Joost Kleins ESC-Abenteuer begann harmlos – und eigentlich sehr vielversprechend. Im zweiten Halbfinal am vergangenen Donnerstag wusste der Niederländer mit seiner Performance zu überzeugen. Sein Song «Europapa» handelt nebst der persönlichen Verarbeitung des Verlusts seiner Eltern – je nach Interpretation – von der Grossartigkeit der offenen Grenzen und der Vielfältigkeit Europas. Das wirkt durch die weiteren Ereignisse rund um die Person Joost Klein im Verlaufe des ESC in Malmö durchaus ein wenig zynisch.
Doch zunächst konnte der niederländische Rapper, der auch als YouTuber in Erscheinung tritt, vollends überzeugen. Im Publikumsvoting holte der 26-Jährige 182 Punkte, was locker für den Finaleinzug reichte. Nur ein Land erzielte im zweiten Halbfinal ein besseres Ergebnis – ausgerechnet Israel.
Joost Kleins Performance von «Europapa» im Halbfinal:
Für erste negative Eindrücke sorgte Klein bei der Pressekonferenz im Anschluss an den Halbfinal. Er sass dabei neben der israelischen Vertreterin Eden Golan. Als diese zu ihrem Auftritt befragt wurde, zog er sich demonstrativ seine Flagge über den Kopf. Zudem fiel er mit Zwischenrufen auf: Als Golan gefragt wurde, ob sie je gedacht habe, ob ihre Anwesenheit am ESC eine Gefahr für andere Teilnehmende sein könnte, erklärte der Moderator, dass Golan diese Frage nicht beantworten müsse. Klein rief gut hörbar dazwischen: «Warum nicht?»
Die Szene im Video:
Am folgenden Freitag dann hätte die Generalprobe für den Final stattfinden sollen. Doch diese ging bereits ohne Joost Klein über die Bühne: Er wurde ausgeschlossen. Zuerst war unklar, was der Grund dafür war. Offiziell wurde von einem «Vorfall nach der Pressekonferenz» tags zuvor gesprochen. In der Folge wurde spekuliert, ob Kleins Verhalten gegenüber Israel und Eden Golan damit gemeint gewesen sein könnte.
Dies wurde von der Europäischen Rundfunkunion (EBU) allerdings bereits am Samstag verneint: Da wurde nämlich bekannt, dass Klein im ESC-Final am Abend nicht wird auftreten dürfen. Nun war die Rede von «unangemessenem Verhalten» gegenüber einer Kamerafrau des Produktionsteams, das den Ausschluss des niederländischen Rappers zur Folge hatte. Mit dem Verhalten während der Pressekonferenz gegenüber Eden Golan habe der Ausschluss hingegen nichts zu tun.
Was genau geschehen ist, ist nach wie vor unklar. Der niederländische TV-Sender Avrotros erklärte, dass Klein nicht gefilmt werden wollte und dies nachdrücklich gesagt habe. Schliesslich habe er eine Bewegung in Richtung der Kamerafrau gemacht, laut dem niederländischen Lager hat er sie aber nicht berührt.
Diese Version deckte sich allerdings nicht mit jener, die der EBU vorlag, wie diese am Samstag mitteilte. Es steht die Theorie im Raum, dass Klein zugeschlagen haben könnte, was allerdings bisher ebenfalls nicht bestätigt wurde.
Fakt ist, dass sich die Kamerafrau bei der EBU im Nachgang an den Vorfall beschwerte. Diese gab den Fall an die schwedische Polizei weiter, welche die Ermittlungen aufnahm. Laut dieser wurde insbesondere untersucht, ob Klein Drohungen ausgesprochen hatte, welche strafbar sein könnten.
Die schwedische Boulevard-Zeitung Aftonbladet berichtet am Sonntag und Montag weiter über den Fall. Demnach sollen mehrere Zeugen Joost Klein bei dem Vorfall als «sehr beleidigend» wahrgenommen haben, so eine namentlich nicht genannte Quelle von «Aftonbladet». Nach Angaben der Zeitung soll der Niederländer zudem die Kamera beschädigt haben. Weiter habe er zwar die Faust gehoben, nicht aber zugeschlagen.
«Es besteht kein Zweifel daran, dass er sehr aggressiv war, wie mehrere Personen, die dabei waren, sagten», so die «Aftonbladet»-Quelle. Die geschädigte Frau soll nach dem Vorfall «erschüttert» gewesen sein und Unterstützung erhalten haben.
Nach Angaben von «Aftonbladet» soll Joost Klein die Tat – also die Drohung – in einem Verhör gestanden haben. Er soll sich sehr über die Fotografen aufgeregt und sie gebeten haben, das Filmen einzustellen. Klein habe angemerkt, dass einige der Fotografen sehr unhöflich wurden.
Beim Verlassen der Veranstaltung soll sich der Rapper zudem «sehr reumütig gezeigt» und mehrmals «Es tut mir leid, es tut mir leid» gesagt haben, wie Personen, die hinter der Bühne anwesend waren, gegenüber der Boulevard-Zeitung berichten. Es ist jedoch unklar, ob diese Entschuldigung auch an die bedrohte Person gerichtet war.
Wie die schwedische Polizei am Dienstag gegenüber dem «Guardian» bestätigt, wird Joost Klein wohl wegen des Aussprechens von Drohungen angeklagt. Polizeisprecher Jimmy Modin erklärte, die Ermittlungen seien abgeschlossen. Der definitive Entscheid, ob es zu einer Anklage kommen wird, solle in den kommenden Wochen gefällt werden. Eine strafrechtliche Verfolgung sei aber «wahrscheinlich», so Modin. Was Klein genau vorgeworfen wird, bleibt allerdings weiter unklar.
Modin bestätigt dabei, dass es sich nicht um ein schweres Verbrechen gehandelt habe. Es werde deswegen wohl zu einem beschleunigten Verfahren kommen, das etwa sechs bis acht Wochen dauert. (con/lak)
Wenn man nicht gefilmt werden will (wofür ich vollstes Verständnis habe) warum bitte tritt man dann als Kandidat bei einer TV-Show auf? Und natürlich beinhaltet diese Show nicht nur die eigentlich Show sondern auch Pressekonferenzen etc.
Anyway... das Lied von dem ist ja mal richtig schlecht :-D