Im Iran hat nach dem Generalstaatsanwalt einem Medienbericht zufolge eine weitere Behörde von der Einstellung der Aktivitäten der Sittenpolizei gesprochen.«Die Einsätze der Sittenpolizei wurden auf Anweisung der Staatsanwaltschaft eingestellt», sagte am Dienstag Ali Chanmohammadi, der Sprecher der Zentrale für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters, wie das Nachrichtenportal Entekhab berichtete. Die Sittenpolizei setzte in der Vergangenheit die Vorschriften des Tugend-Zentrums um.
Die Handlungen der Sittenpolizei waren der Auslöser der seit über zwei Monaten andauernden systemkritischen Proteste im Land. Mitte September verhafteten die islamischen Sittenwächter die 22-jährige Mahsa Amini, weil unter ihrem Kopftuch angeblich ein paar Haarsträhnen hervorgetreten waren. Amini starb wenige Tage später im Gewahrsam der Sittenpolizei.
Über andere «Einhaltungsformen des Hidschab» – also die islamischen Kleidervorschriften für Frauen – solle demnächst entschieden werden, sagte der Sprecher der Zentrale weiter.
Am Sonntag hatte der iranische Generalstaatsanwalt erklärt, die Sittenpolizei sei abgeschafft worden. Die Aussage war von vielen Demonstranten und Kritikern der politischen Führung zunächst mit Skepsis aufgenommen worden. Sie fordern weiter eine Abschaffung des Kopftuchzwangs im Land. Frauen im Iran befürchten, dass die Kontrollaktivitäten der Sittenpolizei nach deren Auflösung einfach von anderen Sicherheitskräften übernommen werden könnten. Aktivisten sehen in den Aussagen zur Sittenpolizei zudem ein «Ablenkungsmanöver», um die angespannte Lage im Land zu beruhigen.
Im Zusammenhang mit den systemkritischen Protesten sind Behördenangaben zufolge fünf weitere Demonstranten zum Tode verurteilt worden.
Nach Angaben von Justizsprecher Massud Setajeschi vom Dienstag wurden mindestens fünf Demonstranten wegen des Todes eines Sicherheitsbeamten zum Tode verurteilt, wie die Nachrichtenagentur Isna berichtete. Setajeschi sprach in dem Zusammenhang von «Mord». Elf weitere, darunter drei Demonstranten unter 18 Jahren, seien wegen Beteiligung an dem «Mord» zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Gleichzeitig seien 1200 Demonstranten freigelassen worden, sagte Setajeschi weiter.
Gegen die Todesurteile könne Berufung eingelegt werden, hiess es weiter. Bei den seit mehr als zwei Monaten anhaltenden Massenprotesten im Iran wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mindestens 18'000 Menschen festgenommen. Unklar ist, gegen wie viele bereits Anklage erhoben wurde. Meist wird ihnen von den Behörden Teilnahme an illegalen Demonstrationen, Unruhestiftung oder Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen. Im November wurden Demonstranten erstmals auch zum Tode verurteilt. Der Iran gehört zu den Ländern, die die Todesstrafe auch vollstrecken. (saw/sda/dpa)