Ye, wie sich der US-Rapper Kanye West nun nennt, mag Hitler und liebt Nazis. Das soll er am Donnerstag in einem Interview mit dem ultrarechten Verschwörungstheoretiker Alex Jones gesagt haben.
Als dieser entgegnete, die Nazis hätten «richtig schlechte Dinge» getan, sagte Ye: «Aber sie haben auch gute Dinge getan. Wir müssen aufhören, die Nazis die ganze Zeit zu dissen. [...] Ich liebe Nazis.» Schliesslich sagte er sogar: «Ich mag Hitler.»
Später sperrte Twitter sein Konto, weil er nach dem Interview ein Bild eines mit einem Davidstern verschmolzenen Hakenkreuzes geteilt haben soll.
Das ist keine gute Entwicklung, aber auch keine neue. Vor vier Jahren lobte er Donald Trump, trug eine rote Schirmmütze mit der Aufschrift «Make America Great Again» und fühlte sich dabei wie «Superman». Auch hinterfragte er, selbst schwarz, ob Sklaverei nicht eine Wahl gewesen sei, und sagte, die Schwarzen seien geistig inhaftiert.
Im Oktober dieses Jahres trug er an der Pariser Modewoche ein Shirt mit dem Slogan «White Lives Matter». Ein paar Tage später twitterte er: «Death con 3 auf JUDEN erklären». Twitter suspendierte sein Konto.
Was man dazu wissen muss: Ye kämpft seit Längerem mit seiner mentalen Gesundheit. 2016 wurde er mit einer bipolaren Störung diagnostiziert, nachdem er wegen eines psychiatrischen Notfalls ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Seither hat er immer wieder über seine manischen Episoden gesprochen. In einer Show mit David Letterman sagte er: «Wenn man sich in diesem Zustand befindet, ist man gegenüber allem und jedem hyper-paranoid. […] Alles ist eine Verschwörung. Man hat das Gefühl, dass die Regierung einem einen Chip in den Kopf gesteckt hat. Man hat das Gefühl, dass man aufgenommen wird. Man empfindet diese Dinge.»
Die mentale Gesundheit ist keine Entschuldigung für Rassismus und Antisemitismus. Yes Aussagen sind besorgniserregend – und brandgefährlich, so mitten im Mainstream.
Und trotzdem: Niemand kann negieren, dass seine Diagnose es schwieriger macht, zwischen der Person und der Störung zu trennen. Was spricht gerade in ihm und warum? Ist es Symptom oder Strategie? Niemand weiss es. Vermutlich nicht mal er selbst.
Darum braucht es Empathie – und Entzug. Für uns und für ihn. Zu lange haben wir ihn machen und uns davon unterhalten lassen. Er war der Unfall, von dem wir unsere Augen nicht abwenden wollten.
Ye war guter Gesprächsstoff, guter Geschäftsstoff. Medienunternehmen schlachteten seine Skandale aus und Modeunternehmen machten Deals mit ihm. There was money to be made.
Wir nutzten ihn aus – und er uns. Denn während Ye mit seiner Krankheit kämpfte, haben wir seine Kleider gekauft und besuchten seine Konzerte. Es ist Ye in der Vergangenheit immer wieder gelungen, trotz abartigen Äusserungen, Aufmerksamkeit zu generieren und zu ökonomisieren – weil er als Weltstar die Hebel des Einflusses in der Hand hat.
Weil Ye mit diesen Hebeln aber zunehmend unverantwortlich umgegangen ist, Hass und Hetze schürt, werden sie ihm nun aus der Hand genommen. Endlich! Es hätte früher passieren sollen.
Adidas, Balenciaga und Gap haben sich von ihm abgewandt. Ein Schritt, der sie Millionen kosten wird. Twitter und Instagram sperren ihn wegen Richtlinienverstoss regelmässig. Selbst sein Plan das rechte Onlinenetzwerk Parler zu kaufen, scheiterte. Langsam gehen ihm die Plattformen aus.
Ye verliert an Reach.
Und das ist wohl das Beste was ihm passieren kann: So kann er sich auf seine Krankheit konzentrieren, statt auf den Kommerz. Seit jeher weigert er sich seine Medikamente zu nehmen: Seine Störung sei seine «Superpower», sagte er in der Show mit David Letterman. Sie lässt langsam nach.
Das ist, wenn er an eine psychische Krankheit leidet. Sonst ist er einfach ein Extremist. Es ist das eine, oder das andere.
Wird nur noch zum "Durchblättern". Irgendwann ignoriert man alles.