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Frankreich

Paris: Nacktgemälde sorgt für Aufregung in Schule – wegen des Islam

Ein Nacktgemälde löst bei 11-jährigen Schülern Protest aus – wegen ihres Glaubens

Französische Schüler störten sich im Unterricht an einem Gemälde der griechischen Mythologie, das viel nackte Haut zeigt. Die attackierte Lehrerschaft ruft die Regierung zu Hilfe.
14.12.2023, 10:54
Stefan Brändle, Paris / ch media
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MeToo verhandelt über die griechische Mythologie: Das Renaissancegemälde «Diana und Akteon» von Giuseppe Cesari hängt im Louvre.
MeToo verhandelt über die griechische Mythologie: Das Renaissancegemälde «Diana und Akteon» von Giuseppe Cesari hängt im Louvre.Bild: zvg

«Diana und Akteon» von Giuseppe Cesari ist ein Renaissancegemälde, wie sie zu Dutzenden im Louvre hängen – leicht antiquiert, aber für Liebhaber der griechischen Mythologie ein «Schmuckstück», wie das Pariser Museum selber meint.

Zu sehen ist in der antiken Szene frei nach Ovid, wie der Jäger Akteon die Göttin Diana mit ihren Dienerinnen beim Nacktbaden überrascht. Wütend verwandelt sie den Eindringling in einen Hirsch, der von seinen eigenen Hunden verrissen wird. Ein Bild mit Symbolcharakter und bei näherem Hinschauen kein alter «Schinken», sondern eigentlich ganz brauchbar für eine MeToo-Debatte an der Schule.

Eine Handvoll Schüler wollte aber nicht hinschauen, als eine Lehrerin der Schule Jacques-Cartier in der Pariser Vorortgemeinde Issou das Gemälde im Unterricht präsentierte. Die elfjährigen Schüler wendeten ihr zufolge den Blick entrüstet ab oder schlossen die Augen. So viel Nacktheit verstosse gegen ihre Auffassung von Sittsamkeit und «gegen ihre religiösen Überzeugungen», hätten diese jungen Vertreter des islamischen Glaubens vorgebracht. «Sie sagten, sie seien schockiert», berichtete eine Vertreterin der französischen Lehrergewerkschaft Snes später.

Parallelen zum Fall Samuel Paty

Noch am gleichen Abend versammelten sich betroffene Eltern vor dem Schulgebäude. Sie warfen der Lehrerin vor, sie habe schon früher muslimische Schüler blossgestellt und rassistische wie auch islamophobe Aussagen gemacht. Einen dieser Schüler habe sie bewusst gegen seinen Willen auf das Gemälde angesprochen. Andere Schüler, die sich hätten äussern wollen, habe sie hingegen übergangen.

Der Fall schlug über das Wochenende landesweit Wellen, erinnert doch die Reaktion der Eltern bis zu einem gewissen Grad an den Fall Samuel Paty. Der Geschichtslehrer war in der Gemeinde Conflans-Sainte-Honorine – keine dreissig Kilometer von Issou gelegen – 2020 von einem Islamisten ermordet und enthauptet worden, nachdem er im Unterricht Mohammed-Karikaturen thematisiert hatte.

Eine Schülerin hatte zuvor kolportiert, Paty habe den Islam schlecht gemacht und sie vor die Tür gestellt. Ihr Vater beschimpfte Paty, was auch den Attentäter motivierte. Bloss stellten sich die Behauptungen des Mädchens als falsch heraus, wie der jüngste Prozess gegen die mit Geld gelockten Helfershelfer zeigte.

Angespannter Schulbetrieb

In dem von 607 Schülern besuchten Collège Jacques-Cartier in Issou stellten sich die Lehrer umgehend hinter ihre Kollegin. In einem Schreiben berichten sie über «Verleumdungen, üble Nachrede und immer häufigere und gravierendere Verstösse gegen die Laizität», das heisst gegen die Religionsneutralität in öffentlichen Einrichtungen und Schulen. Seit September seien in der Schule 16 Verstösse meist durch aggressive Eltern gemeldet worden. Der Schulbetrieb sei angespannt, gelassenes Unterrichten fast unmöglich.

Die zuständige Schulakademie in Versailles teilte in der Folge mit, dass die Schüler ihre Anschuldigungen gegen die Lehrerin zurückgezogen und sich entschuldigt hätten. Bildungsminister Gabriel Attal gab bekannt, dass er gegen die Schüler dennoch ein Disziplinarverfahren einleite. Der Mittelschule in Issou stattete er sehr demonstrativ einen Besuch ab. Die Bildung sei in Frankreich strikt laizistisch, und das sei nicht verhandelbar, deklamierte er, um etwas ungeschickt anzufügen: «Ich werde nie akzeptieren, dass man sich in der republikanischen Schule weigert, ein Gemälde anzuschauen.»

Zunahme von Attacken auf Bildungspersonal

Dass die Regierung so prompt reagierte, erklärt sich auch mit der aktuellen Parlamentsdebatte über ein neues Einwanderungsgesetz in Paris. Der Trend geht klar in Richtung Verschärfung, nachdem unlängst drei Personen bei Messerattacken gestorben sind. Die erste traf im Oktober einen Lehrer in der nordfranzösischen Stadt Arras. Der islamistische Täter ist in Haft. Am Mittwoch bedrohte zudem eine Zwölfjährige eine Englischlehrerin im Unterricht mit einem langen Messer - wegen eines konfiszierten Handys.

Der Lehrerverband Snes schlägt seit langem Alarm über die Zunahme von Attacken auf das Bildungspersonal. Er will die religiöse Komponente bei Vorfällen wie in Issou nicht überbewerten und schliesst auch pubertäre und andere Einflüsse nicht aus. Generell äussert der Verband aber seine Sorge über die zunehmende Mühe vieler Unterrichtender, das Prinzip der Laizität jungen Schülern verständlich zu machen.

Die konservative Kommentatorin Elisabeth Lévy beklagt, dass viele Mittelschüler nicht einmal mehr die Symbolik der griechischen Mythologie verstünden. Dabei müsste die Bestrafung Akteons gemäss Ovids Metamorphosen doch, wie Lévy findet, «die Prüden aller Konfessionen erfreuen». (aargauerzeitung.ch)

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229 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Macca_the_Alpacca
14.12.2023 08:47registriert Oktober 2021
Und das Mohammed 10 Frauen hatte, wobei Aisha erst 6 und die jüngste der 10 war bei der Heirat, das haben die 11 Jährigen noch nie gehört. Hmmmmm was denken wir wenn ein erwachsener Mann ein 6 Jährige heiratet? Im Vergleich dazu ist das unsittliche "Nacktbild" geradezu ein Kindergeburtstag.
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Lordkanzler-von-Kensington
14.12.2023 07:43registriert September 2020
Das 11jährige beim Anblick des (harmlosen) Gemäldes ihre Augen schließen, weggucken und "religiösen Unwillen" äußern, zeigt doch auch, wie sehr diese Religion schon auf die jüngsten Kinder einwirkt.....und hier geht es wirklich um ein harmloses Sujet.

Wir, in dem Alter, hätten allenfalls leicht vorpubertär gekichert.
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Wineguy
14.12.2023 08:50registriert November 2023
Hier muss der Staat sehr strickt durchgreifen. Entweder man akzeptiert und befolgt die Französische Schulbildung und Institution oder einpacken und zurück wo auch immer solche Personen herkommen. Dieser Islamisierung gilt strickt entgegenzuwirken. In den Französischen Vororten herschen bereits bedenkliche Situationen.
Auch im Rest von Europa kann dieser Trend nicht akzeptiert werden. Situationen wie in Berlin, Düsseldorf, Stockholm, Malmö, etc. Sind sehr gefährlich und dieses Problem muss sofort angegangen werden. Es droht eine Paralellgesellschaft!
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