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Von der Schweiz finanzierte Schule in Eritrea vom Staat beschlagnahmt

Von der Schweiz finanzierte Schule in Eritrea vom Staat beschlagnahmt

Der eritreische Staat hat ein Schulprojekt verstaatlicht, weil es von einer christlichen Organisation betrieben wurde. Die Schweiz unterstützte das Projekt mit 1,3 Millionen Franken. Nach der Enteignung stellt sich die Frage: Ist das Schweizer Engagement noch berechtigt?
13.09.2022, 13:2613.09.2022, 14:10
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Rund 400 Schülerinnen und Schüler besuchten die technische Berufsschule in der zentraleritreischen Stadt Dekemhare. Ausgebildet wurden junge Eritreer und Eritreerinnen in handwerklichen Berufen: Maurer, Schreiner, Elektrikerinnen und Mechanikerinnen.

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Die Schule in Dekemhare wurde vom eritreischen Bildungsministerium übernommen (im Bild ein Kolonialgebäude in Dekemhare).Bild: www.imago-images.de

Doch das hat nun ein Ende. Sie mussten die Schule genauso verlassen wie die katholischen Don-Bosco-Ordensbrüder, die die Institution betrieben. Die Aufforderung sei ohne weitere Begründung gekommen. So erklärt Dr. Berhane Asmelash gegenüber Radio SRF, das den Fall aufdeckte, das sei typisch für das Land: «Es gibt keine offizielle Kommunikation, nur ein Ultimatum. Und wer rückfragt, wird verhaftet – weil er gefragt hat.» Asmelash ist Exil-Eritreer und arbeitet für eine Organisation, die sich für Christen in Eritrea einsetzt.

«Eritreas Staat schüchtert Leute ein, die Angst regiert.»
Berhane Asmelash

Die beteiligten Projektpartner – sowohl in der Schweiz als auch in Eritrea – wollen sich gegenüber SRF zum konkreten Fall der Berufsschule nicht äussern. Auch das sei typisch: «Eritreas Staat schüchtert Leute ein, die Angst regiert», sagt Asmelash.

Bundesentwicklungsminister Gerd Mueller, CSU, trifft Isaias Afewerki, Praesident von Eritrea, Asmara, 24.08.2018. Asmara Eritrea *** German Development Minister Gerd Mueller CSU meets Isaias Afewerki  ...
Isaias Afewerki ist Staatspräsident Eritreas. Da im Land keine Wahlen stattfinden, gilt er als Diktator.Bild: www.imago-images.de

Offiziell geht es um die Verhinderung von Diskriminierung

Übernommen wurde die Schule vom eritreischen Bildungsministerium – offiziell, weil der Staat keine Schulen toleriert, die von religiösen Gemeinschaften betrieben werden. So könnten Angehörige einer bestimmten Religion diskriminiert werden, schreibt der Informationsminister des Landes auf Anfrage von Radio SRF.

Inoffziell geht es aber wohl vor allem auch um Einfluss: Eritrea wird in einem Einparteiensystem autoritär regiert, jegliche allfällig demokratischen Einflüsse sind der herrschenden Elite nicht genehm. Die Partei nennt sich – ironischerweise – «Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit». Gelegentlich wird Eritrea auch als «das afrikanische Nordkorea» bezeichnet.

Immer weniger verlässliche Partner für die Schweiz

Aus Schweizer Sicht ist die Enteignung der christlichen Organisationen problematisch: Diese waren verlässliche Partner für Entwicklungsorganisationen beim Betrieb von Hilfsprojekten im Land. Weil sich in den vergangenen Jahren immer mehr christliche Organisationen aufgrund der repressiven Vorgehensweise des Staates aus Eritrea zurückzogen, finden sich immer weniger Partner für Projekte zur Entwicklungsarbeit.

epa09912025 Eritrean Foreign Minister Osman Saleh attends a joint press conference with Russian Foreign Minister Sergei Lavrov (not pictured) following their meeting in Moscow, Russia, 27 April 2022.  ...
Der frühere eritreische Bildungs- und heutige Aussenminister Osman Saleh Mohammed.Bild: keystone

Für diese wiederum hat sich die Schweizer Politik 2015 aktiv ausgesprochen. Nicht ohne Hintergedanken: Das autoritäre Regime Eritreas sollte durch die finanzielle Unterstützung dazu bewegt werden, in der Schweiz abgewiesene Asylbewerber wieder aufzunehmen. Der Erfolg dieser Idee bisher: mässig.

«Wir sind sicher noch weit davon entfernt, dass wir mit Eritrea über Rückführungen sprechen können.»
Andri Silberschmidt, FDP-Nationalrat

So räumt auch FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt gegenüber Radio SRF ein: «Wir sind sicher noch weit davon entfernt, dass wir mit Eritrea über Rückführungen sprechen können.» Dennoch befürwortet Silberschmidt die Weiterführung der Entwicklungsarbeit. Es brauche Projekte, die der Bevölkerung helfen.

Einfacher, solche zu organisieren, wird es durch das Vorgehen der eritreischen Regierung sicherlich nicht. Es sei denn, die Schweiz entschliesst sich, mit der eritreischen Regierung zusammenzuarbeiten. Das fordert beispielsweise Toni Locher, der eritreische Honorarkonsul in der Schweiz. Diese Idee dürfte aber im Schweizer Parlament für erneuten Diskussionsbedarf sorgen. (con)

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Eritreer in Angst – ihr Status wird überprüft
Video: srf
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49 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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code-e
13.09.2022 14:05registriert November 2018
Eritrea war noch nie ein verlässlicher Partner für die Schweiz. Eigentlich sollte man alle Hilfszahlunge an dieses Land per sofort einstellen. Aber die Schweiz findet es ja geil, wenn man ihr auf der Nase herumtanzt
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Christian Weston Chandler
13.09.2022 14:01registriert Dezember 2019
Sehe nicht ein, wieso wir weiter Geld ausgeben sollen, wenn die Regierung unsere lokalen Partner einfach enteignet.
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TheSaint
13.09.2022 13:44registriert September 2021
Die Frage nach dem Engagement in Eritrea kann man ja guten Gewissen mit “Nein” beantworten. Jeder Franken der dort hin geschickt wird, unterstützt ein menschenverachtendes Diktatur Regime. Mir tun die Menschen in dem Land auch leid, aber das ist nicht unser Kampf.
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