Studie: Das Risiko von weltweit gleichzeitigen Ernteausfällen wird massiv unterschätzt
Es braucht nur zwei Extremwetterereignisse in zwei wichtigen Getreideanbauregionen und schon wird weltweit der Weizen knapp. Wissenschaftler haben deshalb untersucht, mit welchen Ernteeinbussen solche Ereignisse in der Vergangenheit verbunden waren und wie der Klimawandel solche Situationen nun wahrscheinlicher macht.
Die Gruppe um Kai Kornhuber von der Columbia University in New York City hat ihre Ergebnisse im Fachmagazin «Nature Communications» veröffentlicht. Ihr Fazit: «Die Studie zeigt, dass diese Art von gleichzeitigen Ereignissen weitgehend unterschätzt wird.» Diese Folge des Klimawandels dürfte also noch weitaus häufiger eintreffen, als bisher angenommen: «Wir müssen uns für die Zukunft auf diese Art von komplexen Klimarisiken vorbereiten, denn die Modelle scheinen dieses Risiko derzeit nicht richtig zu erfassen.»
Ernteausfälle dürften zunehmen
Doch zurück zu dieser Studie: «Gleichzeitige Ernteausfälle in wichtigen Anbauregionen stellen ein systemisches Risiko dar, da die damit verbundenen steigenden Nahrungsmittelpreise zu Konflikten und Unterernährung in Ländern führen können, die auf Importe angewiesen sind», schreiben die Studienautoren. Sie nahmen Weizen und Mais ins Visier. Jeweils etwa zwei Drittel der Weltproduktion stammt aus den Regionen Nordamerika, Westeuropa, Osteuropa, Indien und Ostasien.
Hoch- und Tiefdruckgebiete, die sich teilweise wochenlang kaum vom Fleck bewegen und deshalb Dürren oder extreme Niederschläge verursachen, entstehen auf der Nordhalbkugel meist durch bestimmte Konstellationen beim Jetstream. Dieser kann grosse Wellen, sogenannte Rossby-Wellen, ausbilden. Wenn diese nicht weiterwandern, sondern stehen bleiben, dann können sich Hoch- und Tiefdruckgebiete längere Zeit über einer Region halten.
Damit müssen wir rechnen
Das Team suchte in historischen Daten (1960 bis 2014) nach Ereignissen, bei denen mehr als eine Kornkammer niedrige Erträge erzielte und die mit Rossby-Wellen zusammenhingen. Es ermittelte anhand mehrerer Modelle, dass bei Rossby-Wellen mit sieben Wellenbergen die Weizen- und Maisernte in Ostasien um bis zu sieben Prozent niedriger lag, in Nordamerika um sechs Prozent und in Osteuropa um drei Prozent.
Bei den Modellsimulationen der künftigen Entwicklung (2045 bis 2099, bei sehr stark steigendem Kohlendioxidausstoss) steigt das Risiko von hohen Ernteverlusten besonders, wenn bei Sieben-Berge-Rossby-Wellen Nordamerika und Ostasien betroffen sind. Bei Fünf-Berge-Rossby-Wellen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für hohe Ernteverluste demnach, wenn einerseits Nordamerika und Osteuropa sowie andererseits Indien und Westeuropa betroffen sind. (leo/sda/dpa)
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