Die Motive des Attentäters von Orlando, der 50 Menschen in den Tod gerissen und über 50 weitere zum Teil schwer verletzt hat, bleiben noch immer mehrheitlich im Verborgenen. Das Bild, das Bekannte, Verwandte und Medien vom 29-Jährigen zeichnen, ist ein bruchstückhaftes: aggressiv, homophob, nicht besonders religiös – ein Einzelgänger mit Gewaltphantasien.
Seddique Mateen, den Vater des Todesschützen, lässt die Tat ratlos zurück. In einem Video entschuldigte er sich für die Tat seines Sohnes und betont, wie die ganze Familie unter Schock stehe. «Ich weiss nicht, was dies verursacht hat. Ich wusste nicht, dass er Hass in seinem Herzen trägt.» Im Gegensatz zur Meinung in der Öffentlichkeit will Mateen bei seinem Sohn keine Anzeichen für ein derartiges Verbrechen festgestellt haben. Omar sei «ein guter Sohn» gewesen und ein «gebildeter Mann». Frau und Sohn habe er immer gut behandelt – Sätze, die in direktem Widerspruch zu den Aussagen der Ex-Frau von Omar Mateen stehen.
Möglicherweise sei er durch den Kuss zweier Männer in der Öffentlichkeit in Rage geraten, so ein Erklärungsversuch des Vaters. Dabei sei es doch an Gott, die Homosexuellen für ihr Verhalten zu bestrafen.
In einem weiteren Video, diesmal auf Englisch, relativiert Mateen senior die Aussagen zur Homosexualität. Niemand habe das Recht, jemandem Schaden zuzufügen. «Dies ist ein freies Land, jeder hat das Recht, seinen eigenen Lebensstil zu wählen». Und: «Ich wünschte, mein Sohn hätte die USA verlassen und sich sonst irgendwo umgebracht.»
Mateen senior, gebürtiger Afghane und Angehöriger der paschtunischen Ethnie, ist eine illustre Figur. In einem wöchentlichen Video-Blog propagiert er die Schleifung der Durand-Linie, die umstrittene Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan, die die Ethnie der Paschtunen auf die zwei Länder aufteilt. Auf einem Standbild hält er ein Banner, das ihn als zukünftigen Präsidenten Afghanistans bezeichnet. (wst)