Mehr als 100'000 Menschen bei rechter Grossdemo in London
Bei einer Grossdemonstration der rechten Szene in Grossbritannien sind nach Schätzungen der Polizei in London mehr als 100'000 Menschen auf die Strasse gegangen. Das teilte die Polizei auf dpa-Anfrage mit. Angeführt und organisiert wurde der Aufzug von dem bekannten britischen Rechtsextremisten Tommy Robinson. Auf Plakaten und Fahnen waren Slogans für eine schärfere Asylpolitik zu lesen – etwa «Stoppt die Boote» oder «Schickt sie nach Hause», wie unter anderem der Sender Sky berichtete.
Die Teilnehmer bei einer Gegendemonstration schätzte die Polizei auf etwa 5000. Genaue Zahlen seien bei solchen Grossveranstaltungen allerdings schwer zu schätzen, hiess es. Die Polizei verwende Aufnahmen von Überwachungskameras und Polizeihubschraubern.
Zusammenstösse mit der Polizei
Bereits kurz nach Mittag waren die Strassen im Zentrum Londons voller Menschen mit Flaggen - auch die Englands, die ein rotes Kreuz auf weissem Grund zeigt. Sprechchöre gegen den britischen Premierminister Keir Starmer waren laut Sky zu hören. Thema war auch das Attentat auf den ultrakonservativen US-Aktivisten Charlie Kirk, manche Demonstranten hielten Banner im Gedenken an ihn hoch.
Nicht überall blieb es bei der Demo unter dem Motto «Unite the Kingdom» friedlich. An mehreren Stellen kam es zu Zusammenstössen mit der Polizei, dabei gab es auch Verletzte, wie auf Bildern zu sehen ist. Eine Gruppe von Protestierenden hätte Beamte mit Projektilen angegriffen, schrieb die Polizei auf X. 26 Polizeibeamte seien im Zuge der Demo verletzt worden, vier davon schwer, teilte die Met Police mit. Viele Menschen hätten die Anweisungen der Polizei ignoriert und teils etwa versucht, in gesperrte Bereiche zu gelangen. Einsatzkräfte seien bei dem Versuch, den Weg zu versperren, mit Tritten und Schlägen attackiert worden.
Mehrere Menschen wurden im Laufe des Nachmittags festgenommen, die Polizei sei mit «inakzeptabler Gewalt» konfrontiert worden, hiess es. Im Laufe des Nachmittags habe man zusätzlich Einsatzkräfte mit Schutzausrüstung sowie Polizeipferde anfordern müssen.
Die Zahl der Teilnehmer war den Angaben nach deutlich höher als von den Organisatoren geschätzt. Flaschen, Bengalische Feuer und andere Gegenstände wurden demnach geworfen. Viele seien mit der Absicht gekommen, Gewalt auszuüben, sagte Assistant Commissioner Matt Twist laut Mitteilung. 25 Festnahmen gab es den Angaben nach bis zum Abend. Man wolle jedoch weitere Personen identifizieren, die an den Ausschreitungen beteiligt gewesen seien
Geplant war noch eine Kundgebung im Regierungsviertel in Westminster, darunter als Redner auch der ehemalige Stratege von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, wie die Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf Robinson berichtete.
Elon Musk virtuell dabei
Neben dem Marsch durch das Zentrum Londons gab es auch eine Kundgebung im Regierungsviertel. Als Redner per Video zur Kundgebung zugeschaltet wurde Tech-Milliardär und Tesla-Chef Elon Musk. Die britische Öffentlichkeit habe «Angst, ihre Meinungsfreiheit auszuüben», sagte er dabei unter anderem laut der Nachrichtenagentur PA. Die BBC sei «an der Zerstörung Grossbritanniens mitschuldig». Auch Themen wie Migration und den Brexit schnitt Musk demnach an.
Zu der Demo in London reisten mehrere rechte Politiker und Aktivisten aus Europa an, darunter auch der AfD-Europaabgeordnete Petr Bystron.
Robinson begleitete die Demonstration und Kundgebung mit einem Livestream und zahlreichen Beiträgen auf der Plattform X. Mehrmals rief er die Teilnehmer der Demo dazu auf, friedlich zu bleiben. Immer wieder sprach er dabei von Millionen «britischen Patrioten», die «gegen den Abbau unserer Meinungsfreiheit» auf den Strassen unterwegs seien.
Umstrittene Figur in Grossbritannien
Tommy Robinson, der eigentlich Stephen Yaxley-Lennon heisst, ist einer der bekanntesten Rechtsextremen Grossbritanniens und höchst umstritten. Der frühere Chef der rechtsextremen Vereinigung English Defence League ist bekannt für seine islamfeindlichen Aktivitäten.
Erst im Oktober 2024 musste Robinson in Haft. Trotz einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung hatte er falsche Behauptungen über einen syrischen Flüchtling verbreitet. Monate später wurde er wieder entlassen. (sda/dpa)