerstag hat die EU-Kommission eine Untersuchung gegen den deutschen Softwarekonzern SAP eingeleitet – wegen möglicher wettbewerbswidriger Praktiken.

Apple: EU schuld an fehlenden Funktionen

Apple schreibt nun, die drohenden Geldstrafen hätten dazu geführt, dass man in der Europäischen Union bestimmte Funktionen für das iPhone und andere Geräte nur mit Verzögerung oder gar nicht einführen könne. Als Beispiel nannte Apple die Funktion der Live-Übersetzung von Gesprächen in unterschiedlichen Sprachen durch die neueste Generation der AirPods-Kopfhörer. Bei der Öffnung des Systems für Kopfhörer anderer Hersteller müsse unbedingt vermieden werden, dass diese die Inhalte der Gespräche auswerten können.

«Wir haben Live-Übersetzung so konzipiert, dass Unterhaltungen unserer Nutzerinnen und Nutzer privat bleiben – sie werden direkt auf dem Gerät verarbeitet und sind für Apple nicht zugänglich», erklärte das Unternehmen in einem Blogeintrag. Teams von Apple arbeiteten derzeit an technischen Lösungen, um sicherzustellen, dass die Inhalte auch nicht an andere Unternehmen oder Entwickler weitergegeben werden.

Kritiker sagen, bei Apples Argumentation handle es sich um eine gängige PR-Masche von Unternehmen, die am Pranger stünden: Die Konsumenten sollen gegen den angeblich bösen Regulator aufgewiegelt werden. Nicht die EU sei schuld an fehlenden iPhone-Funktionen, sondern Apples mangelnder Wille, die neuen Digitalgesetze einzuhalten.

Trump droht der EU wegen Digitalgesetz

President Donald Trump speaks as he makes an announcement about Apple with Apple CEO Tim Cook in the Oval Office, Wednesday, Aug. 6, 2025, in Washington. (AP Photo/Alex Brandon)
Donald Trump,Tim Cook
Trump mit Apple-CEO Tim Cook im Oval Office: Cook überreichte dem US-Präsidenten eine gravierte Glasscheibe auf einem Sockel aus 24-karätigem Gold.Bild: keystone

US-Präsident Trump hatte im August mit neuen Zöllen gegen Länder mit Gesetzen zur Regulierung von Digitalkonzernen gedroht – und damit offenbar auch auf die EU abgezielt.

Trump warnte, er werde «erhebliche zusätzliche Zölle» auf die Produkte dieser Länder erheben und Exportbeschränkungen für US-Technologie wie «hochgeschützte» Chips verhängen, sofern die von Washington als «diskriminierend» eingestuften Massnahmen nicht aufgehoben würden. Die USA und ihre Technologieunternehmen seien «nicht länger das ‹Sparschwein› oder der ‹Fussabtreter› der Welt», schrieb Trump. Laut Medienberichten plante die Trump-Regierung anscheinend Sanktionen gegen jene EU-Vertreter, die für die Umsetzung des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) zuständig sind. Dieses Gesetz soll sicherstellen, dass nationale Gesetze, etwa zu jugendgefährdenden Inhalten und Falschinformationen, auch online umgesetzt werden.

Tech-Bosse wie Tim Cook von Apple oder Mark Zuckerberg von Meta fordern von Trump seit seiner Wiederwahl Unterstützung bei ihren jahrelangen Auseinandersetzung mit der EU-Kommission. Ihre Spenden und Geschenke scheinen sich bezahlt zu machen. Trump übernimmt ihre Argumentation, sie würden von der EU unfair behandelt.

(sda/awp/afp/oli)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Arbeiten von Apple-Designer Jony Ive
1 / 22
Die Arbeiten von Apple-Designer Jony Ive

Jony Ive, Industrie-Designer, Künstler und begnadeter Handwerker, hat während über 20 Jahren Apple und seine Produkte geprägt.

quelle: epa / monica davey
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Analog vs Digital
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
149 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Overton Window
26.09.2025 10:19registriert August 2022
Wenn der Apfel jammert, hat die EU alles richtig gemacht.
24227
Melden
Zum Kommentar
avatar
Mulumbi
26.09.2025 10:48registriert April 2024
Die Reaktion von Apple ist mehr als entlarvend. Bravo und danke an die EU!
21120
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ursus der Schräge
26.09.2025 10:30registriert März 2018
Was will denn Apple hier in Europa? Viel Geld verdienen und viel zuwenig Steuern zahlen und diese die sie zahlen noch via Irland optimieren? Man sollte den ver"apple"rn mal klar machen, dass sie Europa und die Schweiz nichts anderes als besch...
15312
Melden
Zum Kommentar
149
Jennifer Lawrence hat einen geheimen TikTok-Account – und der Grund überrascht
Die US-Schauspielerin war bereits in zahlreichen Erfolgsproduktionen zu sehen, die ihr etliche Auszeichnungen bescherten. Und dennoch ist nicht alles über ihr Leben bekannt. So überraschen auch die Details, die sie nun über ihr Online-Doppelleben teilt.
Jennifer Lawrence zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen Hollywoods. Ob als Rebellin in «Die Tribute von Panem» oder als Oscar-prämierte Darstellerin in «Silver Linings» – kaum eine Schauspielerin ihrer Generation steht so sehr im Rampenlicht wie sie. Interviews, Preisverleihungen, Paparazzi-Fotos: Ihr Leben scheint vollständig öffentlich.
Zur Story