Spenderherz überlebt 1.600 Kilometer lang – Mediziner feiern «Revolution»
Das Universitätsklinikum Molinette in Turin berichtet von einem beispiellosen Erfolg: Zum ersten Mal wurde ein Spenderherz aus Athen transplantiert, das während seiner gesamten Reise und des Eingriffs beim Empfänger ununterbrochen weiterschlug. Der 65-jährige Patient wartete ein Jahr lang auf ein neues Herz. Nach einem überstandenen Herzinfarkt litt er an einer schweren Herzmuskelschwäche.
Herz schlägt selbst bei der OP weiter
Eine «Revolution», so nennen Verantwortlichen des Herzzentrums den gelungenen Eingriff. Denn normalerweise muss ein Herz nach der Entnahme schnellstmöglich in den Empfänger eingesetzt werden. Dabei darf es maximal vier Stunden ohne Blutversorgung bleiben. Danach stirbt das Gewebe ab. In diesem Fall konnte man die sogenannte Ischämie komplett vermeiden. Das Herz war während der gesamten acht Stunden künstlich durchblutet – zuerst in einer speziellen Maschine, später im Körper des Empfängers.
Wie das Herz transportiert wurde
Die griechische Spenderin verstarb in einem Athener Krankenhaus. Die Klinik meldete den Fall an das nationale Transplantationszentrum. Kurz darauf machte sich ein italienisches Ärzteteam per Privatjet auf den Weg nach Athen. Gegen Mitternacht begann die Entnahme. Das Herz kam sofort in eine mobile Perfusionsmaschine, ein Hightechgerät mit dem Namen «OCS Heart», das das Organ mit Blut und Sauerstoff versorgt.
Noch in Athen begann das Herz wieder zu schlagen – ausserhalb eines Körpers. In diesem Zustand wurde es nach Turin geflogen. Dort lag der Empfänger bereits auf dem Operationstisch.
In Turin schlugen die Chirurgen ein neues Kapitel in der Transplantationsmedizin auf: Das Herz wurde nicht – wie üblich – gestoppt und dann neu gestartet. Stattdessen bauten sie das schlagende Organ direkt in den Körper des Patienten ein. Zuerst verbanden sie es mit dem künstlichen Blutkreislauf. Dann entfernten sie die Perfusionsmaschine und das Herz schlug weiter.
Das Team um die Herzspezialisten Massimo Boffini und Antonino Loforte verpflanzte das Organ im sogenannten Herzbeutel des Italieners. Alles verlief ohne Komplikationen. Bereits nach wenigen Tagen konnte der Patient die Intensivstation verlassen.
Mehr Zeit, bessere Chancen
Der Eingriff zeigt: Die neue Technik kann eine entscheidende Schwachstelle in der Transplantationsmedizin überwinden. Denn bisher war die begrenzte Zeitspanne zwischen Entnahme und Transplantation ein Risiko und eine logistische Herausforderung.
Jetzt sieht das anders aus. Wenn ein Spenderherz nicht mehr auf Eis gelegt, sondern aktiv durchblutet wird, bleibt es deutlich länger funktionsfähig. Das eröffnet nicht nur neue Chancen für Patienten, sondern auch für internationale Spenden – wie in diesem Fall von Griechenland nach Italien.

