Es gebe Beweise eines «Komplotts» der Offiziere gegen Schettino, sagte sein Anwalt. Die Offiziere hätten die Kontrolle des Schiffes verloren, bevor Schettino vor dem Aufprall des Kreuzfahrtriesen gegen einen Felsen das Steuer übernommen hatte.Bild: EPA/ANSA / EPA FILE
War der «Costa Concordia»-Kapitän Opfer eines Komplotts?
Im Berufungsprozess gegen den Ex-Kapitän der havarierten «Costa Concordia» soll am Freitag vor dem höchsten Gericht Italiens das entscheidende Urteil fallen. Francesco Schettinos Anwalt sagte während der Verhandlung, der Kapitän sei Opfer eines «Komplotts».
Das Schiffswrack der «Costa Concordia» im Hafen von Genua. Bild: EPA/ANSA
Es gebe Beweise eines «Komplotts» der Offiziere gegen Schettino, sagte der Anwalt. Die Offiziere hätten die Kontrolle des Schiffes verloren, bevor Schettino vor dem Aufprall des Kreuzfahrtriesen gegen einen Felsen das Steuer übernommen hatte. Der indonesische Steuermann habe ausserdem Schettinos Anweisungen nicht begriffen. Der Verteidiger verlangte ein Wiederaufrollen des Prozesses.
Die Richter am Kassationsgericht in Rom müssen über ein Urteil entscheiden, das eine Haftstrafe für Schettino von 16 Jahren und einem Monat vorsieht. Der 56-Jährige war im Februar 2015 wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung verurteilt worden, sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft legten aber Berufung ein.
Wird das Urteil in letzter Instanz nun bestätigt, muss Schettino ins Gefängnis. Finden die Richter Rechtsfehler, könnten sie anordnen, dass neu verhandelt werden muss – oder das Urteil komplett aufgehoben wird.
Schettino nicht vor Gericht
Der 56-Jährige Schettino erschien am Freitag nicht vor Gericht. Hingegen nahmen Dutzende Vertreter von Ämter und Institutionen sowie Angehörige von Todesopfern und Passagieren an der Gerichtsverhandlung teil.
«Die Opfer wollen endlich abschliessen», sagte der Rechtsanwalt Hans Reinhardt der Nachrichtenagentur DPA in Rom. Reinhardt vertrat in dem Fall mehr als 30 Mandanten. «Ich vertraue darauf, dass die Richter ihr Handwerk verstehen und den Fall sachgerecht beurteilen.»
Schettino hatte die «Costa Concordia» im Januar 2012 zu nahe an die Insel Giglio gesteuert, woraufhin der Kreuzfahrtriese teilweise sank. 32 Menschen starben. An Bord des Schiffes befanden sich 4200 Menschen. Schettino hatte damals als einer der ersten das Schiff verlassen und war als «Kapitän Feigling» verspottet worden. Er selbst behauptete, in ein Rettungsboot gerutscht zu sein. (sda/apa/dpa)
13. Januar 2012: Die «Costa Concordia» rammt einen Felsen und kentert. Die Evakuierung des Kreuzfahrtriesen verläuft nach Angaben von Passagieren chaotisch. 32 Menschen sterben.
10. April 2013: Die Reederei Costa Crociere als Eignerin der «Costa Concordia» einigt sich mit der italienischen Justiz auf einen Vergleich: Gegen die Zahlung von einer Million Euro Strafe werden die Ermittlungen gegen das Unternehmen eingestellt.
9. Juli 2013: In Grosseto beginnt der Prozess gegen Kapitän Francesco Schettino. Ihm werden unter anderem fahrlässige Tötung und Körperverletzung sowie das Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen.
20. Juli 2013: Vier Mitglieder der Crew und ein Manager der Reederei erhalten ohne Prozess gegen Schuldeingeständnisse Haftstrafen von bis zu knapp drei Jahren.
26. Januar 2015: Die Anklage fordert 26 Jahre und drei Monate Haft für Schettino.
12. Februar 2015: Schettino wird in erster Instanz zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt. Dagegen reichen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung Berufung ein.
28. April 2016: In Florenz beginnt der Berufungsprozess.
31. Mai 2016: Schettino wird in zweiter Instanz zu 16 Jahren Haft verurteilt.
11. Oktober 2016: Schettinos Anwälte reichen beim Obersten Gericht Einspruch gegen die zweitinstanzliche Verurteilung ein.
20. April 2015: In Rom beginnt das Verfahren am Kassationsgericht.
12. Mai 2017: Das Kassationsgericht soll in letzter Instanz zu einer Entscheidung kommen, ob Schettino ins Gefängnis muss. (sda/apa)
Unheimliche Bilder aus dem Innern der Costa Concordia
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Zwei Jahre unter Wasser: So saht der Konzertsaal der Costa Concordia 2014 aus.
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