Lecornu wirft Parteien Blockade vor – Opposition fordert Neuwahlen und Macron-Rücktritt
Frankreichs überraschend zurückgetretener Premier Sébastien Lecornu hat den Parteien im zerstrittenen Parlament vorgeworfen, das Land politisch zu blockieren. «Die politischen Parteien nehmen weiterhin eine Haltung ein, als hätten sie alle die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung», sagte Lecornu.
«Und im Grunde befand ich mich in einer Situation, in der ich zu Kompromissen bereit war, aber jede politische Partei will, dass die andere politische Partei ihr gesamtes Programm übernimmt», sagte Lecornu in einer Stellungnahme vor dem Regierungssitz.
Weil es keine klare Mehrheit im Parlament gibt, hätten die Oppositionsparteien sich dazu entschieden, den Weg der Debatte und der Kompromisse zu gehen, sagte Lecornu. «Dazu muss man natürlich seine Einstellung ändern und nicht darauf bestehen, sein gesamtes Projekt und sein gesamtes Programm umsetzen zu wollen.» Der zurückgetretene Premier beklagte ausserdem ein Gerangel der Parteien um Posten bei der Regierungsbildung, das unmittelbarer Auslöser seines Rücktritts war.
In der französischen Nationalversammlung hat weder das Mitte-Bündnis von Präsident Emmanuel Macron eine Mehrheit noch das rechte und linke Lager. Ausserdem muss das hochverschuldete Land einen Sparhaushalt auf den Weg bringen. Das macht das Regieren in Frankreich schon seit längerem schwierig.
Opposition fordert Neuwahlen und Rücktritt
Aus der Opposition kommt nun der Ruf nach Neuwahlen und einem Rücktritt von Macron. «Wir sind am Ende des Weges angekommen», sagte die Anführerin von Frankreichs Rechtsnationalen, Marine Le Pen. «Die Franzosen sind diese Situation satt.» Neuwahlen seien der einzige Weg. «Wir befinden uns in einer Sackgasse. Solange wir zögern, das Kernproblem anzugehen, wird sich alles nur noch verschlimmern», sagte Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon.
Präsident Macron, dessen Amt von der Regierung unabhängig ist, hatte einen Rücktritt vor Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2027 bisher kategorisch ausgeschlossen. Zu der mit dem Rücktritt des Premiers entstandenen Zwangslage äusserte er sich zunächst nicht öffentlich. (sda/dpa)
