1700 Jahre Konzil: Papst für erste Auslandsreise in Türkei gelandet
Zum Auftakt seiner ersten Auslandsreise ist Papst Leo XIV. in der Türkei angekommen. Die Sondermaschine des Pontifex landete am Vormittag in Ankara. Leo bleibt bis Sonntag in der Türkei, dann geht es weiter in den Libanon.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche fliegt am heutigen Donnerstag von Rom nach Ankara, in die türkische Hauptstadt. In dem mehrheitlich muslimischen Land will Leo seine Nähe zu den Christen in der Region ausdrücken und zur Einheit der christlichen Kirchen aufrufen.
Mit gut 180'000 Gläubigen – darunter etwa 33'000 Katholiken – ist die christliche Gemeinschaft in dem Land bei einer Bevölkerung von inzwischen etwa 85 Millionen eine kleine Minderheit. Vor gut 100 Jahren stellten die Christen in der Türkei noch einen relevanten Teil der Bevölkerung.
Im Zuge des Ersten Weltkriegs verübten die damaligen osmanischen Machthaber Genozide an der christlichen Bevölkerung, namentlich an den Armeniern, den Aramäern und den Griechen.
Gedenken an erstes ökumenisches Konzil vor 1700 Jahren
Die heutige Türkei zählt zu den wichtigsten Regionen des frühen Christentums. In der westtürkischen Stadt Iznik südlich von Istanbul fand etwa vor 1700 Jahren das erste ökumenische Konzil von Nicäa statt. Genau dort will Leo anlässlich des Jubiläums mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., in einer Feier beten und an das Konzil erinnern.
Im Jahr 325 nach Christus trafen sich in Nicäa, dem heutigen Iznik, Bischöfe der damals noch nicht gespaltenen Kirche zur Beilegung von Streit und Klärung zentraler Glaubensfragen – unter ihnen auch der heilige Nikolaus. Das Konzil einigte sich damals unter anderem auf das Glaubensbekenntnis, das viele Christen noch heute bei der Feier der Eucharistie sprechen.
Thema Religionsfreiheit auf der Agenda
In Ankara stand für den Pontifex zunächst ein Besuch des Mausoleums von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk auf dem Programm. Dort legte er einen Kranz nieder und schrieb in das dortige Gedenkbuch:
Zum Auftakt seiner ersten Auslandsreise hat Papst Leo XIV. die besondere Rolle der Türkei als Brücke zwischen Kulturen und Religionen hervorgehoben. Das Land sei historisch ein zentraler Ort für das Christentum. Das sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche bei einem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Hauptstadt Ankara. Die Christen des Landes könnten positiv zur Einheit der Türkei beitragen.
Bei dem Treffen nannte der Papst die Türkei ein Land, das einen «wichtigen Platz in der Gegenwart und Zukunft des Mittelmeerraums und der ganzen Welt» einnehme. «Vor allem, weil Sie Ihre inneren Unterschiede zur Geltung kommen lassen», sagte er. Das Land sei ein Begegnungsort verschiedener Empfindungsweisen, «deren Vereinheitlichung eine Verarmung darstellen würde». Eine Gesellschaft sei nur lebendig, wenn sie plural ist, so Leo.
Am Nachmittag geht es für Leo weiter in die Millionenmetropole Istanbul. Im Laufe der Reise sind mehrere Treffen mit Bartholomaios I., dem Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen, geplant. Auf dem Programm steht etwa die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung als Zeichen der christlichen Einheit und Annäherung.
Das griechisch-orthodoxe Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel und seine Gläubigen leiden seit geraumer Zeit unter Beschränkungen des türkischen Staats. Religionsfreiheit ist in dem Land in der Verfassung verankert, aber in der Praxis eingeschränkt. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seine islamisch-konservative AKP-Regierung fördern ausserdem eine stärkere Präsenz des Islams im öffentlichen Leben.
Hoffnung für geschlossenes Priesterseminar
Besonders bitter für die griechisch-orthodoxe Kirche ist das Schicksal des Priesterseminars auf der Insel Heybeliada im Marmarameer vor Istanbul. 1971 liess der türkische Staat private Universitäten schliessen. Davon betroffen war auch das 1844 gegründete Priesterseminar – einst eine der weltweit wichtigsten Hochschulen der Orthodoxie. Seit der Schliessung des Seminars von Chalki können keine Priester mehr in der Türkei ausgebildet werden.
Immer wieder hoffte die griechische Minderheit in der Türkei auf eine Wiederöffnung. Neu befeuert wurde die Hoffnung, als US-Präsident Donald Trump das Thema beim Besuch Erdogans Ende September in Washington ansprach und auf die Weltbühne hob. Es bleibt abzuwarten, ob Leo das Thema bei seinem Treffen mit Erdogan am ersten Tag seines Besuchs ansprechen wird.
Leos erste Auslandsreise ist gewissermassen ein Vermächtnis seines im April verstorbenen Vorgängers Franziskus. Dieser hatte zu Lebzeiten den Wunsch geäussert, die Länder zu bereisen. Leo – seit Mai im Amt – holt dies nun nach.
Am Sonntag geht's in den Libanon
Mit Spannung wird erwartet, welche Akzente Leo bei seiner ersten Reise setzt und wie er sich von seinem unmittelbaren Vorgänger unterscheidet. Auf Reisen hatte Franziskus – für seine Menschennähe bekannt – das Bad in der Menge immer wieder genossen. Leo trat bisher vor allem eher zurückhaltend auf.
Genau beobachtet wird auch, wie er sich auf dem diplomatischen Parkett geben wird. Neben Erdogan trifft Leo in der Türkei auch den Chef der staatlichen Religionsbehörde Diyanet, die unter Erdogans Ägide massiv ausgebaut wurde.
Nach seiner Ankunft in Ankara geht es nach mehreren Treffen am Nachmittag weiter nach Istanbul (ehemals Konstantinopel). Dort ist unter anderem ein Besuch der Sultan-Ahmet-Moschee (Blaue Moschee) geplant. Ausserdem stehen mehrere Besuche von Kirchen auf dem Programm. Am Sonntag geht es für Leo weiter in den Libanon.
(rbu) mit Material von sda und dpa
