In der Slowakei herrscht Entsetzen und Trauer über den Mord am Journalisten Jan Kuciak und an seiner Verlobten Martina Kušnírova. Die Opfer sind durch Schüsse in Kopf und Brust in ihrem Privathaus getötet worden, wie das Innenministerium in Bratislava am Montag bestätigte.
Der 27-jährige Jan Kuciak hatte im Internetportal aktuality.sk regelmässig über Fälle von mutmasslichem Steuerbetrug berichtet. Das Newsportal aktuality.sk gehört zu Ringier Axel Springer Slowakei. Auch wenn die Hintergründe noch nicht vollständig aufgeklärt seien, liege der Verdacht nahe, «dass das Verbrechen im Zusammenhang mit einer laufenden Recherche unseres Kollegen steht», schrieb die Ringier AG in Zürich in einem Communiqué vom Montag.
Kuciak soll zusammen mit italienischen Journalisten an einem Artikel über die betrügerische Auszahlung von EU-Geldern an italienische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Slowakei und angeblichen Verbindungen zur italienischen «Ndrangheta» gearbeitet haben. Das schreibt Tom Nicholson, ein Freund und Berufskollege des Ermordeten, im US-Magazin Politico. Nicholson berichtete zwei Jahrzehnte lang aus der Slowakei, bevor er kürzlich nach Kanada übersiedelte.
Die Theorie, dass die Mafia hinter dem Doppelmord stecken könnte, wird weiter genährt durch einen Brand. Am Dienstagmittag ist ein Gebäude der Steuerbehörde in der Stadt Košice im Osten der Slowakei in Flammen aufgegangen, wie derstandard.de berichtet. In diesem Gebäude sollen Dokumente gelagert sein, zu denen der ermordete Journalist im Zusammenhang mit Aktivitäten der italienischen Mafia in der Ostslowakei recherchiert habe.
Das slowakische Innenministerium liess noch am Montag eine Belohnung von einer Million Euro für Hinweise auf den oder die Täter ausschreiben. Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, forderte in Berlin: «Die slowakischen Behörden müssen jetzt schnell aufklären, wie es zu dieser schockierenden Tat kommen konnte, obwohl Jan Kuciak schon vor Monaten bedroht wurde.» (whr)