Für ein gemeinsames Seemanöver entsandten die USA hohen Besuch nach Südkorea: Erstmals seit fast vier Jahren stattete der atombetriebene Flugzeugträger «USS Ronald Reagan» dem Verbündeten wieder einen Besuch ab. Am 23. September lief der «Supercarrier» der «Nimitz-Klasse» zusammen mit seinem Kampfverband im Hafen von Busan ein.
Für Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un offenbar ein provokativer Akt: Einen Tag später liess der Oberbefehlshaber der Koreanischen Volksarmee eine ballistische Rakete in Richtung des Japanischen Meers abfeuern. Mutmasslich eine KN-23-Rakete mit einer Reichweite von 650 Kilometer. Die Entfernung zwischen Pjöngjang und Busan beträgt etwa 530 km.
Es sollte nicht der einzige Raketentest Nordkoreas bleiben: Während Südkorea und die USA gemeinsam mit Japan weitere Manöver durchführten, ordnete Kim Jong-un fünf weitere Raketentests an, bei denen insgesamt neun Geschosse abgefeuert wurden. Darunter erstmals seit 2017 auch wieder eine Mittelstreckenrakete über die japanische Inselgruppe.
Seit Anfang Jahr hat Nordkorea damit schon 41 ballistische Raketen mit den unterschiedlichsten Reichweiten abgefeuert – ein einsamer Rekord seit dem Start des nationalen Raketenentwicklungsprogramms im Jahr 1984. Bislang war das Jahr 2017 mit 27 Raketentests der Spitzenreiter.
Nordkoreas Raketenprogramm ist ein äusserst kostspieliges Unterfangen. Das Südkoreanische Institut für Verteidigungsanalyse (KIDA) schätzte Anfang Juni die Kosten der bis dato 33 im Jahr 2022 abgefeuerten Raketen auf 400 bis 650 Millionen Dollar. Hochgerechnet auf 41 Geschosse belaufen sich die Kosten der bisherigen Raketentests im Jahr 2022 auf 500 bis 800 Millionen Dollar.
Das entspricht in etwa 2,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts von Nordkorea, also dem Wert aller im Land hergestellten Waren und Dienstleistungen. Zum Vergleich: In der Schweiz betragen die Armee-Gesamtkosten etwa 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts.
800 Millionen Dollar – statt für Raketen könnte Nordkorea diese Summe auch für die Ernährung der Bevölkerung ausgeben. Bei einem Preis von 450 Dollar pro Tonne könnte Kim Jong-Un auf dem Weltmarkt beispielsweise 1,78 Millionen Tonnen Reis für die hungernde Bevölkerung besorgen. Da die Grenze zum verbündeten China während der Corona-Pandemie geschlossen war und ein Taifun im letzten Jahr für Missernten sorgte, ist das Land mehr denn je auf Nahrungsimporte angewiesen.