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Gesellschaft & Politik

Tausende fordern in Israel Freilassung aller Geiseln

Netanjahu: Hamas-Wünsche für Waffenruhe inakzeptabel

06.07.2025, 08:4606.07.2025, 08:46
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Israel lehnt die von der islamistischen Hamas geforderten Änderungen am neuen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen ab, ist aber zu indirekten Verhandlungen bereit. Die Änderungen, die die Hamas an Katars Vorschlag vornehmen wolle, seien für Israel «inakzeptabel», teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit.

Netanjahu habe aber die Einladung zu «Annäherungsgesprächen» angenommen. Eine Delegation werde heute in die katarische Hauptstadt Doha aufbrechen. Am selben Tag wird Netanjahu Medien zufolge in die USA abreisen.

Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu speaks during a press conference in Jerusalem, Wednesday, May 21, 2025. (Ronen Zvulun/Pool Photo via AP)
Benjamin Netanyahu
Hat sich offen gezeigt für Verhandlungen: Israels Premier Benjamin Netanyahu.Bild: keystone

Obwohl noch wichtige Hürden zu überwinden sind, ist die Wiederaufnahme der indirekten Gespräche, bei denen Katar, Ägypten und die USA als Vermittler fungieren, ein wichtiger Schritt in Richtung einer möglichen Waffenruhe in dem seit bereits 21 Monaten andauernden Krieg.

Die Gespräche fänden «auf der Grundlage des von Israel akzeptierten Vorschlags Katars» statt, hiess es in der Mitteilung von Netanjahus Büro. Dieser sieht eine zunächst auf 60 Tage begrenzte Waffenruhe vor. In der Zeit soll über ein dauerhaftes Ende des Krieges verhandelt werden. Die Hamas stimmte dem Vorschlag nach eigener Darstellung grundsätzlich zu, sieht aber noch Klärungsbedarf in drei Punkten.

Tausende fordern in Israel Freilassung aller Geiseln

So fordert die Terrororganisation laut der «Times of Israel», dass die Gespräche über eine dauerhafte Waffenruhe fortgesetzt werden, bis eine Einigung erzielt ist. Ausserdem will sie, dass UN- und andere internationale Hilfsorganisationen wieder die Kontrolle über die Lieferung humanitärer Hilfe in Gaza übernehmen und nicht mehr länger die von Israel und den USA unterstützte umstrittene Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF).

Zudem solle sich das israelische Militär auf die Positionen zurückziehen, die es vor dem Scheitern der vorherigen Waffenruhe im März innegehabt hatte, berichtete die israelische Zeitung weiter.

epa12016869 US President Donald Trump (R) meets with Prime Minister Benjamin Netanyahu (L) of Israel in the Oval Office of the White House in Washington, DC, USA, 07 April 2025. EPA/YURI GRIPAS / POOL
Benjamin Netanyahu will am kommenden Montag erneut mit Donald Trump zusammensitzen.Bild: keystone

US-Präsident Trump hatte am Freitagabend vor Journalisten an Bord der Air Force One gesagt, es könnte nächste Woche einen Deal geben. Netanjahu will Trump Berichten zufolge am Montag im Weissen Haus treffen. Vor seiner Abreise nach Washington forderten Tausende Menschen in Tel Aviv und anderen israelischen Städten die Freilassung aller Geiseln, die im Gazastreifen noch von Islamisten festgehalten werden.

Medienberichten zufolge sieht der jüngste Vorschlag für einen Deal aber nur die Freilassung von zehn der 20 als lebend angenommenen Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge vor.

Kritik an Netanjahu

Die übrigen lebenden Geiseln hätten erst dann die Aussicht auf ein Ende ihrer qualvollen Gefangenschaft, wenn sich Israel und die Hamas auf die dauerhafte Beendigung des Krieges einigen.

«Es ist Zeit für einen Deal, der jeden rettet, die Lebenden und die Gefallenen, für einen Deal ohne ‹Selektion›», zitierte die «Times of Israel» Maccabit Meyer auf der Kundgebung in Tel Aviv. Sie ist die Tante zweier Zwillingsbrüder, die sich in der Gewalt der Hamas befinden.

epa12218849 Families of Israeli hostages held by Hamas in Gaza protest outside the Kirya military headquarters in Tel Aviv, Israel , 05 July 2025. According to the Israeli army (IDF) spokesperson, aro ...
Familien von Geiseln demonstrieren mit vielen weiteren Menschen in Tel Aviv.Bild: keystone

Nach israelischem Erkenntnisstand sind noch mindestens 20 Geiseln am Leben. Der Status von zwei Entführungsopfern ist unklar. Überdies befinden sich noch die Leichen von 28 Verschleppten in Gaza.

Dort wurden unterdessen bei einem Angriff auf ein Lebensmittel-Verteilzentrum der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) nach Angaben der Stiftung zwei amerikanische Helfer verletzt. Das US-Aussenministerium machte die Hamas verantwortlich.

Gaza-Stiftung: Zwei amerikanische Helfer bei Angriff verletzt

In einer GHF-Mitteilung war von zwei Angreifern die Rede, die zwei Granaten in Richtung der Helfer geworfen haben sollen. Die beiden seien nicht lebensbedrohlich verletzt worden und würden nun medizinisch behandelt. Die Stiftung hatte bereits in der Vergangenheit von Angriffen auf ihre Mitarbeiter berichtet. Zuletzt waren nach Angaben der GHF im Juni acht palästinensische Mitarbeiter bei einem Angriff auf dem Weg zu einem Verteilzentrum getötet worden. Die Stiftung hatte auch dafür die Hamas verantwortlich gemacht.

Die GHF hatte Ende Mai ihre Arbeit nach einer monatelangen Blockade von Hilfslieferungen durch Israel begonnen. UN-Hilfsorganisationen arbeiten nicht mit der Stiftung zusammen. Sie kritisieren unter anderem, dass die GHF zu wenige Verteilzentren betreibe und Menschen dort und auf dem Weg dahin grossen Gefahren ausgesetzt seien. Nach UN-Angaben sind bisher 509 Menschen an Verteilstationen der GHF oder in der Nähe getötet worden. Nach palästinensischen Angaben ist Israels Militär für Zwischenfälle verantwortlich.

Auslöser des Krieges war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1'200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Seither wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 57'000 Palästinenser in Gaza getötet. Die unabhängig kaum überprüfbare Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. (sda/dpa)

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Celtic Swiss
06.07.2025 10:33registriert Juni 2024
Neti hat kein Interesse an Frieden mit der Hamas - er will den Gazastreifen und an der Macht bleiben!
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Dominik Egloff
06.07.2025 09:32registriert November 2015
Das die Hamas neu sogar einen notwendigen Waffenstillstand davon abhängig machen will, dass die UNRWA wieder die Versorgung übernimmt, zeigt welch enorme Bedeutung die UNRWA mittlerweile für sie hat. Der Wegfall der UNRWA bedeutet für die Hamas, dass kein Geld aus dem Westen zu ihr fliesst und dies ist finanziell lebenswichtig, weil Israel die meisten anderen Finanzströme nach Gaza bereits unterbunden hat.
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Dominik Egloff
06.07.2025 09:58registriert November 2015
Ich Wette darauf, dass die Hamas ihr fortlaufendes Kriegsverbrechen mit den Geiseln nicht beenden wird. Sie werden, auch wenn es einen Waffenstillstand geben sollte, nie alle Geiseln freilassen. Das Ziel der Hamas ist nicht ein langfristiger Friede und gutnachbarliche Beziehungen, es ist, unveränderbar und radikalislamistisch motiviert, die vollständige Vernichtung des Nachbarn Israel.
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