watson.de-Reporter Felix Huesmann war vor Ort und hat es direkt gefilmt. Da läuft ein rechtsradikaler Demonstrant am Montagabend in Chemnitz direkt an einem Polizisten vorbei und zeigt der Kamera und dem Beamten den Hitlergruss. Ins Gesicht.
Und es passiert: nichts.
So läuft das offenbar in Deutschland 2018, wo der wütende Bürger die Strassen für sich beansprucht – und dabei ist nicht der Nazi selbst das Überraschende. Sondern die Polizisten vor ihm.
Das ist in Chemnitz ausserdem passiert:
Schaut mal. Da sind waschechte Deutsche am Trauern. :(#c2708 #Chemnitz pic.twitter.com/BIbTzBt3t4
— Freddie F (@freddyliebtalle) August 27, 2018
Neonazis setzen sich ohne Absprache mit Polizei in Bewegung. Einer macht den Hitlergruß. #Chemnitz #c2708 pic.twitter.com/tto1GroPe3
— Felix Huesmann (@felixhuesmann) 27. August 2018
kann sich der Verfassungsschutz bitte mal mehr Mühe geben? #c2708 pic.twitter.com/6nICorxz0r
— pann0 (@pann0) August 27, 2018
Neonazis marschieren durch #Chemnitz #c2708 pic.twitter.com/vlwNwcx7I8
— KulturbüroSachsen (@KBSachsen) 27. August 2018
Rechtsextreme bedrohen am Tatort von Sonntagnacht Journalisten. #Chemnitz #c2708 pic.twitter.com/tzjxD5FJ7R
— Felix Huesmann (@felixhuesmann) 27. August 2018
Und dann twittert die Polizei Sachsen, dass sich doch der «überwiegende Teil» der Versammlung friedlich verhalte.
Die Versammlung Pro Chemnitz läuft weiterhin auf der vorgegebenen Route mit starker Polizeibegleitung. Vereinzelt kam es zu Würfen von Gegenständen auf die und aus der Versammlung. Der überwiegende Teil der Versammlungsteilnehmer verhält sich friedlich. #c2708 #chemnitz
— Polizei Sachsen (@PolizeiSachsen) August 27, 2018
Das, noch einmal, bedeutet in Deutschland 2018 also friedlich. Man muss sich fragen: Was geht da in den Köpfern der Polizisten vor? Und wenn wirklich so wenig Beamte da waren, wie viele Gegendemonstranten in den Sozialen Medien monieren. Was denken sich die Einsatzleiter und die Planer im ihnen vorstehenden Ministerium?
Ja, es gibt bewährte Taktiken bei der Polizei, um Demonstrationen zu deeskalieren. Sie kommen zur Anwendung, wenn etwa ein Wasserwerfer nicht direkt vor einem Demonstrationszug geparkt wird, sondern ein paar Strassen weiter. Selbiges gilt für den Einsatz von Hunderterschaften der Polizei und mit der Beobachtung von einzelnen gewalttätigen Demo-Teilnehmern.
Wenn ein Zug wie der in Chemnitz aber von seiner Grundausrichtung her gewalttätig und vor allem verfassungsfeindlich wird, dann muss die Polizei ihn auflösen. Das sieht das deutsche Grundgesetz so vor. In Berlin passiert das andauernd, zuletzt prominent am ersten Mai. Da wollte ein linker Demozug über ein Volksfest marschieren und die Polizei sagte: «Nein!»
Und das ist richtig. Eine Demo muss aufgelöst werden, wenn sie gegen ihre Auflagen verstösst. Vor allem aber, wenn sie von ihrer Natur her die Öffentliche Sicherheit gefährdet. Das Zeigen verfassungswidriger Zeichen in Verbindung mit Gewalt, in Verbindung mit Steinen, Drohungen, ist ein solcher Verstoss.
Was da gerade in Chemnitz passiert ist und passiert, ist ein Skandal für den Rechtstaat, ein Skandal für die «Wehrhafte Demokratie», die Deutschland doch sein will. (watson.de)