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Frau in Grossbritannien nimmt Abtreibungspille – und muss ins Gefängnis

Frau in Grossbritannien nimmt Abtreibungspille – und muss ins Gefängnis

Als Mutter von drei Kindern mitten im Corona-Lockdown bestellte sich eine Schwangere in Grossbritannien illegal Abtreibungspillen. Nun muss sie ins Gefängnis.
13.06.2023, 10:27
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Junge Frau mit einer PiDaNa , der Pille danach (Foto vom 13.03.2014). Die Pille danach soll nach ungesch
Bild: imago stock&people
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t-online

In Grossbritannien ist eine Frau wegen eines illegalen Schwangerschaftsabbruchs während dem Corona-Lockdown zu mehr als zwei Jahren Haftstrafe verurteilt worden. Das berichtet der Nachrichtensender BBC. Demnach hatte sich die 44-Jährige unter falscher Angabe ihrer Schwangerschaftswoche Medikamente zur Abtreibung nach Hause bestellt und sie eingenommen.

Vor Gericht hiess es, die dreifache Mutter habe bei der telefonischen Beratung des British Pregnancy Advisory Service (BPAS) angegeben, dass sie sich in der siebten Schwangerschaftswoche befinde. Damit wäre sie innerhalb der gesetzlichen Frist für einen Schwangerschaftsabbruch zuhause gewesen. In Grossbritannien ist eine Abtreibung bis zur 24. Woche legal, muss aber nach der zehnten Woche in einer Klinik erfolgen.

«Pillen per Post»

Über das im Corona-Lockdown eingeführte Programm «Pillen per Post» bekam die 44-Jährige aufgrund ihrer Angaben Medikamente zugeschickt, die nach der Einnahme einen Schwangerschaftsabbruch einleiteten. Nach der erfolgreichen Abtreibung des Fötus stellten die Ärzte jedoch fest, dass sich die Frau nicht wie angegeben in der siebten, sondern in der 32. bis 34. Schwangerschaftswoche befunden haben musste.

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Video: watson/lea bloch

Vor Gericht wurde sie für schuldig befunden, wissentlich über ihre Schwangerschaftswoche getäuscht und somit eine illegale Abtreibung durchgeführt zu haben. Sie gab hingegen an, dass sie während der Pandemie keinen Zugang zu Ärzten oder Beratung gehabt habe und demnach nicht wusste, in welcher Schwangerschaftswoche sie sind befand.

Kritik an «archaischem Gesetz»

Unter Aktivistinnen und Frauenrechtlerinnen löste das Urteil für Entsetzen aus. «Welchem Zweck dient die Kriminalisierung und Inhaftierung dieser Frau, wenn sie lediglich besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung und anderer Unterstützung benötigt?», sagte Harriet Wistrich, die Chefin der Organisation Centre for Women's Justice. Die 44-Jährige sei ohnehin traumatisiert und werde ihren drei Kindern mehr als ein Jahr fehlen.

Auch die Labour-Abgeordnete Stelle Creasy kritisierte das Urteil. «Die durchschnittliche Gefängnisstrafe für ein Gewaltdelikt beträgt in England 18 Monate. Eine Frau, die eine Abtreibung vorgenommen hat, ohne die korrekten Verfahren einzuhalten, wurde nach einem Gesetz aus dem Jahr 1868 zu 28 Monaten Haft verurteilt», schrieb Creasy auf dem Kurznachrichtendienst Twitter – und forderte eine Reform des Abtreibungsgesetzes.

Das BPAS zeigte sich «schockiert und entsetzt» über das Urteil, dem ein «archaisches Gesetz» zugrunde liege. Demnach sei die Zahl der Frauen und Mädchen gestiegen, die mit «dem Trauma langwieriger polizeilicher Ermittlungen» auf Grundlage eines «veralteten Gesetzes» konfrontiert seien. Es brauche eine Reform, damit «nicht noch mehr Frauen in einer verzweifelten Lage mit Gefängnis bedroht werden», forderte Clare Murphy, Vorsitzende des BPAS.

«Sache des Parlaments»

Auch der Richter verwies in der Urteilsverkündung auf das Parlament. «Die gesetzliche Balance zwischen dem Recht auf Fortpflanzung einer Frau und dem Recht ihres ungeborenen Fötus ist ein emotionales und oft kontroverses Thema», sagte Edward Pepperall. «Das ist jedoch Sache des Parlaments und nicht der Gerichte.»

Aus dem Gesundheitsministerium hiess es gegenüber der BBC, es gebe keine Pläne, das Abtreibungsrecht in Grossbritannien zu reformieren. «Unsere derzeitigen Gesetze schaffen ein Gleichgewicht zwischen dem Recht der Frau auf einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch und den Rechten des ungeborenen Kindes», so ein Sprecher des Ministeriums.

(t-online/dpa/mam)

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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
13.06.2023 10:43registriert Februar 2020
In der 34 Schangweschaftswoche.... Da spricht man ja schon nicht mehr von Fötus sondern von einer Frühgeburt.

Das Gesundheit- und Sozialsystem hat hier komplett versagt. Eine Situation ohne Gewinner aber vielen Verlierern.
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Jonas der doofe
13.06.2023 11:09registriert Juni 2020
Irgendwie kann ich das nur schwer nachvollziehen.

Sie hat schon 3 Kinder und vertut sich jetzt bei der vierten Schwangerschaft um 25 Wochen oder über ein halbes Jahr? Das scheint mir reichlich komisch. Wegen fehlendem Zugang zu Ärtzten?
Das tote Kind wurde ja geboren, in der 30-32 Woche wäre das absolut überlebensfähig gewesen.

Scheint mir eine Situation mit ausschliesslich Verlieren zu sein.
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der/die Waldpropaganda
13.06.2023 11:31registriert September 2018
Zuerst dachte ich, "was soll das, lasst doch die Frau abtreiben". Aber in der 32-34 SSW? Zu diesem Zeitpunkt wäre ein Baby bei einer Frühgeburt überlebensfähig. So als Verständnis, das ist die letzte Woche des 8. Monats! Für mich zählt das Eindeutig unter Mord, zu diesem Zeitpunkt hat man sich dafür entschieden, das Kind auszutragen. Sie war ja nicht nur 1 Woche über der gesetzlichen Frist.
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