Nach regierungskritischen Massenprotesten häufen sich in Russland Berichte über von Behörden inszenierte Solidaritätsaktionen für Präsident Wladimir Putin.
Russische Medien zitierten am Dienstag Teilnehmer eines angeblichen Putin-Marsches in Wolgograd, die sich beschwerten, unter dem Vorwand eines Musikvideodrehs dorthin gelockt worden zu sein.
Ein Regionalportal hatte zuvor berichtet, viele Menschen hätten bei der Veranstaltung in der vergangenen Woche geglaubt, Statisten für einen patriotischen Clip der populären russischen Band Ljube zu sein. Sie sollten demnach marschierend Taschenlampen schwenken.
Später veröffentlichte ein Abgeordneter des Wolgograder Regionalparlaments auf Instagram ein Video der Aktion - tatsächlich unterlegt mit einem Ljube-Song - und schrieb dazu: «Wir wollen, dass uns die ganze Welt hört: «Wladimir Wladimirowitsch (Putin), wir sind mit ganzem Herzen und ganzer Seele bei Ihnen!!!» Medien zufolge soll die Bildungsverwaltung gezielt Lehrer, Ärzte und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zur Teilnahme aufgerufen haben.
Zuvor hatten sich Studenten aus Moskau und Belgorod beklagt, ohne ihr Wissen für ähnliche Putin-Propaganda benutzt worden zu sein, die später von Politikern veröffentlicht wurde. Das unabhängige Nachrichtenportal Znak vermutet hinter den Aktionen die Kremlpartei Geeintes Russland, die sich derzeit auf die Dumawahl im September vorbereitet. Putin gilt als Zugpferd der Partei.
Die vermeintlichen Solidaritätsbekundungen für den Präsidenten folgen auf eine landesweite Protestwelle, in der in den vergangenen Wochen Zehntausende Russen für die Freilassung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny und gegen Putin demonstriert hatten. Bei den nicht genehmigten Kundgebungen gingen Polizisten teils brutal gegen die zumeist jungen Demonstranten vor. Bürgerrechtlern zufolge wurden insgesamt mehr als 11 000 Menschen festgenommen.
Für kommenden Sonntag hat Nawalnys Team die Menschen in Russland aufgerufen, sich mit Taschenlampen vor ihren Wohnhäusern zu versammeln und so ihre Solidarität mit dem Putin-Gegner zum Ausdruck zu bringen. Auf die Frage, ob diese Aktion gegen das Gesetz verstosse, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag nur, man werde sich nicht auf ein «Katz-und-Maus-Spiel» einlassen. Nawalny war in der vergangenen Woche in einem international kritisierten Gerichtsverfahren zu mehreren Jahren Straflager verurteilt worden. (sda/dpa)