Gut zwei Monate ist es her, seit Donald Trump dem Tod buchstäblich von der Schippe sprang. Nur dank einer Kopfbewegung zum richtigen Augenblick verfehlte ein Attentäter den Kopf des US-Präsidentschaftskandidaten bei einem Wahlkampfauftritt und traf stattdessen sein Ohr.
Nun soll Trump erneut Ziel eines Attentats geworden sein. Nahe seinem Golfclub in Florida fielen Schüsse.
Der Vorfall ereignete sich am frühen Sonntagnachmittag (Ortszeit). Der Secret Service, der in den USA für den Schutz hochrangiger Politiker zuständig ist, entdeckte den Verdächtigen nach eigenen Angaben wenige hundert Meter von Trump entfernt in den Büschen am Zaun um den Golfplatz und eröffnete das Feuer.
Der Verdächtige soll danach in einem Auto geflüchtet sein und das Gewehr und eine Kamera zurückgelassen haben. Kurze Zeit später wurde er auf einer Autobahn in der Nähe des Tatorts festgenommen. Das Motiv des Mannes war zunächst unklar. Allerdings äusserte sich der Mann in der Vergangenheit häufig zu politischen Themen in den sozialen Medien und kritisierte dabei Donald Trump deutlich (siehe nächster Punkt).
Donald Trump überstand den Vorfall unbehelligt. Er wurde vom Secret Service in Sicherheit gebracht.
Der mutmassliche Attentäter wurde nach seiner Festnahme rasch identifiziert. Er ist 58 Jahre alt, heisst Ryan Wesley Routh und ist Bauunternehmer auf Hawaii, wie CNN schreibt.
Er war aktiv in den sozialen Medien und äusserte sich dort immer wieder zu politischen Ereignissen – mitunter kritisierte er Donald Trump scharf. Wie er in seinen Posts durchblicken liess, erachtet Routh den Ex-Präsidenten als grosse Gefahr für die US-amerikanische Demokratie.
So setzte er Tweets ab, gerichtet an Kamala Harris und Joe Biden, indem er sinngemäss schrieb, dass sie die beim ersten Attentat auf Trump Verletzten im Spital besuchen sollen. Denn Trump würde niemals etwas für sie tun.
Im April postete er auf X einen an Präsident Biden gerichteten Kommentar. Er schrieb, Biden – der zu jenem Zeitpunkt noch als demokratischer Kandidat im Rennen war –, solle seine Wahlkampagne als Gegenstück zu MAGA KADAF nennen – «keep America democratic and free». Durch Trump stehe die US-amerikanische Demokratie auf dem Spiel – man dürfe diese Wahlen um keinen Preis verlieren.
Routh soll zudem mehrfach Geld an die Demokraten gespendet haben. Doch noch 2016 unterstützte er Donald Trump im Wahlkampf. Bei den vergangenen Wahlen im 2020 Jahr hingegen war er dann für Biden – weil er von Donald Trump massiv enttäuscht gewesen sei, wie er damals auf Twitter schrieb. Mittlerweile wurde sein Account auf X gesperrt.
Routh ist darüber hinaus ein überzeugter Unterstützer der Ukraine. Mehrfach rief er via soziale Medien auf, ins Kriegsgebiet zu ziehen, um gegen Russland zu kämpfen.
Der 58-Jährige verfügt des Weiteren über eine lange Vorstrafenliste. Laut Fox wurde er in seiner früheren Heimat North Carolina unter anderem wegen Drogenbesitz und Fahren ohne Führerschein, zudem wurden ihm in der Vergangenheit Steuerdelikte vorgeworfen.
Trumps Kontrahentin Kamala Harris, seit 2021 Vizepräsidentin der USA, schrieb nach dem Vorfall in Florida:
I have been briefed on reports of gunshots fired near former President Trump and his property in Florida, and I am glad he is safe. Violence has no place in America.
— Vice President Kamala Harris (@VP) September 15, 2024
Erst vergangene Woche hatten sich Harris und Trump in einem TV-Duell einen heftigen Schlagabtausch geliefert, bei dem die Demokratin den Republikaner immer wieder in die Enge trieb.
Wie schon beim ersten Attentat gab sich Trump erneut kämpferisch. Und auch jetzt dauerte es wieder nicht lange, bis er versuchte, Kapital aus dem Vorfall zu schlagen, indem er Nachrichten mit Spendenaufrufen verschickte. «Es gibt Menschen auf dieser Welt, die alles Notwendige tun, um uns zu stoppen», hiess es in einer dieser Nachrichten.
Trump nutzte bereits die Attacke im Juli zum Einwerben von Spenden, sein Wahlkampfteam verkaufte T-Shirts mit einem ikonischen Foto des Vorfalls, auf dem Trump mit Blut am Gesicht die Faust in die Höhe reckt.
Trump nutzt nun wieder dieselbe Rhetorik. An seine Anhänger gerichtet, schrieb Trump nun:
Zudem dankte er dem Secret Service: «DIE GELEISTETE ARBEIT WAR ABSOLUT HERVORRAGEND. ICH BIN SEHR STOLZ, EIN AMERIKANER ZU SEIN!», schrieb der 78-Jährige in Grossbuchstaben auf seiner Plattform Truth Social Stunden nach dem Vorfall.
US-Präsident Joe Biden hat nach dem mutmasslich versuchten Attentat auf Donald Trump die Arbeit des Secret Service gepriesen. «Ich lobe die Arbeit des Secret Service und seiner Partner bei den Strafverfolgungsbehörden für ihre Wachsamkeit und ihre Bemühungen, den ehemaligen Präsidenten und die Menschen in seinem Umfeld zu schützen», erklärte Biden in einem Statement.
Er habe sein Team angewiesen, weiterhin dafür zu sorgen, dass der Secret Service «über alle erforderlichen Ressourcen, Fähigkeiten und Schutzmassnahmen verfügt, um die Sicherheit des ehemaligen Präsidenten zu gewährleisten».
Biden betonte ausserdem, dass für Gewalt in den USA kein Platz sei. «Ich bin erleichtert, dass der ehemalige Präsident unversehrt ist», sagte der 81 Jahre alte Demokrat. «Die Ermittlungen zu diesem Vorfall sind im Gange, während die Strafverfolgungsbehörden weitere Einzelheiten über den Vorfall zusammentragen.»
I have been briefed by my team regarding what federal law enforcement is investigating as a possible assassination attempt of former President Trump today.
— President Biden (@POTUS) September 16, 2024
A suspect is in custody, and I commend the work of the Secret Service and their law enforcement partners for their…
Die glühende Trump-Anhängerin Marjorie Taylor Greene hingegen nutzte den Vorfall umgehend für Kritik an den Demokraten. Sie schrieb in Anspielung auf die Vorwürfe des demokratischen Lagers an Trump auf der Plattform X:
Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis, der Trump im Wahlkampf unterstützt, kündigte eigene Ermittlungen des Bundesstaats an, um «die Wahrheit» über den Vorfall ans Licht zu bringen.
Die Demokraten warnen regelmässig davor, dass Trump eine Bedrohung für die Demokratie darstelle. Der Attentäter und sein Hintergrund liefern dem Trump-Lager nun eine Menge Angriffsfläche, da er in seinen Posts ähnlich argumentierte wie das demokratische Lager.
Insbesondere Joe Biden hatte über Monate betont, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Bereits nach dem ersten Attentat gaben J.D. Vance und später auch Trump den Demokraten die Schuld – sie würden die Menschen gegen ihn aufwiegeln und zu solchen Gewalttaten verleiten.
Der Vorfall markierte eine Zäsur im Wahlkampf. Politikerinnen und Politiker verurteilten über Parteigrenzen hinweg politische Gewalt. Trump hielt sich danach zunächst ungewöhnlich zurück, verfiel aber nur wenige Tage später auf dem Parteitag der Republikaner wieder in seine übliche aggressive Rhetorik. Nach dem Attentat in Butler nahm die Chefin des Secret Service ihren Hut, die Sicherheitsvorkehrungen bei Wahlkampfveranstaltungen Trumps wurden verschärft.
Der neuerliche Vorfall wirft erneut Fragen zur Sicherheit der Präsidentschaftskandidaten auf. Dem Verdächtigen scheint es immerhin gelungen zu sein, mit einer schweren Waffe bis auf wenige hundert Meter an Trump heranzukommen. Der zuständige Sheriff sagte, dass Trump weniger Schutz geniesse als ein amtierender Präsident. «Er ist nicht der amtierende Präsident – wenn er es wäre, hätten wir den gesamten Golfplatz umstellt», sagte er.
Gewalt gegen hochrangige Politiker hat es in den USA immer wieder gegeben – auch Präsidenten wurden mehrmals zur Zielscheibe. 1865 wurde US-Präsident Abraham Lincoln in der Loge eines Theaters in der Hauptstadt Washington erschossen, während er eine Komödie verfolgte. US-Präsident John F. Kennedy wurde bei einem Attentat am 22. November 1963 in Dallas im Bundesstaat Texas erschossen. Als Präsident Ronald Reagan 1981 in Washington angeschossen wurde, warf sich ein Leibwächter schützend über ihn.
con mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.